1. September 2005

Siebenbürgische Globetrotter in Vietnam

Einen Monat lang hielten sich die siebenbürgischen Weltreisenden Karin und Egin Scheiner in Vietnam auf. Von Mexico-City aus waren sie am 3. April nach Hanoi geflogen. In den Straßen der alten Hauptstadt Nordvietnams sammeln die Globetrotter erste Eindrücke vietnamesischer Lebensart, wie aus ihrem gekürzt wiedergegebenen Reisebericht hervorgeht.
Ein vollkommen unerwartetes Bild von Lebensalltag eröffnete sich uns. Er spielte sich größtenteils auf der Straße ab, genauer gesagt auf dem Gehsteig. Soweit die Gehsteige nicht mit Motorrollern zugeparkt waren, wurde dort von Frauen Gemüse zubereitet, Reis gekocht, Fisch oder Fleisch zerlegt und gebraten oder Ware zum Verkauf ausgebreitet. Die Männer saßen auf niederen Plastikstühlen vor ihrem Laden, tranken Tee aus Minitassen, rauchten, schwätzten. Mittags wurden niedere Tischchen zu den Hockern gestellt, quasi das Straßengasthaus aufgebaut. Krethi und Plethi stippte mit Stäbchen in zahlreichen Schüsselchen herum, führte Häppchen zum Mund, die unwirtliche Atmosphäre ringsum ignorierend. In etlichen Straßen der Altstadt floss nämlich ein Rinnsal die Gehsteige entlang, in dem sich allerlei Unrat ansammelte. Wir waren froh, als wir einige Restaurants ausfindig machten, die vegetarische Mahlzeiten anboten.

Dreht sich in Europa alles ums Auto, so ist es in Vietnam der Motorroller. Er beherrscht das Straßenbild. Die meisten Familien besitzen zwei bis drei davon, sie sind das Fortbewegungsmittel aller Altersstufen. Schalteten die Ampeln auf Grün, brauste eine Flut von Zweirädern mit ohrenbetäubendem Geknatter und einem enormen Ausstoß von Abgasen los.
Unter den touristischen Attraktionen Vietnams, die von Hanoi aus zu erreichen sind, wählten wir einen Tagesausflug zur Perfume Pagoda und zur Grotte der buddhistischen Göttin der Barmherzigkeit, Quan Am. Danach buchten wir eine geführte Sechs-Tages-Tour im Jeep in den Nordwesten des Landes, wo wir verschiedene Minderheiten kennen lernten, die den Reisanbau in Terrassen kultivieren. Hier und in den übrigen Teilen des Landes, und nicht nur im ländlichen Bereich, steht die Frau ihren Mann. Sie ist für den Wohlstand und das Wohl der Familie verantwortlich. Die Farbe der Tracht bestimmt den Namen der hier lebenden Ethnien. In engen Tälern fuhren wir durch die Dörfer der Roten Hmong, der Schwarzen Hmong und der Thais. Bei Stippvisiten in ihren Häusern konnten wir uns von deren ärmlichen Lebensverhältnissen überzeugen. Der Fluss ist die Lebensader der Gebirgsmenschen. Er liefert das Wasser für die Reisfelder. In den angelegten Teichen leben Fische, essbare Schnecken und kleine Krebse. Im Fluss wird die Wäsche gewaschen und das wöchentliche Vollbad genommen.

In den beiden Trabantenstädten Son La und Dien Bien Phu besichtigten wir historische Stätten des Freiheitskampfes gegen die französische Kolonialmacht. Bevor wir Sapa, unseren Zielort, erreichten, hielten wir beim höchsten Wasserfall Vietnams an. Der Ort liegt im Norden am Fuße des höchsten Gipfels des Landes, Fansipan (3 000 m). Das gute Klima begünstigt den Anbau anderer Kulturen außer dem Reis. Wir hatten Pech, denn es regnete und dichte Nebelwolken hüllten die Landschaft ein. Zehn Stunden dauerte die 400 Kilometer lange Rückfahrt. Eine Woche später flogen wir nach Siem Rap, zweitgrößte Stadt des Landes. Obwohl dieser Abstecher ein ziemliches Loch in unsere Reisekasse riss, begeisterten wir uns für die Architektur der zahlreichen Tempel, die zwischen dem 2. und 13. Jahrhundert in Angkor Wat erbaut wurden. In ihrer Blütezeit dehnte sich die alte Hauptstadt des Königreiches Kambodscha auf einer Fläche von der Größe New Yorks aus; hier lebte etwa eine Million Menschen.

Zuvor besuchten wir in Vietnam die Orte Hue, Na Trang und Hoi An. In den frühen Morgenstunden fuhren wir im Nachtzug in Hanoi ein. Auf unserem Weg zu Fuß zum Hotel lernten wir eine Morgenbeschäftigung der Hanoier kennen: die Morgengymnastik. Aus Siem Rap flogen wir direkt nach Saigon, ehemalige Hauptstadt Südvietnams. Man fühlt und bemerkt den westlichen Einfluss. Die Vorbereitungen für den anstehenden Feiertag (30 Jahre seit dem Befreiungskampf gegen die USA) waren in vollem Gange. Interessant war auch der Besuch im Cu Chi-Tunnelsystem, etwa 50 Kilometer von der Stadt entfernt. Da wir in die sehr engen Tunnelgänge hineinkrochen, konnten wir am eigenen Leibe erfahren, wie mühevoll es für die Vietkongs war, den Kampf im Untergrund zu führen. In diesem 80 cm hohen, 60 cm breiten und in drei Ebenen angelegten, unbeleuchteten Tunnelgeflecht bekämpften sie den Feind erfolgreich aus dem Hinterhalt. Ich hatte am nächsten Tag schmerzende Knie, weil ich auf allen Vieren 30 Meter weit in einen Tunnelabschnitt gekrochen war.

Der Tagesausflug ins Mekongdelta gestaltete sich eher zu einer Verköstigungstour. Wir konnten uns von der Fruchtbarkeit dieser Region überzeugen, die dargebotenen Früchte schmeckten wunderbar. Damit beschlossen wir nach einem Monat unseren Aufenthalt in Vietnam. Am nächsten Morgen flogen wir nach Nepal!

Karin und Egin Scheiner

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