23. September 2005

12. Jaader Treffen in Nürnberg

„Es muss auf so einem Treffen gar nicht viel geschehen, es reicht, wenn wir uns immer wieder sehen, sächsisch miteinander sprechen, uns austauschen, uns vergewissern, dass wir viele tragfähige Gemeinsamkeiten haben!“ So kommentierte einer der mehr als 250 Teilnehmer des zwölften Treffens der Heimatortsgemeinschaft Jaad am 10. September in Nürnberg das Geschehen.
Und doch geschieht auf einem solchen Treffen naturgemäß mehr: Organisationsfragen wurden schon Monate im voraus geklärt, ein Team beherzter Frauen und Männer schmückte am Vorabend den großen Saal im Gesellschaftshaus Gartenstadt. Am Tag des Treffens begann das Wiedersehen traditionell mit einem gehaltvollen Gottesdienst in der Sebalduskirche in der Nürnberger Altstadt. Uns Jaadern ist von jeher bewusst, dass ein Treffen ohne Festgottesdienst, ohne unsere prächtigen siebenbürgisch-sächsischen Trachten und ohne viele Jugendliche für uns nicht vorstellbar ist.

Jaader Treffen in Nürnberg: ‚Die Tracht kommt bei Jung und Alt gut an.‘ Foto: Gitti Göbbel
Jaader Treffen in Nürnberg: ‚Die Tracht kommt bei Jung und Alt gut an.‘ Foto: Gitti Göbbel


Pfarrer Ortwin Galter aus Linz, 1956 in Jaad geboren, stimmte uns bestens auf unsere Zusammenkunft ein. Ausgehend von den Klageliedern Jeremias, schaffte er einen gelungenen Bogen von der harten Zeit der Verschleppung nach Babylon mit ihren Betrübnissen, mit dem Leid, der Verstörung und Verzweiflung – ähnlich wie 1944 zur Zeit der Evakuierung der Jaader bzw. der Nordsiebenbürger Sachsen – bis hin zur Gewissheit, dass es immer wieder in unserem Leben Halt und Hoffnung gibt. Gott bleibt uns Menschen auch in harten Zeiten zugewandt, er ist nicht gleichgültig, er begleitet uns. Nachdem durch Matthias Penteker würdevoll der Toten seit dem letzten Jaader Treffen 2003 gedacht wurde, nannte Roland Göbbel die zahlreichen Spender für die HOG Jaad (vornehmlich für die Renovierung der evangelischen Kirche in Jaad) und dankte ihnen herzlich für ihre Großzügigkeit. Die Gemeinde hatte im Gottesdienst wieder Gelegenheit, kräftig mitzusingen (Christoph Müller von St. Sebald begleitete uns an der Orgel zum wiederholten Mal bestens) und zum Abschluss sprach Horst Göbbel ein Grußwort. Darin betonte er den großen Wert von gelebter Gemeinschaft, die Einsamkeit überwindet, die der Pflege bedarf, vom Bekenntnis lebt und Zukunft ermöglicht. Zusammenfassend hielt er fest: „Unser christlicher Glaube bleibt das tragfähige Fundament für unsere siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft. Unser Bekenntnis zu unserem Heimatort – genauer gesagt zu unserer Jaader Heimatortsgemeinschaft – wie auch unser christliches Bekenntnis gibt uns ebenso Kraft im Alltag und Mut für die Zukunft.“ Im Anschluss an den Gottesdienst hatten wir wieder (völlig ungeplant) Gelegenheit, beim obligaten Fotografieren der zahlreichen Trachtenträger vielen staunenden neugierigen Einheimischen oder Touristen zu erklären, wer wir sind, woher wir kommen und überhaupt den Begriff Siebenbürger Sachsen positiv unter das Volk zu bringen.

Danach ging es zünftig weiter im Gesellschaftshaus Gartenstadt. Mit viel Können und Liebe zum bunten Detail hatte Petra Kleiter, geborene Öhlschläger 137, die Blumengestecke auf den Tischen zusammengefügt. Ebenso ist auch die prächtige Bühnendekoration mit den wertvollen Krügen, Trachtenpuppen, Tellern, Tüchern, Trachtenteilen – liebevoll ausgesucht und angebracht von den Familien Dr. Grecu 287, Penteker 250, Hoos 225 – hervorzuheben. Schon am Eingang gab es Heimatliches: Gespendet von den Familien Maria und Dr. Lazar Grecu 287, Ilse und Thomas Penteker 250 sowie Marianne Thellmann 288 mundete uns der hochgeistige Begrüßungstrunk, dessen Wirkung wohltuend mit Jaader Klotsch, gebacken und gespendet von unseren Frauen Maria Buzzi 146, Maria Engler 137, Maria Frühm 174, Sofia Frühm 176, Sofia Frühm 224, Margarethe Knoblauch 267, Maria Penteker 225, Ilse Penteker 250, Maria Schuller 142, Maria Schuster 157, Margarete Streifert 154, Margareta Streifert 170, ausgeglichen wurde. Anschließend genossen die Teilnehmer die Speisen, die Getränke, die Musik, den Tanz, die Unterhaltung in vertrauter jaaderischer Mundart.

Bevor das „Musikanten-Duo“ (bestehend aus dem Siebenbürger Kurt Reisenauer und dem Franken Siegfried Hundt, beide wohnhaft in Crailsheim) zum Tanz aufspielte, begrüßte Horst Göbbel im Namen des HOG-Vorstands alle Jaader und Freunde der Jaader herzlichst zu diesem erneuten Fest der Freude und des Zusammenhalts. Er lobte das jugendliche Gepräge unseres Treffens, die zahlreichen Trachtenträger, den nach wie vor belebend empfundenen Zusammenhalt. Zentrales Thema seiner Ansprache war die Pflege unserer Beziehungen mit all dem, was uns als Siebenbürger Sachsen definiert. Beim gewichtigen Thema Siebenbürgenfahrten wies er auf eine gerade aufkommende neue Form einer sehr wichtigen Unternehmung hin, auf die Großfamilienfahrt. Am Beispiel der Fahrten der Großfamilien Göbbel 146/Engler 137 im Jahre 2004 und Penteker 295 im Jahr 2005, an denen vorwiegend junge und jüngste Familienmitglieder (die meisten im Westen geboren und aufgewachsen) mit Eltern und Großeltern den Heimatort Jaad und das Heimatland Siebenbürgen in einem einmaligen Familiengefüge erlebten (mehrere Tage im Fahrtalltag zusammen zu sein ist neu, denn ansonsten treffen wir uns doch in dieser Zusammensetzung nur bei zeitlich begrenzten Familienfeiern), erläuterte Göbbel den Wert dieser neuen Form des Reisens. Über Tage hinweg konnten die Teilnehmer Wohnhäuser, Kirchen, Friedhof, Äcker, Wiesen, Fluss, Schafe, rumänische Nachbarn und Nachfolger in unseren früheren Häusern, Rumänien und Südosteuropa mit seinen völlig anders gearteten politischen, sozialen, kulturellen Verhältnissen in Augenschein nehmen und damit einen unschätzbaren Erfahrungsgewinn verzeichnen. Die am Abend auf eine große Wand projizierten Fotos von den beiden Großfamilienfahrten konnten – auch im Vergleich zu wertvollen Bildern von Alfred Fischer, einer unserer „Hamburger“, Teilnehmer an der Kinderlandverschickung in Jaad 1943 – einen kleinen Einblick in deren breite Vielfalt und ansteckende Erlebnishaftigkeit vermitteln. Besonders begrüßt wurde die älteste anwesende Jaaderin, die 86-jährige Margarete Penteker 295. Dietmar Penteker 138, einer der stellvertretenden Vorsitzenden, bat um Durchsicht und Ergänzung unserer Familien- und Adressendatei für eine Neuauflage des 1999 erschienenen Jaader Familienbuches. Ebenso appellierte Horst Göbbel nach dem Verteilen von Informationsmaterial zur Renovierung der Bistritzer Kirche an die Anwesenden, sich durch Spenden an der gewichtigen Aktion der neu gegründeten HOG Bistritz zu beteiligen. Erfreulich war auch die Teilnahme von rumänischen Bewohnern aus Jaad an unserem Treffen.

Abgesehen von einer Änderung bleibt der bisherige Vorstand im Amt: Vorsitzender: Horst Göbbel 146, Stellvertretende Vorsitzende: Matthias Penteker 295, Dietmar Penteker 138, Geschäftsführerin: Erika Hoos 225, Kassenwart: Thomas Frühm 224, Kassenprüfer: Alwin Streifert 154 (neu: Günter Engler 303) und Thomas Streifert 170, Nachbarschaftsverterter: für den Raum Schwäbisch Gmünd: Michael Penteker 155, für den Raum Heilbronn: Walter Benesch 141, für den Raum Bietigheim/Stuttgart: Dr. Alfred Theil 17, für den Raum Karlsruhe: Simon Bidner 235, für den Raum Leverkusen: Michael Broser 268, für den Raum Hannover/Hessen/Niedersachsen/Hamburg/Berlin: Walter Engler 159, für Österreich: Walter Penteker 180. In seiner angeregten Besprechung am Abend diskutierte der HOG-Vorstand einige wichtige Themen: erstes Jaader Treffen in Schwäbisch-Gmünd Lindach 2003 mit selbst organisierter (ausgezeichneter) Versorgung, Zukunft des Jaader evangelischen Kirchengebäudes und des Schulhauses (das der Kirchengemeinde zurückerstattet wurde), sinnvoller Einsatz von finanziellen Mitteln der HOG Jaad, Unterstützung der Restaurierung der evangelischen Kirche in Bistritz, nächstes Jaader Treffen. Bezüglich des Jaader Gotteshauses beschloss der Vorstand, vor irgendwelchen Teilarbeiten umgehend einen Sachverständigen zu beauftragen, ein Gutachten zur baulichen Situation und zu den eventuell notwendigen Maßnahmen zum Erhalt des Gebäudes und zu seiner möglichen künftigen sinnvollen Nutzung zu erstellen. Der Vorstand soll außerdem in Sachen Zukunft des Jaader Gotteshauses Kontakte zur örtlichen evangelischen, zur orthodoxen Kirchen und zur politischen Gemeinde, zur Denkmal- und Kulturgutbehörde des Kreises, zu unserer Landeskirche in Hermannstadt aufnehmen und Lösungsmöglichkeiten ausloten.

Mit Musik und Tanz, mit Gesprächen und dem Betrachten zahlreicher aktueller Fotos aus Jaad klang der gemütliche Teil des Treffens spät nach Mitternacht in der Gartenstadt aus. Der Regen am Sonntag verhinderte zwar das geplante Fußballspiel der Jaader Sportbegeisterten, konnte jedoch die gegenseitigen Familienbesuche und das positive Gefühl eines gelungenen gemeinschaftlichen Erlebens auch am 12. Jaader Treffen nicht schmälern. Wir treffen uns wieder am zweiten Wochenende im September 2007 in Schwäbisch-Gmünd Lindach.

Horst Göbbel


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