25. September 2005

Seminar: "Frauenleben in Ost- und Westeuropa"

21 Frauen aus Hessen folgten der Einladung des Studienleiters des „Heiligenhofs“ in Bad Kissingen, von Landsmann Gustav Binder, zu einem Seminar mit dem Thema „Frauenleben in Ost- und Westeuropa“, das vom 31. August bis 2. September an der Bad Kissinger Bildungs- und Begegnungsstätte stattfand.
Doris Hutter, die Leiterin des Hauses der Heimat in Nürnberg, referierte am ersten Tag über das Thema „Bürgerschaftliches frauenspezifisches Engagement“. U. a. berichtete sie über Frauen, die Geschichte schrieben. Zum Beispiel erfuhren wir manches über Maria Theresia, die Folter und Leibeigenschaft abschaffte, Mädchenschulen gründete etc.; Lena Morgenstern gründete die Volksküche in Berlin, den „Pfennigverein für die Bekleidung armer Kinder“ und den „Berliner Hausfrauenverein“; Henriette Goldschmidt gründete die erste Hochschule für Frauen; Baronin Bertha von Suttner erhielt 1905 den Friedensnobelpreis. Ebenso beeindruckte uns der Bericht von Doris Hutter über herausragende siebenbürgische Frauen, über deren Tätigkeiten man das Buch von Ortrun Scola und Annemarie Schiel „Siebenbürgische Frauengestalten“ informiert. Zum Beispiel gründete Therese Jikeli den evangelischen Frauenverein und sorgte für die Fortbildung von Frauen. Sie war die erste diplomierte Kindergärtnerin Siebenbürgens.
Heiligenhof in Bad Kissingen: Gruppenbild der Seminarteilnehmerinnen aus Hessen. Foto: Ursula Tobias
Heiligenhof in Bad Kissingen: Gruppenbild der Seminarteilnehmerinnen aus Hessen. Foto: Ursula Tobias


Hermine Bruckner gründete den Schülerinnenhilfsbund. Luise Schiel war Leiterin des Kinderschutzvereins. Adele Zay gründete in Kronstadt die Kindergärtnerinnenbildungsanstalt und bewirkte die Altersversorung für betagte Kindergärtnerinnen. Ferner erwirkte sie 1918 die Stimmberechtigung der Frauen bei Kirchenwahlen. Beeindruckt hat uns, dass Hermine Nikola in Sächsisch-Regen einen eigenen Verlag gründete und veranlasst hat, dass die Kirchenbänke für Frauen Lehnen bekamen. Dr. jur. Annemarie Schnell aus Kronstadt wurde die erste Rechtsanwältin Südosteuropas. Man müsste noch viele Namen sächsischer Frauen aufzählen, die durch ihr Engagement Veränderungen in Siebenbürgen bewirkt haben. Am Abend berichtete uns Doris Hutter von ihren vielfältigen Tätigkeiten bei der Pflege des siebenbürgischen Brauchtums, z. B. Theateraufführungen und Mundartdichtungen.

Am nächsten Tag referierte Gustav Binder über „Lebenswelten von Frauen in Ostmitteleuropa in Nachwendezeiten“. Anschließend stellte der Dokumentarfilmer Günter Czernetzky selbst recherchierte Zeitzeugeninterviews vorstellte. Wir durften den Film „Die Russen kommen“ sehen und waren von den erschütternden Schicksalen der Nordsiebenbürger auf der Flucht 1944 bedrückt. Als besonders tragisch empfanden wir die Schilderungen derjenigen Nordsiebenbürger, die unvorstellbar Schweres nach der erzwungenen Rückkehr nach Rumänien erlebt hatten. Czernetzky nahm die Gelegenheit wahr, noch erreichbare Zeitzeugen über ihre persönlichen Erlebnisse und Schicksale in der Heimat und während der Deportation zu befragen. Viele Frauen waren bereit, darüber zu sprechen. Das Singen bekannter Lieder half uns, über die gedrückte Stimmung hinwegzukommen. Abschließend dankten die Teilnehmerinnen Herrn Binder und Frau Tobias für die Organisation des interessanten Seminars und wünschten für das nächste Jahr eine Fortsetzung.

U. Tobias / G. Salmen


Bewerten:

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.