3. November 2010

Die Solidargemeinschaft lebt

Das Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen mit Sitz in München nimmt lebenswichtige Aufgaben für alle Landsleute wahr. Die soziale Einrichtung des Verbandes der Siebenbürger Sachsen hilft in Not geratenen Landsleuten, ist aber auf die Solidarität aller angewiesen. Erfreulicherweise ist die Solidargemeinschaft unter den Siebenbürger Sachsen nach Ansicht von Peter Pastior, Vorsitzender des Sozialwerks, noch sehr lebendig. Die Hintergründe des hervorragenden sozialen Einsatzes erläutert er in einem Gespräch mit Siegbert Bruss.
Beim Sachsentreffen am 18. September 2010 in Bistritz wurden Sie mit der Honterus-Medaille gewürdigt. Diese Auszeichnung bedeutet eine Anerkennung für die gesamte Tätigkeit des Sozialwerks, wie Sie in Ihrer Dankesrede sagten. Welche Gedanken und Ziele lagen dem Sozialwerk zugrunde, als es 1949 gegründet wurde?

Das Sozialwerk wurde in seiner ersten Form schon 1949 als Sozialreferat der damals gegründeten Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland von meinem Amtsvorgänger Willi Schiel ins Leben gerufen. Die Aufgaben des Sozialreferates und nachträglichen Sozialwerks waren von der ersten Stunde an, unsere in Siebenbürgen lebenden bedürftigen Landsleute zu unterstützen und ihnen zu helfen, über die vielen Schwierigkeiten des täglichen Lebens in Rumänien hinweg zu kommen. Trotz der Versuche der damaligen kommunistischen Regierungen in Rumänien, das Sozialwerk als Hilfsorganisation nicht anzuerkennen, ist es uns immer wieder gelungen, wirksam in Siebenbürgen zu helfen. Ob als Paketsendungen über verschiedene Versandfirmen, ob als Hochwasserhilfen bei Überschwemmungen oder als Paketversand „von privat an privat“ – es wurde geholfen, wo und wie man nur konnte.
„Gott erhalte Spender und Spende!“– quittieren ...
„Gott erhalte Spender und Spende!“– quittieren unsere Senioren die materiellen Hilfen des Sozialwerks, die über die Saxonia-Stiftung verteilt werden. Foto: Ludwig Dudas
Rumänien ist seit drei Jahren Mitglied der Europäischen Union. Ist es nötig, die Landsleute in Siebenbürgen weiterhin zu unterstützen?

Nach dem politischen Umbruch in Rumänien 1989 konnte das Sozialwerk unseren Landsleuten in Siebenbürgen viel effektiver helfen. Wir konnten das tun, ohne ständig an verschiedene Einschränkungen bei den Empfängern denken zu müssen. Durch die Gründung des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen und der Saxonia-Stiftung in Hermannstadt bzw. in Kronstadt als Mittlerorganisation für die Verteilung von Hilfsgütern in Siebenbürgen konnte das Sozialwerk seine Hilfen jetzt verstärkt und zielorientierter durchführen.

Trotz des Beitritts Rumäniens zur Europäischen Union im Januar 2007 hat die Anzahl der betreuungswürdigen Landsleute in Siebenbürgen nicht abgenommen. Im Gegenteil: Die Hinwendung Rumäniens zur Marktwirtschaft und die hohe Teuerungsrate führen zu sozialen Härten, die vor allem Rentner und Kranke, aber auch öfters ganz junge Menschen treffen. Viele unserer Landsleute müssen mit einem kleinen Einkommen leben und fallen unter die Armutsgrenze. Um so stärker ist der Einsatz unseres Sozialwerks gefragt. Als soziale Einrichtung des Verbandes der Siebenbürger Sachsen wollen wir unseren humanitären Aufgaben auch in den kommenden Jahren, wenn möglich, im gewohnten Umfange nachkommen.

Peter Pastior dankt für die Verleihung der ...
Peter Pastior dankt für die Verleihung der Honterus-Medaille. Foto: Hans-Werner Schuster
Wie versucht das Sozialwerk konkret, die Not der Siebenbürger Sachsen in der alten Heimat zu lindern?

Die vorrangigste und wichtigste Hilfe, die das Sozialwerk in der alten Heimat leistet, ist natürlich die „Einzelhilfe“ an die Bedürftigen. Dafür wurden im laufenden Jahr bis Ende September etwa 88000 Euro ausgegeben. Es handelt sich vor allem um Geldhilfen (25 Euro pro Einzelhilfe) für besonders bedürftige Landsleute, zudem um Medikamente und andere medizinische Hilfen für Schwerkranke in Siebenbürgen. Für das vierte Quartal dieses Jahres und die Vorweihnachtszeit sind nochmals Einzelhilfen von wenigstens 30000 Euro geplant. Das Sozialwerk wird bis Jahresende insgesamt über 4000 Einzelbetreuungen durchführen.

Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Hilfen für Altenheime, vor allem für jenes in Schweischer, wo bauliche Renovierungsarbeiten und die Installation einer Solaranlage für die Warmwasserbereitung mitfinanziert wurden. Aber auch die Heime in Kronstadt-Blumenau, Hermannstadt und die Pflegestation in Schäßburg werden vom Sozialwerk mehrfach unterstützt.

Welche Mittel stehen für diese Aufgaben zur Verfügung?

Die gesamte Tätigkeit des Sozialwerks wird über Spenden finanziert. Bis Ende September 2010 hat das Sozialwerk ein Spendenaufkommen von nur 26000 Euro aus dem privaten Bereich verzeichnet, 2009 waren es in der gleichen Zeitspanne 33000 Euro. Hinzu kommen ein verbandsintern festgelegter Anteil aus den Mitgliedsbeiträgen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen sowie Spenden der Hamburg-Mannheimer-Versicherten in Höhe von etwa 36000 Euro. Insgesamt liegen die Einnahmen von Januar bis Ende September 2010 bei nur knapp 62000 Euro, gegenüber 71000 Euro im Vorjahr. Link zum Video Verleihung der Honterus-Medaille an Peter Pastior beim 20. Sachsentreffen in Bistritz (ab Minute 29:50) Bekanntlich ist das Sozialwerk auch Mittler von sozialen Hilfen des Bundesministeriums des Inneren (BMI) nach Siebenbürgen. Lediglich zum Vergleich mit den vom Sozialwerk aufgewendeten Eigenmitteln sei hier der Zuwendungsbetrag genannt, der bisher in diesem Jahr, ebenfalls bis Ende September, als Geldhilfen des BMI über das Sozialwerk ins Siedlungsgebiet geflossen ist: gerade mal 18000 Euro. Es ist also nicht nur so, dass das Sozialwerk einem Mehr an Armut, Verlassenheit und menschlicher Not in Siebenbürgen entgegenzuwirken hat, sondern dass es auch versuchen muss, wenigstens zum Teil die Lücken zu schließen, die sich immer mehr in der Förderung durch die öffentliche Hand auftun.

Wäre es sinnvoll, dass Siebenbürger Sachsen unser Sozialwerk mit Erbschaften bedenken?

Aus den erwähnten Zahlenbeispielen geht klar hervor, dass das Sozialwerk mehr Hilfen nach Siebenbürgen leistet, als es zurzeit an Spendeneinnahmen verzeichnet. Diese Mehrleistungen können nur aus geringfügigen Reserven des Sozialwerks aufgefangen werden. Diese Reserven sind auch dank einiger Erbschaften von verstorbenen Landsleuten möglich. Die privaten Spenden nehmen ebenso wie die öffentlichen Mittel ab, was dazu führt, dass die Reservemittel aufgebraucht werden. Das Sozialwerk ist daher immer sehr dankbar für Initiativen von Landsleuten, die uns mit Erbschaften unterstützen.

Dr. Christoph Bergner, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, sagte in seiner Laudatio bei der Verleihung der Honterus-Medaille, dass das Sozialwerk ein hohes Ansehen beim Bundesinnenministerium und dem Bundesverwaltungsamt genießt. Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit diesen deutschen Behörden?

Neben den vielen Spenden unserer Landsleute müssen auch die hohen Zuwendungen der Bundesregierung über das Bundesministerium des Innern und das Bundesverwaltungsamt hervorgehoben werden. Dank all dieser Mittel konnte das Sozialwerk von 1990 bis heute seine Hilfen nach Siebenbürgen leisten. Ebenfalls mit Hilfe des Bundesministeriums des Inneren und des Sozialwerks konnte die Honterus-Druckerei in Hermannstadt, als ein außergewöhnliches Projekt für die deutsche Minderheit in Rumänien, geschaffen werden.

Der guten Zusammenarbeit mit den bundesdeutschen Behörden messen wir eine hohe Bedeutung bei. Erst dieses vertrauenswürdige Miteinander bei der Antragstellung, Zuwendung und Abrechnung ermöglicht es uns, den Landsleuten in Siebenbürgen reibungslos zu helfen.

Wie arbeiten Sie mit den sächsischen Einrichtungen in Siebenbürgen zusammen?

Die Hilfsmaßnahmen sind nur deshalb so erfolgreich, weil das Sozialwerk mit der Evangelischen Kirche in Siebenbürgen, dem Demokratischen Forum der Deutschen in Siebenbürgen und der Saxonia-Stiftung sehr gut zusammenarbeitet. Das Forum und die Kirchengemeinden erfassen vor Ort, welche Landsleute bedürftig sind. Diese Erhebungen bilden die Grundlage für uns, um flächendeckend und gezielt zu helfen. Diese Hilfe kommt wiederum durch die hervorragende Zusammenarbeit mit der Saxonia-Stiftung in Kronstadt, unserer Mittlerorganisation, den einzelnen Bedürftigen zugute.

Wie kommt die Hilfe des Sozialwerks bei den Landsleuten in Siebenbürgen an?

Aus den Reaktionen und unzähligen Schreiben der Betreuten kommt der tief empfundene Dank der Bedürftigen zum Ausdruck. Ich zitiere aus den Schreiben von drei alten Siebenbürger Sächsinnen: „Wir haben die Geldspende mit Freude erhalten und danken hiermit dem Sozialwerk, also allen Spendern und jenen, die das Zustandekommen der Hilfen ermöglicht haben. Die Geldspende sehen wir nicht nur als materielle, sondern auch als eine geistige und moralische Hilfe für uns alle.“

Welche Möglichkeiten gibt es, Siebenbürger Sachsen in Deutschland zu helfen, die unverschuldet in Not geraten sind?

Es gibt minderbemittelte Landsleute auch in Deutschland. Das ist eine Tatsache, der das Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen Rechnung tragen muss. Einerseits dürfen wir aber nicht materiell in die bestehenden Regelungen der Sozialgesetzgebung in Deutschland eingreifen, andererseits würden die Mittel des Sozialwerks für solche Hilfen niemals ausreichen. Dessen ungeachtet hat das Sozialwerk in seiner Satzung die Möglichkeit offen gelassen, in besonderen Fällen Mitglieder des Verbandes, die unverschuldet in Not geraten, mit einer einmaligen Hilfe zu bedenken. In diese Kategorie gehören vereinzelte Sachleistungen, die an minderbemittelte Landsleute vergeben werden.

Der Aussiedlerbeauftragte Dr. Christoph Bergner hob in seiner Laudatio die Solidargemeinschaft unter den Siebenbürger Sachsen hervor, die Ihr Leben persönlich geprägt hat und zugleich ein wichtiger Baustein des Sozialwerks ist. Wie lebendig ist heute diese Solidargemeinschaft?

Die Solidargemeinschaft unter unseren Landsleuten ist nach wie vor ungebrochen. Dies merken wir vor allem in der Spendenbereitschaft unserer Landsleute in Deutschland, Österreich, aber auch in Kanada und den USA.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen allen, unseren Mitgliedern und Landsleuten für Ihre bewundernswerte Treue zur alten Heimat und zu ihren Menschen danken. Ihre Spenden helfen uns zu helfen, und das wollen wir auch zukünftig tun. Wir hoffen nach wie vor auf Ihre Unterstützung.

Für Spenden ist der Siebenbürgischen Zeitung, Folge 17 vom 31. Oktober 2010 (für die Leser in Deutschland) ein entsprechender Überweisungsträger beigelegt. Die Bankverbindung für Überweisungen innerhalb Deutschlands lautet:

Sonderkonto Altenhilfe
Kontonummer 907133300
Stadtsparkasse München
BLZ 701 500 00

Für Spenden aus dem Ausland:
IBAN: DE38701500000907133300
SWIFT-BIC: SSKMDEMM

Schlagwörter: Verbandspolitik, Sozialwerk, Soziales

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