16. September 2004

Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gefährdet

Neben Ortschronisten, Genealogen und interessierten Laien nutzen zunehmend junge Wissenschaftler aus Deutschland, Rumänien und Ungarn die Bibliothek und das Archiv des Siebenbürgen-Instituts in Gundelsheim. Der Aufenthalt in Gundelsheim wird für die ausländischen Nachwuchswissenschaftler oftmals durch ein vom DAAD, der Bosch-Stiftung, der Südosteuropa-Gesellschaft oder anderen Institutionen ausgelobtes Stipendium ermöglicht. Allein im Zeitraum 2002 bis 2004 stellte die Bosch-Stiftung 25 Kurzzeitstipendien bereit. Unter fachkundiger Beratung recherchieren die jungen Wissenschaftler für eine Abschlussarbeit mit siebenbürgisch-sächsischer oder übergreifender Thematik. Mittlerweile liegen dem Siebenbürgen Institut über 140 Diplom- und Doktorarbeiten vor.
Da die Betreuung durch die eigenen Hochschullehrer mangels spezieller Kenntnisse oft unzureichend ist, werden seit nunmehr vier Jahren 20 bis 25 Nachwuchswissenschaftler einmal jährlich zu einem mehrtägigen Diplomanden- und Doktorandenkolloquium nach Gundelsheim eingeladen. Kritisch begleitet von auswärtigen Wissenschaftlern und Hochschullehrern, stellen sie dort ihre Arbeiten vor. Rund ein Viertel der Nachwuchswissenschaftler kommt aus Rumänien. Es handelt sich um Sachsen, Schwaben, Ungarn und Rumänen, die über ganz hervorragende Deutschkenntnisse verfügen. Bemerkenswert ist, dass die rumänischen Staatsbürger durchaus akademische Karrieren im eigenen Heimatland anstreben und nicht mehr – wie noch vor kurzem – die Gelegenheit nutzen, das Land schleunigst zu verlassen. Sie finden Arbeit in Instituten, Universitäten und Forschungsprojekten und geben häufig Veröffentlichungen zu Siebenbürgen heraus.

Einige rumänische Nachwuchswissenschaftler befassen sich verstärkt mit der deutschen Kultur und Geschichte. Dies ist ein besonderer Glücksfall, da durch die fast vollständige Auswanderung der Deutschen viele Positionen in Instituten, Bibliotheken, Museen und Archiven nicht mehr mit qualifizierten und deutschsprachigen Fachleuten besetzt werden können. So sind derzeit kaum deutschsprachige Archivare in den Staatsarchiven von Kronstadt, Hermannstadt, Neumarkt, Klausenburg oder Bistritz anzutreffen, obwohl ein Großteil der Archivalien deutschsprachig ist.

Die zum Teil im Westen ausgebildeten Historiker und Archivare sind unbedingt mit allen Kräften zu fördern, da sie sich schon bald in Führungspositionen befinden werden. Der Wissenstransfer von Ost nach West und umgekehrt würde dadurch enorm erleichtert. Die Durchführung von Kolloquien und die Förderung wissenschaftlicher Karrieren durch Stipendienhinweise, Referenzen, Beratungen, Gastfreundschaft, Publikationsmöglichkeiten etc. durch das Siebenbürgen-Institut haben eine europaweite Vernetzung der mit siebenbürgischen Themen befassten Nachwuchswissenschaftler bewirkt. Die Nachwuchswissenschaftler besuchen sich gegenseitig, laden einander zu Symposien ein, schreiben gemeinsame Aufsätze und Bücher. Die neuen Medien ermöglichen ihnen in ständigem Kontakt zu stehen.

Das nächste Diplomanden- und Doktorandenkolloquium wird vom 7. bis 10. November in Gundelsheim stattfinden. In Kürze wird die Ausschreibung erfolgen. Ende Dezember wird die 19. Internationale Siebenbürgische Akademiewoche in Thalmässing bei Nürnberg veranstaltet mit dem Schwerpunkt Städte und Regionen in Siebenbürgen. Die Beschäftigung mit siebenbürgischer Landeskunde ist derzeit Arbeitsfeld vieler begabter junger Leute. Siebenbürgen wird in der wissenschaftlichen Welt keine terra incognita sein, sofern eine Koordinierungsstelle in Gundelsheim verbleibt.

Allerdings ist dieses Ziel durch die Entlassung der Institutsmitarbeiter ab 2005 in hohem Maße gefährdet. Gezielte Spendenmittel zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Gundelsheimer Geschäftsstelle sollen auf das Konto Freunde und Förderer der Siebenbürgischen Bibliothek e.V., Kontonummer: 1924549; Kreissparkasse Heilbronn, BLZ 620 500 00, überwiesen werden. Die Zuwendungen sind selbstverständlich steuerlich absetzbar (ab 100 Euro wird eine Spendenquittung zugeschickt, bis 100 Euro genügt der Bankbeleg).

Gustav Binder


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