12. Februar 2023

"Schaasen-Hans" wird 90: Reichesdorfer gratulieren ihrem Kurator Johann Schaas

Johann (Hans) Schaas, Reichesdorfer Kurator, ist bekannt aus Funk und Fernsehen, beliebt als Gesprächspartner bei rumänischen und ausländischen Reportern, bekannt aus vielen YouTube-Videos, wo er unsere siebenbürgische Kultur der Welt erklärt, und bekannt vielen Touristen aus der ganzen Welt für seine originellen Führungen durch die Reichesdorfer Kirche, wo er seinen „Grünen Mann“ präsentierte.
Hans Schaas, Kurator in Reichesdorf, wird 90 ...
Hans Schaas, Kurator in Reichesdorf, wird 90
Er blieb auch 30 Jahre nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems seiner Heimat treu. Er und seine Ehefrau Johanna (Hanni) sind die letzten und einzigen Reichesdorfer Sachsen im Dorf geblieben. Kurz nach der Abwanderung seiner Landsleute wurde er auch Kurator.

Johann Schaas feiert am 12. Februar seinen 90. Geburtstag. Besser bekannt bei uns Reichsdorfern als „Schaasen-Hans“ bei den Älteren, die etwas Jüngeren fügen noch „Onkel“ hintendran. (In Reichesdorf sagten wir zu jedem Onkel, ob verwandt oder nicht.) Also werde ich dich wie damals vor knapp 40 Jahren auch mit „Lieber Schaasen-Hansonkel“ ansprechen.

Zu der Zeit, als du das Licht der Welt erblicktest, war die Welt in Reichesdorf noch in Ordnung. Der Krieg kam – und deine Welt geriet ins Wanken. Aber noch schlimmer sollte es danach werden, als du ansehen musstest, was deiner Familie, ja dem ganzen Dorf angetan wurde. Die Enteignung, ein weiterer Akt der Barbarei, sollte folgen und danach noch die Deportation deiner/unserer Landsleute. Viele Jahre der Hölle musstest du erfahren in deinem Elternhaus von den ungeliebten Mietern: Schreie, Beschimpfungen, Erniedrigungen und Prügel haben dich noch stärker und härter gemacht.

1961 hast du deine Ehefrau Johanna „Hanni“, geborene Kloos, geheiratet. Es folgten die Geburten deiner Kinder Grete und Hans-Peter, und aus deinen Erzählungen weiß ich, wie stolz du auf sie bist. Jetzt sitze ich am Rechner und will etwas über deinen beruflichen Werdegang schreiben. Was für einen Beruf hattest du eigentlich? Ich kenne dich als Universalgenie, für deine beruflichen Qualitäten als Zimmermann, Wagner, Eisenbieger geschätzt. Abends warst du dann noch Musiker (Adjuvant), Bastler, ja auch Erfinder – ich denke an das von dir berechnete und gebaute Windrad.

Als ich letztes Jahr in Reichesdorf war und mir gesagt wurde, du könntest mich nicht empfangen, weil du mit Corona in Quarantäne warst, machte mich das sehr traurig. Ich besuchte wie jedes Mal den Friedhof, blieb an vielen Gräbern stehen. Die Namen auf den Grabsteinen lesend, erschien mir ein Bild vor Augen. Ich erinnerte mich und sah in das Antlitz dieser Leute. Da wurde mir bewusst, wie viele Menschen ich gekannt habe. Die Mehrheit dieser Menschen hast du auf ihrem letzten Gang als Adjuvant begleitet, so wie es Sitte und Brauch war.

Vor über 30 Jahren verließen annähernd alle Reichesdorfer Sachsen ihr Heimatdorf. Ich kann dir versichern: Keiner von uns hat die alte Heimat je vergessen. Nach dem Fall der kommunistischen Diktatur war auch das Vertrauen weg in ein weiteres Leben, eine bessere Zukunft in Reichesdorf. Die Jugend sah kein Weiterkommen mehr, keine Perspektiven, beruflich wie auch privat. Auch wollten sie den sicheren und leichteren Weg gehen. Die Eltern folgten ihnen und nach kurzer Zeit war das Dorf leer.

Du, Hansonkel, bist mit Hannitant geblieben. Ihr habt eure Zukunft in Reichesdorf gesehen. Ich kann mir gut vorstellen, wie ihr euch gefühlt habt, als innerhalb kürzester Zeit alle Verwandten, Freunde, Nachbarn weg waren.

Du hast Reichesdorf und unsere Kirche in der ganzen Welt bekannt gemacht. Hast geworben für die Restaurierung der Kirche und der Orgel. Hast den „Reichesdorfer Grünen Mann“ in unserer Kirche gefunden und bekannt gemacht. Du hast als erster diese „Fratzen-Gesichter“ in unserer Kirche entdeckt. Mit viel Geduld hast du sie mir gezeigt, in all den vielen Jahren, seit die Kirche steht, hat sie keiner wahrgenommen – aber sie sind wirklich da.

Tausenden von Besuchern, Touristen hast du unser Reichesdorfer Sachsentum, unsere Bräuche und Kultur näher gebracht. Hast ihnen erklärt, wie man in Reichesdorf lebte trotz aller Unannehmlichkeiten, aller Schikanen – dass man aber gerne hier lebte. Das Schicksal jener Zeit, „Umbruch und Aufbruch“ haben zum Exodus deiner Landsleute geführt.

Unzählige Videos mit dir habe ich mir auf YouTube oder Arte angeschaut. Unermüdlich erzählst du Geschichten aus unserem Reichesdorf und von den Siebenbürgen Sachsen.

Vor allem hast du an der Zukunft Reichesdorfs gearbeitet. Dir haben wir zu verdanken, dass unser kleines Dorf mitten im Weinland eines der bekanntesten Dörfer Siebenbürgens ist. Du hast die Hoffnung nie aufgegeben, dass alle sächsischen Häuser und Höfe renoviert werden würden. Heute ist Reichesdorf das multikulturellste Dorf in Siebenbürgen. Letztes Jahr habe ich erfahren, dass zurzeit 13 Nationalitäten hier beheimatet sind.

Wir Reichesdorfer wünschen dir zu deinem Ehrentag alles, alles Gute und die beste Gesundheit. Ich wünsche mir und dir noch viele schöne und lehrreiche Gespräche. Möge der liebe Gott dir gnädig sein, gebe er dir die nötige Gelassenheit, Zufriedenheit und noch viele schöne, sonnige Tage.

Heinrich Maiterth, HOG Reichesdorf

Schlagwörter: Verbandsleben, Reichesdorf, Kurator

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  • 12.02.2023, 19:33 Uhr von sibisax: Gibt es noch einen Mann seines Schlages im Sachsenland? Ich glaube nicht.Dieser Mann ohne ... [weiter]

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