10. August 2007

Nachruf auf den Künstler und Fotografen Stefan Orendt

Siebenbürgen hat einen Künstler verloren, der das Land in seiner Vielfalt bleibend porträtiert hat: Stefan Orendt, Kunstwissenschaftler und Fotograf, starb am 17. Juli 2007 in Berlin. Orendt, 1949 in Berlin geboren, hatte seine familiären Wurzeln in Siebenbürgen, sein Vater stamm­te aus Hermannstadt. Bei seinen Aufenthalten in Rumänien entstanden die Fotografien des Karpatenlandes, die Orendt in verschiedenen Ausstellungen präsentierte.
„In Stefan Orendts Bildern vereint sich seine Identifikation als Siebenbürger Sachse mit dem kühlen, scharfen Blick des in Berlin lebenden Nachkommen einer Siebenbürger Familie – eine spannungsvolle Konstellation und ein bi­zar­­rer Spiegel für das Verstehen der Fas­zi­nation Siebenbürgens“, schreibt Hermann Fabi­ni in dem Vorwort zu Orendts 2005 erschienenem Bildband „In Siebenbürgen – portrait fragmentaire“.

Von 1970 bis 1974 studierte Orendt Kultur­theorie und Ästhetik an der Humboldt-Univer­sität zu Berlin. Danach arbeitete er einige Jahre als Lektor bei verschiedenen Verlagen sowie als Leiter der „Galerie Sophienstraße 8“ in Berlin-Lichtenberg. Orendt wurde Mitglied im Verband Bildender Künstler und in der Deutschen Gesellschaft für Fotografie. Seit 2003 war er als Cheflektor der Literatur-Agentur Axel Poldner Media tätig. 2004 und 2005 hielt er sich insgesamt vier Mal in Rumänien auf, wobei er Siebenbürgen und seine Menschen fotografierte. Im Mai und Juni 2005 waren seine Bilder in einer Ausstellung in der Evangelischen Stadt­pfarrkirche in Hermannstadt zu sehen. 2005 erschien im Monumenta Verlag Hermannstadt auch der Bildband mit dem Namen „In Sie­benbürgen – portrait fragmentaire“, in dem Aufnahmen aus Malmkrog, Sächsisch-Neudorf, Kirchberg sowie Hermannstadt und Mediasch zu finden sind.

Der Künstler und Fotograf Stefan Orendt (1949 ...
Der Künstler und Fotograf Stefan Orendt (1949-2007)
„In den Fotografien Stefan Orendts, des Ber­liners mit Hermannstädter ‚background’, spürt man, hier setzt sich jemand auf originäre und originelle Weise mit seinen Wurzeln auseinander, den Wurzeln im Herzen, im Kopf, im Blick“, stellte Dr. Anneli Ute Gabanyi am 12. Juli in ihrer Einführungsrede auf der Vernissage zu Orendts Ausstellung „Hermannstadt Lebendig seit 1191“ fest. Die Schau ist bis zum 17. August 2007 im Berliner Bezirksamt Fried­richshain-Kreuzberg, in der alten Feuerwache, zu sehen. „Stefan Orendt nähert sich der Stadt nicht als Tourist, aber auch nicht als nostalgischer Chronist. In der Auswahl seiner Sujets wie auch in der Art ihrer künstlerischen Darstellung setzt er eigene Akzente, legt persönliche Maßstäbe an. Auch in seiner Fotoserie leuchtet wie eh und je die Bergkulisse der Fogarascher mit den schneebedeckten Kuppen des Negoi, des Surul und des Bulea. Auch die Stadtkulisse steht auf den ersten Blick unverändert da, auf den zweiten Blick aber wirkt sie, da völlig menschenleer, seltsam verfremdet. Phan­tastisch die Licht­effekte, vor der fahl erleuchteten Stadt­pfarr­kirche wirft die Gestalt des Denkmals von Bi­schof Georg Daniel Teutsch lange Schatten. Dennoch ist nichts geschönt – hinter den restaurierten Häuser­fassaden gibt ein Foto den Blick frei auf die vormoderne Welt der Innenhöfe.

Wichtig sind für Stefan Orendt aber vor allem die Menschen der Stadt. Vor unseren Augen entsteht das Bild zweier paralleler Welten in ein und derselben Stadt. Auf der einen Seite das pralle Leben vorwiegend junger Zigeuner, eine exotische junge Welt aus prahlerischer Pracht und armseligem Plunder, falschem Glanz und Glitzer, ein Gemisch aus traditionellem und modernem Lebensstil. Auf der anderen Seite das Universum der noch in der Stadt verbliebenen Siebenbürger Sachsen; bis auf die Trachtentanzgruppe sind sie im gesetzten Alter und wirken wie gefangen in ihrem gediegen-bürgerlichen Ambiente. Anonyme Gesichter, aber auch Prominenz auf beiden Seiten: hier Romakönig Cioabă, dort Bürgermeister Johan­nis und Bischof Klein, dazu aus Deutschland Ex-Innenminister Schily.“

Das Bemerkenswerte seien seine Porträts. „Dies sind keine eiligen Schnappschüsse mit dem Teleobjektiv“, so Dr. Gabanyi weiter. „Die Modelle posieren bewusst für den Fotografen vor sorgfältig ausgesuchten symbolischen Kulis­sen, gestaltet in wunderbar suggestiver Farbge­bung, mit exquisiten Lichteffekten. Bei manchen Aufnahmen fällt es schwer, keine Pa­rallelen zu Werken der Malerei zu ziehen, von Erich Heckel, La Tour bis zu - immer wieder – Gauguin…“

sos



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Schlagwörter: Fotografie, Nachruf

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