15. Juli 2000

Weder finanziell noch ideell ein Gewinn

Der baden-württembergische Staatssekretär und Aussiedlerbeauftragte Willi Stächele hat sich bei einem Besuch in Gundelsheim dezidiert gegen die Verlegung des dortigen Siebenbürgischen Museums nach Ulm ausgesprochen. In seinen Gesprächen mit Spitzenvertretern der Landsmannschaft und der Gundelsheimer Einrichtungen betonte er, eine Zerschlagung des dortigen Kulturzentrums der Siebenbürger Sachsen füge nicht nur ihrer gruppeneigenen Kulturarbeit schwere Schäden zu, sondern auch ihren traditionellen Bemühungen um den Brückenschlag zum Herkunftsland Rumänien.
Der baden-württembergische Staatssekretär und Aussiedlerbeauftragte der Landesregierung in Stuttgart, Willi S t ä c h e l e , hat sich bei einem Besuch des Gundelheimer Kulturzentrums der Siebenbürger Sachsen erneut gegen eine Verlegung des Siebenbürgischen Musums nach Ulm ausgesprochen und betont, er werde sich auch weiter dezidiert für den Erhalt des Gundelsheimer Standorts und seiner Einheit einsetzen. Die Sammlungen des Museums, der Siebenbürgischen Bibliothek und des dazugehörigen Archivs seien gerade in ihrem Zusammenhang von besonderem Wert, der durch ein Auseinanderreißen nur geschmälert werden würde.

Anstoß für den Besuch war eine Einladung ins Kulturzentrum gewesen, die der Vorsitzende der landsmannschaftlichen Landesgruppe Baden-Württemberg, Alfred Mrass, noch im März dieses Jahres bei einem Gespräch im baden-württembergischen Landtag an Stächele gerichtet hatte. Mit Unterstützung der Landtagsabgeordneten Arnold Tög, der auch Landesvorsitzender des Bundes der Vertriebenen ist, und Hermann Mühlbeyer kam dann der Besuch am 19. Juni zustande.
Staatssekretär Stächele wurde dabei von den beiden genannten Landtagsabgeordneten sowie von seinem persönlichen Referenten Manfred Merges und von Herbert Hellstern, dem für Aussiedler zuständigen Abteilungsleiter im baden-württembergischen Innenministerium, begleitet. Zugegen beim Besuch und den in dessen Verlauf stattgefundenen Gesprächen war Lothar Oheim, der Bürgermeister der Stadt Gundelsheim. Die siebenbürgischen Gastgeber und deren Einrichtungen waren vertreten durch den Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft, Volker E. Dürr, zudem durch Günther H. Tontsch, den Vorsitzenden des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde, durch Christian Phleps, den Vorsitzenden des Hilfsvereins Johannes Honterus, und durch dessen Stellvertreter Helmut Bonfert, sodann durch den Leiter des Siebenbürgen-Instituts, Harald Roth, und, seitens des Museums, durch Beate Wild sowie durch den landsmannschaftlichen Landesvorsitzenden Alfred Mrass.
Der Besuch begann mit einem Rundgang durch das Siebenbürgische Museum, wo Beate Wild die Konzeption der Hauptausstellung erläuterte und einzelne Exponate vorstellte. Dem Museumsbesuch schloss sich eine Besichtigung der Siebenbürgischen Bibliothek und des ihr angeschlossenen Archivs unter der Führung von Harald Roth an. Danach wurden mehrere Räume des Heimathauses auf Schloss Horneck besichtigt.
Während einer anschließenden Aussprache erinnerte Bundesvorsitzender Dürr zunächst daran, wie ab 1960 das Heimathaus und die Kulturinsitutionen auf Schloss Horneck entstanden sind. Dabei unterstrich er, dass deren Gründung und Ausbau in der Hauptsache einer gemeinschaftlichen Leistung an Eigeninitiative und Spendenbereitschaft unzähliger Siebenbürger Sachsen zu verdanken sei. Erst seit 1991 sei das Museum auch in den Genuss institutioneller Förderung durch den Bund gekommen.
Dürr wies auf die finanzielle Mehrbelastung sowie negativen Folgen für die wissenschaftliche Arbeit hin, die mit der vom Beauftragten der Bundesregierung für die Kultur und die Medien (BKM) angedachten Verlagerung des Museums nach Ulm verbunden wären, und dankte damit im Zusammenhang Staatssekretär Stächele, Ministerpräsident Teufel und der Landesregierung von Baden-Württemberg, die sich wiederholt in den letzten Monaten für die Beibehaltung des Museums am einheitlichen Standort Gundelsheim eingesetzt haben. Die Verlagerung des Museums sei für das Kulturzentrum und die dort angesiedelte Arbeit weder finanziell noch ideell ein Gewinn. Übrigens sei der Standort ausbaufähig, was in Berlin geflissentlich übersehen wird: Mit weniger Geld und weniger Aufwand als bei einer Verlagerung sei es hier durchaus möglich, die Ausstellungsbedingungen so zu verbessern, dass sich voraussichtlich auch die vom BKM monierte Besucherzahl erhöhen werde. Gegenwärtig werde an einem Gesamtkonzept zur Erweiterung der Ausstellungsflächen für das Museum gearbeitet. Man werde sein Möglichstes tun, um Berlin zu überzeugen, dass die bisher gewährten Mittel für Investitionen in Gundelsheim gut angelegt seien, und hoffe, auf diese Weise auch weiterhin mit der Unterstützung des Bundes rechnen zu können.
Zudem wies der Bundesvorsitzende darauf hin, dass neben Baden-Württemberg auch andere Bundesländer, so Bayern, Hessen, das Saarland, Sachsen, Thüringen und nicht zuletzt das Patenland der Siebenbürger Sachsen, nämlich Nordrhein-Westfalen, Kritik am BKM-Konzept geübt haben und sich für die Sicherung, den Erhalt und weiteren Ausbau des siebenbürgisch-sächsischen Kulturzentrums in Gundelsheim als einer in sich vernetzten Einheit ausgesprochen haben. Insoweit sei es nur konsequent, wenn etwa die bereits bestehenden Verbindungen des Kulturzentrums zu Hochschulinstituten Baden-Württembergs, aber auch zu Einrichtungen im übrigen Deutschland sowie in Rumänien und Ungarn in ihrem Zusammenhang ausgebaut würden. Besonders hervorzuheben seien diesbezüglich die bestehenden Kooperationsverträge des Museums mit gleichartigen Einrichtungen in Hermannstadt und Kronstadt sowie die Aufbauhilfe des Siebenbürgen-Instituts für das im Entstehen befindliche Zentralarchiv in Hermannstadt.
Für Staatssekretär Stächele war, nach eigener Aussage, der Besuch in Gundelsheim sehr aufschlussreich. Er habe die Institutionen dort kennen gelernt und könne sich nun ein Bild machen vom hohen Wert der in Museum, Bibliothek und Archiv vereinten Sammlungen. Besonders erfreut zeigte sich Stächele darüber, dass auch die Stadt Gundelsheim und deren Bürgermeister Oheim die Bemühungen der Siebenbürger Sachsen um den Erhalt des jetzigen Museumsstandorts voll unterstützen. Er selbst wolle sich weiterhin im Rahmen der ihm gegebenen Möglichkeiten für das gleiche Ziel einsetzen.

Alfred Mrass

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