23. November 2005

Zur Erinnerung an Patenminister Hermann Heinemann (1928 – 2005)

Am 15. November 2005 ist Hermann Heinemann, von 1985 bis 1992 Minister für Arbeit und Soziales in Nordrhein-Westfalen und während dieser Zeit zugleich Patenminister der Siebenbürger Sachsen, im Alter von 77 Jahren gestorben. Für uns Siebenbürger Sachsen war Hermann Heinemann mehr als lediglich der Vertreter des Bundeslandes, das am 26. Mai 1957 die Patenschaft für die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen übernommen hat. Sein persönliches Interesse am Schicksal der Siebenbürger Sachsen und seine vielfältige engagierte Unterstützung unserer Anliegen haben ihn für uns zu einem wahren „Patenonkel“ werden lassen.
Hermann Heinemann wurde am 26. Juni 1928 in Dortmund geboren. Er gehörte zu den Jahrgängen, deren Leben durch Kriegs- und Nachkriegszeit besonders geprägt wurde. Heinemann, der eine Banklehre absolvierte, gelangte über die Gewerkschaften früh ins politische Leben. Nach elfjähriger Tätigkeit als Fachsekretär der Gewerkschaft ÖTV und vierjährigem Wirken als ÖTV-Geschäftsführer in Dortmund war er von 1968 bis 1974 Vorsitzender des SPD-Stadtverbandes Dortmund und zugleich Stellvertretender Vorsitzender des SPD-Bezirks Westliches Westfalen, dessen Vorsitzender er dann von 1975 bis 1992 wurde. Heinemann war 1951 in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands eingetreten. Er war zeitweilig Chef der „Westfalenhallen“, Mitglied des Europäischen Parlamentes und seit 1985 Abgeordneter des Landtags von NRW und Minister für Arbeit und Soziales (bis 1992) im 3. und 4. Kabinett von Ministerpräsident von Johannes Rau. Dem SPD-Vorstand gehörte er mehrere Jahre an.

Während seiner Amtszeit als Minister setzte er sich besonders für die Erhaltung des Steinkohlebergbaus ein und hinterließ als Reformer der Drogenpolitik bleibende Spuren, indem er u.a. ein bundesweit beachtetes Modellprojekt zum Einsatz der Ersatzdroge Methadon initiierte. In der Ausländer- und Zuwanderungspolitik focht er manchen Strauß mit seinem Innenministerkollegen Herbert Schnoor aus.

In seiner Eigenschaft als Patenminister der Siebenbürger Sachsen war Hermann Heinemann ein Musterbeispiel engagierter Sorge um das Schicksal unserer Volksgruppe. Er pflegte die Begegnung mit den Verantwortlichen der Landsmannschaft und suchte den Kontakt zu den Menschen. Er ließ sich Sorgen und Nöte vortragen und über landsmannschaftliche Vorhaben und vor allem über die Kulturarbeit berichten und gewährte, wo immer dies möglich war, seine und seines Ministeriums Unterstützung. So war die Erweiterung des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim im Juli 1986 und die Einbringung der Gabanyi-Keramiksammlung im Juli 1988 nur mit Unterstützung des Patenlandes möglich.

Zur Begegnung mit den Menschen nahm er jede sich bietende Gelegenheit wahr, ob dies 1986 die 20-Jahrfeier der vom Lande NRW eingerichteten Siebenbürger-Siedlung Drabenderhöhe im Bergischen Land war oder der Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl, wo im Juni 1987 das 30-jährige Jubiläum seit Begründung der Patenschaft mit dem Lande NRW gefeiert wurde, oder gar der Heimattag der Siebenbürger Sachsen von Nordamerika vom 4. bis 6. Juli 1987 in Kitchener/Kanada, vor dem Patenminister Heinemann auch die Festansprache hielt. Dabei postulierte er, wie auch bei anderen Gelegenheiten, die Grundsätze der KSZE-Schlussakte von Helsinki auch auf die Siebenbürger Sachsen in Siebenbürgen anzuwenden. In Kitchener nahm Minister Heinemann auch an der Sitzung der Vertreter der 1983 gegründeten Föderation der Siebenbürger Sachsen (Kanada, USA, Österreich, Deutschland) teil.

Auch die Situation der Siebenbürger Sachsen vor Ort in Rumänien wollte Patenminister Heinemann persönlich kennen lernen. Anfang September unternahm er 1987 eine mehrtägige Reise nach Rumänien, die ihn neben offiziellen Kontakten in Bukarest in mehrere Gemeinden und Städte Siebenbürgens führte und auch einen Besuch beim Repräsentanten der Evangelischen Kirche A.B. in Hermannstadt, Bischof D. Albert Klein, einschloss.

Die besondere Anteilnahme des Patenministers am Schicksal und der Situation der Siebenbürger Sachsen war außergewöhnlich und begründete ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Minister und seinen Paten, das fest und verlässlich war und bis zum Ausscheiden von Minister Heinemann aus seinem Amt 1992 und für den persönlichen Bereich auch darüber hinaus andauerte. Wir Siebenbürger Sachsen danken Herrn Minister Heinemann für seine Zuwendung, für seinen Rat und seine Unterstützung. Wir danken für die offene und herzliche Art, mit der er seinen „Patenkindern“ begegnete. Wir werden ihm ein ehrendes und dankbares Andenken bewahren, denn wir nehmen von einem Freund der Siebenbürger Sachsen Abschied.

Dr. Wolfgang Bonfert


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