16. Mai 2004

Dichterin der sächsischen Welt: Frida Binder-Radler

Ein Mundartseminar über die siebenbürgisch-sächsische Mundartdichterin Frida Binder-Radler fand am 20. März im Haus des Deutschen Ostens (HDO) in München statt. Organisiert wurde das Seminar vom Sächsischen Literaturkreis München, vertreten durch Elisabeth Kessler, in Zusammenarbeit mit Udo Acker, stellvertretender Direktor des HDO.
Einleitend erwähnte Acker die Tatsache, dass in Siebenbürgen zu bestimmten Zeiten über ein Drittel der sächsischen Bevölkerung in Leibeigenschaft lebte, so auch im Tal des Kaltbaches, zwischen Bell, Kaltwasser und Marktschelken. Ein wesentlicher Teil des Schaffens von Frida Binder-Radler besteht aus dem Aufzeichnen der Sagen und Volkserzählungen aus dem Kaltbachtal, Sagen sowohl der Sachsen, Rumänen und der Zigeuner.

Ihre Lehrerin Margarete Friedsam hatte sie auf diese noch ungehobenen Schätze aufmerksam gemacht. Die hierauf gesammelten Sagen stammen aus den Dörfern Michelsdorf, wo Frida Binder-Radler ihre Kindheit verbrachte, Bell, Wassid, Martinsdorf, Mardisch, Engenthal, Rosch, Stein und Kaltwasser. Mit Hilfe von Dias, Tonband und Erzählung brachte Wolfgang Binder dem Publikum das durch die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges und der nachfolgenden kommunistischen Zeit schicksalhaft geprägte Leben der Künstlerin nahe. Über das literarische Schaffen Binder-Radlers referierte Gerda Gabel mit viel Einfühlungsvermögen. Mit bester Kenntnis der von der Dichterin geschilderten sächsischen Welt gelang es ihr, vor allem durch Lesungen in Mundart, zusammen mit Elisabeth Kessler und Wolfgang Binder, die handelnden Personen aus Sagen und Erzählungen zum Leben zu erwecken. Mit großer Aufmerksamkeit lauschte das Publikum den zarten, vertrauten Klängen der Gedichte, von denen Misch Voith, der Herausgeber des ersten Gedichtbandes, sagte, es sei echte Lyrik, die mit ihrem schlichten Inhalt, der ungekünstelten Form und Sprache, der Wärme und Wahrheit echt, schön und zart empfunden wird.

Frida Binder-Radler wurde am 13. Mai 1908 in Elisabethstadt (Dumbraveni) in Siebenbürgen als Tochter des Volksschullehrers Johann Radler geboren. Sie besuchte in Hermannstadt die Volks- und höhere Mädchenschule, später das Lehrerinnenseminar in Schäßburg und studierte Bildende Künste in Neustadt (Baia Mare). Sie arbeitete als Kunstpädagogin an der Hermannstädter Volkskunstschule und als Bühnenbildnerin am Hermannstädter Staatstheater. Sie war Mitglied der Union der Bildenden Künstler Rumäniens und des Sächsischen Literaturkreises in Hermannstadt. Zu ihrem bildnerischen Schaffen gehören Portraits und Büsten, sie zeichnete in Tusche und malte Ölbilder. Bevorzugte Motive waren Landschaften, Blumen, Kirchenburgen und Trachten. Zum reichen literarischen Schaffen von Frida Binder gehören, neben Gedichten, gesammelte Sagen und Volkserzählungen aus dem Kaltbachtal sowie diverse Veröffentlichungen in Zeitschriften. Viele ihrer Gedichte wurden vertont und werden heute als Volkslieder gesungen. Bekannt sind die Vertonungen von Hans Mild und Heinrich Bretz. Leider sind viele dieser Vertonungen verschollen. Es wäre schön, wenn sie dank der modernen Kommunikationsmöglichkeiten wieder gefunden würden.

Oswald Otto Kessler

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