15. Dezember 2001

Chronik der Kreisgruppe München geplant

Das 50-jährige Bestehen der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen wurde schon vielfach gefeiert, in Ludwigsburg, in Augsburg und bereits im November 1999 auch in München, wo sie ja 1949 gegründet wurde. Nun hat ein Trio (Otto Deppner, Joachim Fabritius, Roland Klees) als Vorarbeit für ein Buchprojekt zur 50-jährigen Geschichte der Landesgruppe Bayern monatelang in Archiven gestöbert und vor allem die Kollektion der "Siebenbürgischen Zeitung" durchforstet.
Relevante Daten für die Chronik einer gewiss inhaltsreichen Tätigkeit der Kreisgruppe sollten gesammelt und geordnet werden. Auf Deppner den amtierenden Kreisgruppenvorsitzenden, entfiel dann das schwierige Unterfangen, in einem 30-Minuten-Vortrag gerafft den Überblick zu geben.
Bei dem Treffen im Haus des Deutschen Ostens (HDO) am 21. November waren gleich fünf ehemalige Vorsitzende der Kreisgruppe München anwesend: Dr. Wilhelm Bruckner - er hatte das Amt neben anderen Ehrenämtern 14 Jahre lang inne -, Wolfram Schuster, Richard Roth, Roland Klees und Peter Ongyert. Einer von ihnen, der Ehrenvorsitzende der Landsmannschaft, Dr. Bruckner, überreichte eingangs Ehrenurkunden für 50-jährige Mitgliedschaft an Walter und Maria Honigschnabel, Käthe Mrass und Anni Zeides.
Otto Deppner bezeichnete das Thema seines Referats als einen ersten Versuch zur Niederschrift einer Geschichte der Kreisgruppe. Zu den von ihm zitierten "Mosaiksteinen" gehört die wohl älteste Zeitungsnotiz von November 1950. Darin wird über die Gründung von "Kreis München als Untergruppe des Verbands der Siebenbürger Sachsen" berichtet und es wird zu einem Katharinenball (Eintritt: eine Mark!) sowie zur Silvesterunterhaltung eingeladen. Dort haben sich übrigens, wie wir jetzt erfahren, die Eheleute Honigschnabel kennen gelernt. Ab Januar 1951 erschienen weitere Bekanntmachungen der "Kreisgruppe München - Stadt und Land", deren Einzugsgebiet damals, wohlgemerkt, bis nach Ingolstadt und bis Altötting reichte. Bei einer ihrer Veranstaltungen trat die berühmte, in Hermannstadt geborene Schauspielerin Joana Maria Gorvin auf. (Sie wurde 1992 mit dem Kulturpreis der Landsmannschaft ausgezeichnet.) Die erste in dieser Zeitung dokumentierte Mitgliederversammlung mit Wahlen, auf der Dr. Oskar Schuster zum Vorsitzenden gewählt wird, fand am 17. Februar 1952 statt.
Der in jener Zeit ausgegebene Wahlspruch: "Jeder Landsmann wirbt ein neues Mitglied" scheint Früchte getragen zu haben, denn heute noch ist die Kreisgruppe München, von der sich inzwischen mindestens ein Dutzend neu gegründeter Kreisgruppen, zuletzt Ebersberg, abgespalten haben, eine der mitgliederstärksten im ganzen Bundesgebiet.
Eine ihrer repräsentativen Veranstaltungen, der alljährliche Schwarz-Weiß-Ball, dessen Organisationsteam über 20 Jahre lang Rick Roth verdienstvoll geleitet hat, fand in Deppners Vortrag gebührende Erwähnung. Ebenso die Tatsache, dass dieses Ereignis immer wieder auch von Gästen aus der bayerischen und Münchener Prominenz beehrt wurde. Nach den "Ermüdungserscheinungen" der 90er Jahre erfolgt, einhergehend mit der Lockerung der Kleiderordnung und teilweiser Änderung des Profils, auch die Umbenennung in "Großer Siebenbürger-Ball". Und damit gab es neuen Aufschwung.
Lobend erwähnte Deppner die kulturellen Aktivitäten der Kreisgruppe: Chortradition, regelmäßige Beteiligung am Oktoberfestzug, viel beachtete Vorträge und Ausstellungen sowie die Tanzgruppen, vom Referenten unter herzhaftem Applaus auch "erfolgreichste und kostengünstigste Ehevermittlungsagentur" genannt.
Natürlich war in Deppners Referat auch von Eingliederungshilfen für die Neuankömmlinge aus Siebenbürgen, von Bemühungen um einen gerechten Lastenausgleich, von landsmannschaftlicher Betreuung und Beratung, vom Entstehen der vielen Nachbarschaften, deren es heute allein im Großraum München 25 gibt, von den "Bausteinen" (Gedenkmünzen) für die Errichtung der Gedenkstätte in Dinkelsbühl (1967) und von Münchner Beiträgen zu den Heimattagen und zu Siebenbürgisch-sächsischen Kulturtagen die Rede.
In der anschließenden offenen Gesprächsrunde wurde noch an manches ergänzend angeknüpft. Der Moderator, Dr. Wilhelm Bruckner, wies auf die immanenten Schwierigkeiten landsmannschaftlicher Vereinstätigkeit in der Großstadt sowie auf zwei tragende Säulen des Verbandslebens hin: die Frauen und die Jugend. Erinnerungen an den stets lebendigen Münchner Frauenkreis wurden wach. Und die Tatsache, dass sich im Oktober 2001 in Karlsfeld noch 44 Mitglieder der 1955 gegründeten Jugendgruppe trafen, spreche ebenfalls für den Stellenwert der engagierten Gruppe. Dabei waren die "Jungsachsen" von damals schon ganz gut in Bayern integriert.
Zur Aufarbeitung von Chronik und Vergangenheit forderte auch ein Ehrengast der Runde, der - man höre und staune! - über das Internet auf diesen Vortragsabend aufmerksam gewordene und herbeigeeilte ehrenamtliche Münchner Stadtrat Andreas Lorenz, auf. Unter anderem äußerte er sich zum Projekt "ZeitZeugenVideo" von Günter Czernetzky. Wolfram Schuster fügte beschwörend hinzu, man müsse sich damit beeilen, denn die Erlebnisgeneration gebe es nicht mehr lange.
Gemeinsame Erinnerungen bündelten sich wieder einmal zu einem starken Gefühl des Zusammenhalts. Der Wunsch nach einer zukunftsorientierten Stafettenübergabe schwebte im Raum. Für den Fortbestand der Gemeinschaft komme der Jugend siebenbürgisch-sächsischer Herkunft eine bestimmende Rolle zu. In seiner Umgebung voll integriert zu sein und trotzdem seine Herkunftsidentität zu bewahren - daran sei, wie schon Heinrich Zillich betont hat, heutzutage erst recht kein Widerspruch mehr zu erkennen, hieß es im Tenor der Aussprache. Somit mag es gewiss auch von Nutzen sein, was einer der Veranstalter mit einem urheimatlichen Wort zum Schluss noch für die Dokumentation von den Anwesenden einforderte: "Kiwern Sie bitte in Ihren Privatarchiven!"

Ewalt Zweyer

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