8. Juni 2009

Wie Kirchen und Kirchenburgen in Siebenbürgen verwaltet werden

Seit Jahresanfang hat die Evangelische Kirche in Hermannstadt mit Dr. Stefan Cosoroabă einen Projektmanager. Angesiedelt ist die neugeschaffene Stelle beim Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche A.B. Der ehemalige Stadtpfarrer von Heltau und frühere Dechant des Kirchenbezirks Hermannstadt hält weiterhin Gottesdienste in Michelsberg und unterrichtet an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Lucian-Blaga-Universität. Mit Dr. Cosoroabă sprach Holger Wermke.
Herr Dr. Cosoroabă, weshalb wurde die Stelle des Projektmanagers eingerichtet? Im Laufe der Zeit wurde deutlich, dass viele Tätigkeiten keinen langfristigen Charakter mehr haben können. Die Kirchen haben deshalb in den vergangenen Jahren begonnen, projektmäßig zu arbeiten und zu organisieren. Bei der Einwerbung von Spenden lässt sich Ähnliches beobachten. Man kann heute nicht mehr mit langfristigen Spendern rechnen. Deshalb gewinnt auch in dieser Hinsicht projektorientierte Arbeit an Bedeutung. Nicht zuletzt legt das System der EU-Förderung eine projektmäßige Organisation von notwendigen Tätigkeiten nahe.

Gab es einen konkreten Anlass für diese Entscheidung?

Ja, eigentlich waren zwei Dinge ausschlaggebend: Zum einen will das Landeskonsistorium den Wiederaufbau der Bistritzer Stadtpfarrkirche begleiten. Dies ist ein großes Unterfangen, das in mehreren Teilprojekten durchgeführt werden wird. Zum anderen hat die Leitstelle Kirchenburgen im vergangenen Jahr einen EU-Projektantrag ausgearbeitet, der die Sanierung und touristische Nutzung von 18 Kirchenburgen vorsieht. Nachdem dieser Antrag im vergangenen Dezember bei der Regionalen Entwicklungsagentur in Karlsburg eingereicht worden war, liegt die Fortführung des Projektes nun in den Händen des Landeskonsistoriums. Um diese Vorhaben professionell umzusetzen, war es erforderlich, das notwendige Know-how und die personellen Ressourcen zu schaffen.

Projektmanager Dr. Stefan Cosoroabă vor ...
Projektmanager Dr. Stefan Cosoroabă vor seinem Dienstsitz im Landeskonsistorium am Großen Ring. Foto: Holger Wermke
Was bewog Sie, sich um diese Stelle zu bewerben?

Nach zwölf Jahren als Stadtpfarrer in Heltau hat mich eine neue Aufgabe gereizt. Hinzu kommt, dass ich bereits Erfahrungen bei der Durchführung von Projekten gesammelt habe. So haben wir in Heltau 2007 das Projekt „Lebendige Kirchenburg“ organisiert, in dessen Rahmen die Heltauer Kirchenburg im Kulturhauptstadtjahr zu einem Ort des Lebens und der Kunst wurde. Ich habe in dieser Zeit viel mit staatlichen Stellen und privaten Förderern zusammengearbeitet. An der theologischen Fakultät habe ich außerdem jahrelang Kurse über Non-Profit-Management gehalten, in die diese Erfahrungen eingeflossen sind.

Was genau wird Ihre Aufgabe als Projektmanager sein?

Bei meiner Arbeit geht es in erster Linie darum, die projektbezogenen Aktivitäten der Landeskirche, der Kirchenbezirke und der Kirchengemeinden zu unterstützen. Viele Anfragen kommen wegen Bauprojekten, aber es geht um die ganze Bandbreite von Projektentwicklung: Kultur, Tourismus, Gemeindeaufbau, Organisationsanalyse, Wirtschaft und anderes mehr. Es wird immer wieder deutlich, dass Kirchenmitarbeiter mit der Entwicklung und Durchführung von Projekten überfordert sind, allein schon weil das Tagesgeschäft sehr zeitaufwändig ist. Viel Arbeit ist dadurch in der Vergangenheit liegen geblieben. Außerdem werde ich im Auftrag des Landeskonsistoriums unterwegs sein, um über unsere Arbeit, Fördermöglichkeiten der EU oder des Kulturministeriums zu informieren.

Wie können Sie Kirchenmitarbeiter und Gemeindemitglieder unterstützen?

Ich bin offen für alle Anfragen. Die einen wollen lediglich ihre Idee durchsprechen und von mir eine konstruktive Meinung hören. Bei anderen darf ich Verträge durchsehen und Risiken abwägen. Daneben versuche ich, nützliche Kontakte herzustellen, ich helfe bei der konzeptionellen Ausarbeitung von Projekten oder unterstütze bei der Formulierung von Finanzierungsanträgen. Welche Projekte stehen in diesem Jahr an?

Die beiden wichtigsten Projekte sind der Wiederaufbau der brandgeschädigten Stadtpfarrkirche in Bistritz sowie das Kirchenburgenprojekt. Daneben gibt es ein Projekt namens „Türme des Himmels“, das vom Hermannstädter Kirchenbezirk anlässlich des Unesco-Jahres der Astronomie durchgeführt werden soll. Mit verschiedenen Aktionen in mehreren Kirchen sollen unter anderem Touristen zu den Kirchen gelockt werden. Ich bin die Anlaufstelle für die verschiedensten Aktivitäten. Die Honterus-Gemeinde in Kronstadt plant beispielsweise ein Teppich-Projekt, die Gemeinde Bartholomae möchte einen Tourismus-Masterplan erstellen und die Arbeitsgemeinschaft Museenlandschaft Siebenbürgen einen Tourismusweg umsetzen. Eine Filmgesellschaft will einen Film drehen und Gästehäuser der Kirche sollen beworben werden.

Im März hat das Landeskonsistorium die Verantwortung für das von der Leitstelle Kirchenburgen initiierte Kirchenburgenprojekt übernommen. Was ist hier der Stand der Dinge?

Nachdem die Leitstelle den Projektantrag eingereicht hat, sieht sie ihre Arbeit auf diesem Feld als abgeschlossen an. Wir sind gerade dabei, den Projektantrag anzupassen, da er im ersten Anlauf von der Entwicklungsagentur zurückgewiesen wurde. Nun müssen wir das Problem so schnell wie möglich lösen. Außerdem sind noch einige Finanzierungsfragen zu klären.

Als Projektmanager müssen Sie Ideen kritisch beurteilen. Was ist umsetzungswürdig?

Meine Position ist, dass wir schwerpunktmäßig arbeiten müssen. Wir können nicht überall Kirchenburgen sanieren. Dazu reicht die Kraft nicht. Einiges muss und wird kaputtgehen. Schon seit Jahren habe ich ein „Redimensionierungskonzept“ angemahnt, da unsere Kirche nicht die nötige strukturelle Kraft hat, alle Aufgaben zu lösen, die auf sie zukommen.

Was verstehen Sie darunter?

Nehmen Sie beispielsweise Gemeinden, die sich gegen neue Nutzungen ihrer leerstehenden Pfarrhäuser wehren. Diese müssen damit rechnen, dass diese irgendwann zusammenfallen. Wenn man die Dinge bereits vor zehn Jahren umgenutzt oder vermarktet hätte, wäre heute vieles gerettet. Zwanzig Jahre nach der großen Auswanderungswelle ist es oft für eine Sanierung zu spät. Ich kann mit keinem Interessenten einen vernünftigen Vertrag abschließen, wenn die Sanierungskosten in keinem Verhältnis zur geplanten Nutzung stehen. Dies trifft auf die Schule in Mergeln oder den Pfarrhof in Leschkirch zu, um zwei Beispiele aus meinem früheren Bezirk zu nennen. Auf der anderen Seite fällt es Kirchengemeinden und Heimatortsgemeinschaften schwer, Vergangenheit loszulassen, was moralisch auch respektiert werden muss.

Was reizt Sie an Ihrer neuen Aufgabe?

Die Vielfältigkeit und das Konkrete. Ich war als Pfarrer immer bemüht, die Bedeutung der Kirche für die Gesellschaft, für die reale Welt aufzuzeigen. Es ist schwieriger, eine Kirche zu renovieren als darüber zu reden. Bei meiner Arbeit weise ich häufig auf den feinen Unterschied zwischen Traum und Realität hin. Es gibt in Siebenbürgen viele Menschen mit Ideen und Träumen. Die Umsetzung ist aber das Problem.

Können Sie nach Ihren ersten drei Monaten als Projektmanager ein Zwischenfazit ziehen?

Es gibt unheimlich viel Arbeit. Meiner Meinung nach mangelt es nicht am Geld, sondern an den Menschen, die die Arbeit umsetzen. Viele Gemeinden scheuen sich, staatliche Mittel in Anspruch zu nehmen, da die Bürokratie sie abschreckt. Eine große Aufgabe ist es, die kirchlichen Strukturen dazu zu bewegen, stärker mit den rumänischen Behörden zusammenzuarbeiten. Hier sind zahlreiche Fördermöglichkeiten vom Kulturministerium, der Kulturkommission, der Kreisräte oder Kommunen noch ungenutzt. Wir müssen lernen, uns im gegebenen Rahmen zu bewegen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Schlagwörter: Kultur, Kirche und Heimat, Kirchenrenovierung, Denkmalpflege

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