18. Juli 2023

Urheimat-Wanderung der Landler

Am Vorabend der gemeinsamen Wanderung, die schon zur Tradition geworden ist, trafen sich am Freitag, den 30. Juni, um 19.00 Uhr im Haus der Begegnung in Gosau mehrere Neppendorfer, Großauer und Großpolder Landler und Freunde, auch aus Österreich. Der Abend begann mit Begrüßungen, großer Wiedersehensfreude und viel Sympathie mit Blick auf die folgenden zwei Tage.
Gruppenfoto der Landler, die im Juli 2023 ihre ...
Gruppenfoto der Landler, die im Juli 2023 ihre Urheimat erwanderten. Foto: Martin Scheiber
Franz Lechner, ehemaliger Kurator in Gosau, Hobbyfotograf in seinem Heimatort und fleißiger Wanderer im schönen Gosautal, zeigte uns eine Diashow mit Bildern aus seiner Heimat sowie Bildern von Teilnehmern der vergangenen Wanderungen an markanten Plätzen der früheren Geheimprotestanten, untermalt mit ausgewählten biblischen Sprüchen. Auch Bilder vom imposanten Dachsteinkamm, dem großen und kleinen Gosausee, von anderen Seen, Wildtieren, Blumen am Wegrand u.v.m. waren zu sehen. Anschließend verbrachten wir den Abend gemeinsam. Die Freude war groß, als der/die eine oder andere noch ankam, denn viele kennen sich aus den vergangenen Jahren. Es gab schon viele dieser Wanderungen, die abwechselnd in Bad Goisern, Gosau, Hallstatt und Obertraun im Salzkammergut stattfanden. Aus der Gegend und diesen Orten stammen viele Urahnen der Neppendorfer und Großauer Landler. Die Großpolder sind zum Teil Kärntner Ursprungs, doch fühlen sie sich hier ebenso wohl, denn die alte Heimat hatten alle gemeinsam – Siebenbürgen. Sie verstanden sich in ihrem landlerischen Dialekt schon immer.

Am Samstagmorgen trafen sich ca. 80 Personen vor dem Vital Hotel in Gosau, das Ausgangspunkt der Wanderung auf den Spuren der Vorfahren war. Nachts hatte es geregnet, morgens hingen dicke, feuchte Nebelschwaden über dem Tal. Doch die Organisatorin Frau Grainecker und ihr Team vom Evangelischen Bildungswerk in Oberösterreich aus Linz waren deshalb nicht verlegen. Kurzerhand kamen zwei Traktoren mit Anhänger, ausgestattet für Touristen, und fuhren uns dem Ziel der Wanderung, der Zeishofalm, entgegen. Nach einer halben Stunde waren wir angekommen. Eine urige Hütte auf der Alm, wo Pferde, Kühe und Jungvieh weideten, bot uns Unterschlupf. Den Dachsteinkamm hatten wir immer im Blick.

Es wurde sehr gemütlich. Man erzählte und tauschte sich aus, das eine oder andere Bier oder Schiwasser wurde bestellt, bis das Mittagessen fertig war. Draußen lichtete sich der Nebel, die ersten spärlichen Sonnenstrahlen blitzten hervor, und so wurde beschlossen, dass alle zu Fuß den Weg ins Tal antreten. Nur die „Fußmaroden“ wurden wieder nach Gosau gefahren. In der Hütte und unterwegs sangen Kathi und Martin Scheiber Wander-, Hütten- und Almlieder in landlerischem Dialekt für uns alle.

Um 17.00 Uhr war in der evangelischen Kirche eine Andacht angesetzt. In den vergangenen Jahren fand diese Andacht irgendwo unterwegs im Gebirge statt, oft begleitet von Kuhglocken, Vogelgesang, Blumengeflüster oder auch Blasmusik. Pfarrerin Esther Eder begrüßte uns alle herzlich. „Großer Gott, wir loben dich“ und das Leitlied der evangelischen Vertriebenen, „Ein feste Burg ist unser Gott“ von Dr. Martin Luther, hier ganz besonders Strophe 3, wurden gesungen.
Die Gedenktafel am Altenheim in Gosau erinnert an ...
Die Gedenktafel am Altenheim in Gosau erinnert an die Glaubensheldin Brigitta Wallner. Foto: Georg Kramer
Dazwischen stellten uns ein Mädel und ein Junge (ca. zehnjährig) die Geschichte der Brigitta Wallner vor, eine Gosingerin, die zur Zeit des Geheimprotestantismus evangelisch geworden war. Sie schmuggelte Bibeln und Gebetsbücher aus Nürnberg nach Österreich in ihrem Korb auf dem Rücken neben Garn und Stoffen, eingebacken in Brot, das sie für die Wegzehrung brauchte. Sie war zu Fuß unterwegs und dieses viele Male. Sie wurde auch einige Male erwischt und für kurze Zeit eingesperrt. Doch kurz vor Weihnachten 1781 sandte der damalige Kaiser einen Gesandten ins Land und auch nach Gosau, um zu überprüfen, wo und wie viele Evangelische es dort gab. Nach der Frage, wer in Gosau evangelisch sei, meldete sich niemand, obwohl viele von ihnen im Herzen evangelisch waren. Alleine Brigitta Wallner stand auf und bezeugte ihren evangelischen Glauben öffentlich. Dies war die Geburtsstunde der evangelischen Gemeinde in Gosau. Brigitta war also eine Glaubensheldin. Nach ihr wurde 1924 das neu gebaute Altenheim in Gosau benannt und eine Gedenktafel angebracht.

Im Anschluss, nach einer Erfrischung und dem Abendessen, trafen wir uns alle wieder im Haus der Begegnung. Dort wartete schon eine fünfköpfige Schrammel, die für uns aufspielte. So mancher Walzer, Polka und Foxtrott wurde getanzt. Die gesellige und freundschaftliche Unterhaltung dauerte bis kurz nach Mitternacht.

Am nächsten Morgen waren wir zum Sonntagsgottesdienst in Gosau verabredet. Viele Teilnehmer der Urheimat-Wanderung waren gekommen. Gemeinsam mit den Einheimischen feierten wir einen Familiengottesdienst, in dem die Kinder, die ab Herbst in die 1. Klasse gehen, besonderes gefordert und im Mittelpunkt waren. Wir hörten eine andächtige Geschichte über einen Uhuvater und dessen besorgten Sohn, in der von Glaube – Hoffnung – Liebe die Rede war. Eingangs wurden wir als Gruppe herzlich begrüßt, vorgestellt und willkommen geheißen. Unsere Großpolder Martin und Kathi Scheiber sangen zwei wunderbare Lieder während des Gottesdienstes: „Der goldene Wanderstab“ (der Glaube also) und „Ein Jodler als Gebet“ ließen aufhorchen und wieder im Glauben andächtig werden.

Wir haben uns alle sehr wohl gefühlt die ganze Zeit, doch der Abschied nahte. Diese sehr gut organisierten Tage, diese menschliche Wärme, die wir jedes Mal im Salzkammergut spüren dürfen, geben uns viel Kraft und Freude auf das nächste Treffen – so Gott will und wir leben im nächsten Jahr am ersten Juliwochenende in Bad Goisern am Hallstätter See. Herzlichen Dank an das Organisationsteam und an alle Beteiligten, ebenso an alle unsere Landler und Freunde, die zum Teil von weither angereist sind.

Georg Kramer

Schlagwörter: Landler, Wanderung, Salzkammergut

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