12. Juli 2005

Doch keine Neuwahlen in Rumänien?

Nach Gesprächen zwischen Ministerpräsident Calin Popescu-Tariceanu und Staatspräsident Traian Basescu am 12. Juli Abend bahnt sich eine Lösung für die Regierungskrise in Rumänien an. Wie die BBC berichtet, nimmt Popescu-Tariceanu davon Abstand, seinen Rücktritt einzureichen. Der Regierungschef besteht allerdings darauf, dass die "politische Inkompatibilität", in der sich die Mitglieder des Verfassungsgerichtes befinden, beseitigt werde.
Ministerpräsident Calin Popescu-Tariceanu hatte am 14. Juni 2005 im rumänischen Parlament die Vertrauensfrage gestellt. Sie war an die Abstimmung zu Justiz- und Eigentumsgesetzen gekoppelt. Ohne tiefgehende Reformen in der Justiz und dem Eigentumsrecht könne Rumänien weder "der EU beitreten noch als echter Rechtsstaat funktioneren", hatte der liberale Regierungschef in einem offenen Brief an das Parlament geschrieben. Mit der Reform sollten Richter unter anderem unabhängiger von politischen Einflüssen gemacht werden. Das Gesetzespaket nahm zwar die Hürde im Parlament, wurde aber von den oppositionellen Sozialisten (Partidul Social-Democrat - PSD) und der nationalistischen Großrumänien-Partei (Partidul Romania Mare - PRM) angefochten. Das Verfassungsgericht des Landes, das von Getreuen der PSD dominiert wird, gab am 6. Juli der Beschwerde der Opposition Recht, derzufolge die Reform gegen die rumänische Verfassung verstößt.

Tags darauf, am 7. Juli, kündigte Ministerpräsident Calin Popescu-Tariceanu an, er werde zurücktreten, um den Weg für Neuwahlen freizumachen. Die Europäische Kommission forderte indes Rumänien auf, die geplante Justizreform zügig durchzusetzen. "Es gibt jetzt keine Zeit zu verlieren, wenn Rumänien 2007 beitreten will", sagte eine Kommissionssprecherin am 9. Juli in Brüssel.

Premier Popescu-Tariceanu hätte sich durch Neuwahlen ein stärkeres Mandat für sein Regierungsbündnis erhofft. "Rumäniens EU-Beitritt wird nicht durch die vorzeitigen Wahlen bedroht. Es ist die Entscheidung des Verfassungsgerichts, die diesen Prozess bremst", sagte er. Die Eigentumsgesetze, die vom Verfassungsgericht nicht beanstandet wurden, wurden inzwischen von der rumänischen Regierung durch einen Dringlichkeitserlass verabschiedet.

Zu vorgezogenen Wahlen könnte es in Rumänien erst im Oktober oder November 2005 kommen. Grund ist das äußerst langwierige Verfahren zur Auflösung des Parlaments. Die derzeitige Regierung setzt sich aus der rechtsliberalen Allianz für Gerechtigkeit und Wahrheit (Dreptate si Adevar - DA), bestehend aus der Nationalliberalen Partei (PNL) und der Demokratischen Partei (PD), sowie den zwei Kleinparteien, dem Demokratischen Bündnis der Ungarn in Rumänien (UDMR) und der Konservativen Partei (PC, ehemals Humanistische Partei), zusammen. Die liberal-konservative Regierung ist seit Dezember 2004 im Amt und verfügt über eine sehr knappe Mehrheit im Parlament. Die PSD stellt die Vorsitzenden der Abgeordneten- und Senatskammer und kontrolliert noch viele öffentliche Einrichtungen und Medien.

Laut jüngsten Umfragen liegt die Allianz DA mit 55 Prozent vor der PSD mit 23 Prozent. Dementsprechend ablehnend steht die PSD gegenüber eventuellen vorgezogenen Neuwahlen: Die Regierungskrise sei künstlich ausgelöst worden, heißt es. Sie sei eine "letzte Bestätigung für die Handlungsunfähigkeit des heterogenen Regierungsbündnissess", betonte der Exekutivvorsitzende der PSD, Adrian Nastase.

S. B.

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