16. Dezember 2005

Zur Schreibung Sachsesch

Mit dem vielschichtigen Phänomen der Schreibung des Siebenbürgisch-Sächsischen hat sich die Volkskundlerin Hanni Markel auseinandergesetzt. Anhand von linguistischen Argumenten plädiert sie im Folgenden für die Einführung der Schreibweise Sachsesch.
Für die herkömmliche Schreibung saksesch spricht: 1. die Aussprache (gewissermaßen); 2. die Gewöhnung an dieses Schriftbild; 3. die Tatsache, dass die meisten unserer Landsleute in der Aussprache des Hochdeutschen am Schriftbild haften, also ein "gesprochenes Schriftdeutsch" zu benützen pflegen und dementsprechend auch eher sach-sesch lesen würden; 4. dass wir auch in anderen Fällen, allerdings vor -t, dem konventionellen Buchstaben -k- nicht entkommen (lokt , lokter = laut, lauter).

Der Vorschlag, die Schreibweise sachsesch einzuführen, hat folgende Argumente für sich:
1. Seit jeher richtet sich die Schreibung des Siebenbürgisch-Sächsischen nach Möglichkeit am deutschen Schriftbild aus.
2. Hochdeutsch wird -chs- richtig wie x gelesen, also: ks. Unser Sachsesch benötigt von daher keine andere Schreibung der betreffenden Buchstabengruppe als die Bezeichnung des bundesdeutschen Dialekts Sächsisch. Eine Anpassung in diese Richtung dürfte zumutbar sein.
3. Aus modernen schreibtechnischen Gründen verzichten wir auf die herkömmlichen Dehnungsstriche über langen Selbstlauten und dadurch auf die indirekte Kennzeichnung der kurzen Selbstlaute.


Das bedeutet nun, dass wir uns zu anderen, an den schriftdeutschen Regeln ausgerichteten Vorgehensweisen (u.a. Dehnung, Verdoppelung beziehungsweise deren Aufhebung) bequemen müssen, um dadurch die Längen und Kürzen - wie in den übrigen deutschen Dialekten auch - möglichst eindeutig lesbar zu schreiben. Nehmen wir ein Beipiel aus der dritten Strophe: Wirt mit kurzem -i- bedeutet "Wirt", mit langem aber - wie in unserem Fall - "Wort"; also schreiben wir hier doch besser: Wiert (sonst auch Wiurt/Wuirt usw.). Nach kurzem a- müsste man dann übrigens Sachs mit -ck- schreiben!

4. Wäre unsere Stammesbezeichnung ein altes Dialektwort, hätten wir dieses Schreibproblem nicht! In alten Mundartwörtern erscheint nämlich die besagte neuhochdeutsche Lautgruppe (wie in "wachsen", "Ochs" usw.) nur als -s: wueßen/woßen, Ueß/Iuß/Uiß. Seine spät und nur teilweise erfolgte Einlautung ist zugleich der Grund, weshalb das Dialektwort abweichend zum hochdeutschen, aber auch zum mundartlichen Regelfall, nicht einen "weichen", sondern einen "harten" Anlaut hat; wir sprechen (ohne weitere Kennzeichnung und im Unterschied zu = Sachen, suchen) Sachs wie mit "scharfem" ß.

Mit anderen Worten: Eine konventionelle Schreibung wollen wir ändern, mit der anderen finden wir uns aber ab ... Ganz bewusst wurde im ersten Teil unter Punkt 4 ein gewichtiges Argument für -k- nicht unterschlagen. Das Beispiel dieser einen Wortfamilie lässt bereits erkennen, wie komplex und kompliziert die Fragestellungen zur Schreibung einer ungenormten vielgestaltigen Muttersprache sind. Unser Dialekt lebt in über 200 mehr oder weniger voneinander abweichenden Mundarten, so dass eine fremde Ortsmundart weder mündlich noch schriftlich einem jeden Dialektsprecher einfach zugänglich ist. Ohne eine Regelung, die bei aller Beachtung des Spezifischen dem Schriftdeutschen entsprechender Rechnung trägt, hätten zudem Dialektunkundige keinerlei Handhabe beim Lesen, die passiven Kenner aber, von denen es immer mehr geben wird, wenig Lesehilfe. Einfach ist ein solches Unterfangen nicht, und ohne gewisse Konventionen und Ausnahmen geht es dabei trotz allen Bemühens nicht. Freilich fordert eine Umstellung sowohl den Mundartautoren als auch den -lesern anfangs einige zusätzliche Mühe ab. Daher die Bitte an alle: Versuchen Sie, sich aufs Lesen und die Fragestellungen vorurteilslos einzulassen! Lassen Sie vielleicht Kinder und Enkel der Familie das Gedruckte zur Probe lesen!

Hanni Markel

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 19 vom 30. November 2005, Seite 6)

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Neueste Kommentare

  • 29.11.2007, 23:21 Uhr von der Ijel: soxsesch ? äs folsch, de Amerikaner wedden hichstens esi riaden uch schreiwen. Mir riaden end ... [weiter]
  • 22.07.2007, 16:55 Uhr von Dolfi11: Oder doch soxsesch..? Wot es richtich..? [weiter]
  • 18.07.2007, 21:56 Uhr von Zwölf-Elf: Wä? Ech sil net saksesch schreiwen? ;-) [weiter]

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