29. Dezember 2005

Als Kinderkrankenschwester in Siebenbürgen

Nach "Abschied, Leid, Liebe" - ihren Erinnerungen an die Deportation nach Russland - ist nun Susanne Kästners zweites Buch "Engel der Liebe. Es war einmal in Siebenbürgen 1930-1976" erschienen.
Nach einem kurzen Abriss der Kindheit in Großprobstdorf lässt uns die Autorin an ihrem Leben von der Rückkehr aus Russland bis zur Ausreise nach Deutschland teilhaben. Nachdem die erste Hilflosigkeit nach fünf Jahren Deportation überwunden ist, beschließt Susanne Kästner, sich wie ihre jüngere Schwester Hedi zur Kinderkrankenschwester, zu einem "Engel der Liebe" ausbilden zu lassen.

In Hermannstadt durchläuft sie während der Ausbildung die verschiedenen Abteilungen des Krankenhauses und erlebt eine Zeit voller neuer Erfahrungen - positive wie negative. Sie lernt viel und begreift vor allem, welche seelischen Belastungen der von ihr gewählte Beruf mit sich bringt. Wie kann man den schwer kranken Kindern helfen, wenn es kaum Medikamente gibt, mit denen man sie behandeln könnte? Wie geht man mit den Eltern der kleinen Patienten um? Wie verhält man sich, wenn ein Kind trotz aller gebotenen Fürsorge stirbt? Diese und andere Fragen lernt die Autorin während ihrer Ausbildung zu beantworten, und sie lernt mit Schicksalsschlägen umzugehen. Ablenkung von der anstrengenden Arbeit bieten nur die Besuche bei der Familie in Großprobstdorf und die Ausflüge mit den Mitschülerinnen in der wenigen freien Zeit, die den Schwesternschülerinnen zugestanden wird.

Nach der Ausbildung beginnt ein neues Kapitel in Bukarest, wohin die Autorin an ihre erste Arbeitsstelle versetzt wird. Hier gestaltet sich das Leben ganz anders als in Hermannstadt. Sie arbeitet auf der Neugeborenenstation - ein Betätigungsfeld, mit dem sie noch nicht vertraut ist - und schließt erst nach Monaten die ersten Freundschaften in der Großstadt, wo sie zunächst niemanden kennt. Eine große Enttäuschung in der Liebe und die Brustkrebserkrankung ihrer Mutter bewegen sie schließlich dazu, nach Hause zurückzukehren. Sie bekommt eine Stelle in Mediasch, pflegt ihre Mutter bis zu deren Tod und kümmert sich danach um den Vater, der den Verlust seiner Frau nur schwer verkraften kann. Schließlich sind die Belastungen des Berufs für Susanne Kästner zu groß: Sie übernimmt sich und wird selbst so krank, dass sie ihren Beruf nicht mehr ausüben kann. Nachdem die Schwester mit ihrer Familie nach Deutschland ausgereist ist, bleibt sie mit ihrem Vater allein zurück und beschließt, auch die eigene Ausreise voranzutreiben, was ihr 1976 gelingt. Damit schließt sich der Bogen der Erinnerungen, der sich vom Geburtsort Großprobstdorf über Hermannstadt, Bukarest, Mediasch wieder zurück ins Heimatdorf und schließlich nach Deutschland spannt.

Susanne Kästners zweites Buch bietet einen guten Einblick in das siebenbürgische bzw. rumänische Gesundheitswesen und in den Krankenhausalltag der 40er, 50er und 60er Jahre. Bedingt durch den Kommunismus, den Mangel an Medikamenten sind den Krankenschwestern bei der Behandlung oft die Hände gebunden, und vieles hängt vom persönlichen Einsatz und meist auch vom Wohlwollen der Ärzte ab. Gleichzeitig ist "Engel der Liebe" ein sehr persönliches Lebensportrait, in dem die Autorin ihre intimsten Gedanken und Gefühle zum Ausdruck bringt. Freundschaft, Liebe und nicht zuletzt Sexualität spielen immer wieder eine Rolle. Zahlreiche Bilder aus dem privaten Fotoalbum Kästners runden den zweiten Band der Erinnerungen ab.

Das Buch ist zum Preis von 14,20 Euro über den Buchhandel zu beziehen oder kann zum Preis von 15,00 Euro (inklusive Versand) bei der Autorin Susanne Kästner, Hölderlinstraße 6 a, 81369 München, Telefon: (0 89) 71 53 35, bestellt werden.

Doris Roth

Susanne Kästner, "Engel der Liebe. Es war einmal in Siebenbürgen 1930-1976", Erwin Friedmann Verlag, München, 2005, 149 Seiten, 14,20 Euro, ISBN 3-933431-39-5

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