24. Februar 2021

Ein Leben der Musik gewidmet: Michael Hartig gestorben

Michael Hartig, Ehrendirigent des Blasorchesters Siebenbürgen-­Drabenderhöhe, ist tot. Er starb am 4. Februar im Alter von 90 Jahren. Hartig war 1965 Mitbegründer der Trachtenkapelle und von 1974 bis 1992 deren musikalischer Leiter. Ihm sei es größtenteils zu verdanken, dass es das Orchester in seiner heutigen Form in Drabenderhöhe überhaupt gibt, hieß es, als sich das Urgestein nach 53 Jahren 2018 aus den Reihen der Aktiven verabschiedete. Er galt als unverzichtbarer Ratgeber und väterlicher Freund.
Michael Hartig in Drabenderhöhe. Die Aufnahme ...
Michael Hartig in Drabenderhöhe. Die Aufnahme entstand für die 75-Jahr-Gedenkfeier seit Evakuierung der Nordsiebenbürger Sachsen, 2019. Foto: Christian Melzer
Im November 2012 zeichnete der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland Hartig für seine außergewöhnlichen Verdienste um die Pflege des siebenbürgisch-sächsischen Kulturguts und für seine Bemühungen zur Integration in Drabenderhöhe mit dem Verdienstabzeichen „Pro Meritis“ aus. Bereits als l7-Jähriger trat er in die Siebenbürger Blaskapelle Saxonia in Salzburg ein, gründete 1950 die Botscher Blaskapelle in Anthering, deren Dirigent er von 1951 bis 1957 war. Danach übersiedelte er nach Deutschland, übernahm den Dirigentenstab der Kapelle in Herten-Langenbochum, bis er 1965 nach Drabenderhöhe zog.

Er war Vorstandsmitglied der Kreisgruppe und des Adele-Zay-Vereins, Nachbarvater, Ortsvorsteher, Mitglied der Kreissynode und des Presbyteriums sowie Gründungsmitglied und Vorsitzender der Diakonie-Sozialstation Wiehl. Bevor er von 1980 bis 1993 Leiter des Drabenderhöher Altenheims war, arbeitete Hartig als Ingenieur unter anderem in Tansania, Kenia und Libyen.

Die Verbindung zu Botsch, seinem siebenbürgischen Geburtsort, den er als 14-Jähriger im Rahmen der Evakuierung mit dem großen Treck verlassen musste, gab der Verstorbene nie auf. Er organisierte Heimatorttreffen und kümmerte sich um die Renovierung der Botscher Kirche. Mit seinen Büchern im Botscher Dialekt, „Asu kuise mer“(So reden wir) und dem „Biutscher Wiurterbauk“ (Botscher Wörterbuch), setzte er sich für den Erhalt der heimatlichen Mundart ein. Link zum Video „Heimat“ heißt ein Lied, dessen Text und Melodie aus der Feder von Michael Hartig stammen und das 2012 vom damaligen Dirigenten Johann Salmen zu einer Art Hymne arrangiert und seitdem oft gesungen und gespielt wurde. Mit „Drabenderhöhe im Oberbergischen Land, bei den Siebenbürger Sachsen bist du weltbekannt. Hier ist unsere Heimat, wir sind wieder daheim. Es ist so wunderbar Drabenderhöher zu sein“ zeigte der Verstorbene, wie eng er sich mit diesem Ort und seinen Bewohnern verbunden fühlte.

Ursula Schenker

Würdigung aus Sicht des Blasorchesters

Am 4. Februar verstarb unser langjähriger Flügelhornist und Ehrenkapellmeister Michael (Misch) Hartig. Mit ihm starb nicht nur einer der Gründer des heutigen Blasorchesters, sondern auch ein Eckpfeiler unserer Gemeinschaft, der in seiner unaufdringlichen, verlässlichen Art für die Entstehung und das Geschick unseres Vereins gewirkt hat. Die Verbindung zu Siebenbürgen und seinem Geburtsort Botsch hat der 1930 Geborene nie aufgegeben: Er kümmerte sich um die Renovierung der Botscher Kirche und war selbstverständlich dabei, als die Kirche von Bischof Dr. Christoph Klein wieder eingeweiht wurde. Mit seinen Büchern über den Botscher Dialekt, „Asu kuise mer“ (So reden wir) und dem „Biutscher Wiurterbauk“ (Botscher Wörterbuch), machte Hartig sich für den Erhalt der heimatlichen Mundart stark.

Sein musikalischer Werdegang war ebenso vielfältig wie seine Persönlichkeit: Misch war 14 Jahre alt, als er mit dem großen Treck 1944 von Siebenbürgen nach Österreich flüchtete. Die musikalische Ausbildung begann bereits im Herbst 1945 und Ende des Jahres 1947 trat er als junger Mann in die erste nach dem Krieg gegründete Siebenbürger Blaskapelle Saxonia in Salzburg ein.

Er war 1950 Gründungsmitglied bei der neu gegründeten Botscher Blaskapelle in Anthering und ab 1951 bis zur Übersiedelung nach Deutschland deren Kapellmeister. 1957 wurde er erst Mitglied und dann Kapellmeister der Siebenbürger Stammkapelle in Herten-Langenbochum, wo er bis zu seiner Übersiedlung nach Drabenderhöhe 1965 aktiv war.

Er gehörte zu jener Gruppe, die noch in demselben Jahr eine Kapelle in Drabenderhöhe gründete – die ­Siebenbürger Trachtenkapelle Drabenderhöhe, das heutige Blasorchester Siebenbürgen-Drabenderhöhe. Ihm ist es also zu großen Teilen zu verdanken, dass es uns als Orchester in unserer heutigen Form in Drabenderhöhe überhaupt gibt. Von 1974 bis 1992 leitete er die Bande Musiker als Kapellmeister und war unter ­anderem mit ihnen auf einer längeren Konzertreise in die USA und Kanada.

Mit seinem Rückzug als Frontmann des Orchesters wurde Misch zum Ehrenkapellmeister ernannt und blieb dem Orchester als Musiker treu. Im Laufe seiner Zeit als Musiker in unserem Verein hatte Michael Hartig stets Ideen, wie er den Verein unterstützen könnte. „Anwandlungen“ nannte Jürgen Poschner diese Ideen in seiner Rede, die er anlässlich der Verleihung des Pro-Meritis-Verdienstabzeichens an Michael Hartig 2012 hielt. So plante er mal den Umbau unseres Probenraumes, mal kramte er in seinen Erinnerungen und grub uralte, in Vergessenheit geratene Musikstücke wieder aus, um uns zu veranlassen, sie wieder einmal aufzulegen. Ein anderes Mal schrieb er ein Buch und komponierte ein Musikstück. Dieses einfache Notenblatt hat es heute in das feste Jahresprogramm des ­Orchesters geschafft. Zunächst von Johann Salmen 2012 für Blasorchester gesetzt, wurde es von Michael Schumachers 2016 neu arrangiert und gilt heute als DAS Zeichen der Identifikation der Siebenbürger Sachsen mit Drabenderhöhe. Denn das ist es, was auch Misch Hartig und seine Familie hier gefunden haben – Heimat!

Bis 2018 war Misch Hartig ein aktiver Musiker in unserem Orchester und galt als unverzichtbarer Ratgeber. Neben seiner Liebe zur Musik lag ihm das Kulturgut der Siebenbürger Sachsen am Herzen und er setzte sich für deren Pflege und den Aufbau der Drabenderhöher Siedlung ein.

Für seinen lebenslangen unermüdlichen Einsatz und sein vielfältiges tatkräftiges Wirken zollen wir ihm und seiner Familie Dank, verbunden mit einem unauslöschlichen ehrenden Platz in den Erinnerungen unserer Musiker.

Stephanie Schoger

Schlagwörter: Nachruf, Musiker, Drabenderhöhe, Blasmusik, Altenheim, Nordsiebenbürgen, Botsch

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