20. Januar 2005

"Bilder aus dem GULag" in Ulm ausgestellt

Seit dem 14. Januar ist im Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm (Schillerstraße 1) die Ausstellung "Bilder aus dem GULag" im Gang - auch im Wortsinn im Gang, nämlich in jenem, der ins Foyer des Museums mündet und aus ihm herausführt. Gezeigt werden hier 50 Bilder: Neben Werken der siebenbürgischen Künstler Friedrich von Bömches und Marianne Hüttel (geborene Riemer) sind u.a. Arbeiten von Julius Stürmer, Viktor Stürmer, Franz Ferch, Juliane Rausch und Sebastian Leicht zu sehen.
Es handelt sich um eindrucksvolle Manifestationen der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Deportation der Deutschen aus Südosteuropa in die Sowjetunion vor 60 Jahren. Verantwortlich für die Ausstellung zeichnen das Donauschwäbische Zentralmuseum Ulm und das Siebenbürgische Museum Gundelsheim, tatkräftig unterstützt von den Kulturreferenten der Banater Schwaben sowie der Siebenbürger Sachsen, Walter Konschitzky bzw. Hans-Werner Schuster.

In jeder Hinsicht außerordentlich war die Vernissage am 14. Januar: in Bezug auf den Publikumszuspruch - rund 300 Besucher drängten sich am Freitagabend im Anschluss an die Podiumsdiskussion, reichlich nach 21 Uhr, im Foyer; bemerkenswert aber auch ob des Veranstaltungsverlaufs. Denn Christian Glass, Museumsleiter und Geschäftsführer, hatte die verdienstvolle Aufgabe, an diesem Abend in die Ausstellung einzuführen. Die Rede entfiel. Nicht dass Herr Glass indisponiert gewesen wäre. Die technischen Voraussetzungen für seinen Vortrag waren gewährleistet, Podium, Mikrofon, Verstärker betriebsbereit. Die Öffentlichkeit war mobilisiert. Sie quittierte die noch am Ende der Podiumsdiskussion bekannt gegebene Entscheidung, auf das Referat zu verzichten, übrigens keineswegs mit Unmutsbekundungen. Nur die Rede blieb ungehalten, und das mit gutem Grund. Offensichtlich hatte man von Veranstalterseite nicht mit diesem Besucherandrang gerechnet. Die Augen- und Ohrenzeugen der Podiumsdiskussion über die Deportation waren mitunter auch noch zu erregt von den unmittelbar vorausgegangenen Debatten, um der Einführung angemessene Aufmerksamkeit schenken zu können. Alles in allem war dieses Umdisponieren eine weise und richtige Entscheidung. Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen.




Vernissage im Foyer des Donauschwäbischen Zentralmuseums Ulm: Zwei Ausstellungsbesucher vor dem Bömches-Gemälde 'Der Totentanz', 1994, Öl auf Pressspanplatte, 100 x 70 cm. Foto: Christian Schoger
Vernissage im Foyer des Donauschwäbischen Zentralmuseums Ulm: Zwei Ausstellungsbesucher vor dem Bömches-Gemälde 'Der Totentanz', 1994, Öl auf Pressspanplatte, 100 x 70 cm. Foto: Christian Schoger


Was immer an wissenswertem Erklärendem Museumsleiter Glass in seiner Einführung gesagt hätte, über das Ausstellungskonzept, gewiss, den Zeitbezug, die Entstehungsgeschichte und Motive der Zeichnungen, Skizzen und Gemälde (viele entstanden erst nach der Internierungszeit, nicht so die während der Deportation gemalten Bilder von Marianne Hüttel), die Biografien ihrer Künstler: Grundsätzlich erwächst diesen Kunstwerken eine besondere Bedeutung. Einmal aus dem Umstand heraus, dass Zeitdokumente, Fotografien und Gegenstände aus den Zwangsarbeiterlagern eher spärlich erhalten sind. Dann aber vermag gerade der Künstler das widerfahrene Trauma in seinem Wesenskern mit den Mitteln der Kunst nachempfindbar auszudrücken. Farbe und Form, Schicht um Schicht. So vermittelt diese Werkschau, nach Aussage der Ausstellungsmacher, „ein eindrückliches Bild des Lebens in der Verbannung“. Freilich ließ gerade die Vernissage eine unabgelenkte, stille Betrachtung kaum zu.

Bis einschließlich 13. März 2005 werden die Bilder noch vor Ort hängen. Ihrer Natur gemäß fasst diese Kunst einen an, verstört, mahnt. Ein Zeitzeuge sagte, er erinnere sich noch präzis, fast minutiös an Details jener erlebten, furchtbaren Tage, die doch 60 Jahre zurückliegen. Wie in den Bildern, eingefrorene Eindrücke, die als Appell den ihnen gesetzten Rahmen transzendieren. Das wirkt unmittelbar ins Heute.

Christian Schoger

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