9. Januar 2023

Beeindruckende szenische Lesung in der Auferstehungskirche in München

Ioan C. Tomas szenische Lesung „Ballade der Mädchen vergangener Zeit“, aufgeführt am 1. Adventsonntag in der Auferstehungskirche zu München, zog das Publikum vom ersten Augenblick an in ihren Bann. Die berührende Beschreibung der Plünderung des rumänischen Dorfes in der Bukowina durch die sowjetischen Soldaten und die anschließende Deportation der Bevölkerung nach Sibirien rief Erinnerungen an Erzählungen der eigenen Eltern wach, die nach dem Zweiten Weltkrieg in die Ukraine verschleppt worden waren und dort fünf lange Jahre gegen Hunger und Tod ankämpfen mussten. Auch berührte die Wucht der Aktualität der beschriebenen Grausamkeiten, die unseren täglichen Nachrichten entsprungen zu sein schienen.
Szenische Lesung in München, von links nach ...
Szenische Lesung in München, von links nach rechts: Ileana Tautu, Maria Dafka (sitzend) und Bonnie Tillemann (stehend am Lesepult). Fotos: Maria Beer
Der Altarraum der Kirche bot der Lesung die Bühne und baute mit seinen großen, über dem Altar prangenden Lettern „Ehre sei Gott in der Höhe“ eine merkwürdige Spannung auf, die durch das Akkordeonspiel von Maria Dafka, einer jungen Griechin, verstärkt wurde. In der szenischen Lesung führt Ioan C. Toma die Texte dreier Frauen zusammen – in ihren jungen Jahren erleben sie das Ende des Zweiten Weltkrieges an ganz verschiedenen Orten: Anita Nandris-Cudla, die rumänische Bäuerin aus der Bukowina, wird von den Sowjets nach Sibirien deportiert. Sie schreibt ihre Erinnerungen auf. Dieser Text wird von Bonnie Tillemann mit ihrer nüchternen und dennoch berührenden Stimme zum Leben erweckt. Ana Novac, eine ungarische Jüdin aus Siebenbürgen, wird von den Nazis nach Auschwitz verschleppt. Das Mädchen führt Tagebuch über diese schwere Zeit. Und schließlich schreibt auch die junge Bettina Schuller, eine unserer großen siebenbürgischen Schriftstellerinnen, Ioan C. Tomas Mutter, über diese Zeit und die Haltung der Deutschen in Siebenbürgen während des Zweiten Weltkriegs. Die Texte beider Frauen, die der Jüdin und die der Deutschen, wurden von der wunderbaren Ileana Tautu gesprochen, einer Rumänin, die in Deutschland geboren wurde, hier Schauspiel studierte und in beiden Sprachen, Rumänisch und Deutsch, gleichermaßen zu Hause ist. Am Schluss steht Bettina Schullers ernüchternde Feststellung: „Nicht Türken und Tataren, nein, unsere eigene Begeisterung für Hitlerdeutschland hat unserer 800-jährigen friedlichen Heimat ein Ende gesetzt.“
Sie bestritten die szenische Lesung in München, ...
Sie bestritten die szenische Lesung in München, von links: Bonnie Tillemann, Maria Dafka und Ileana Tautu.
Ein herzlicher Dank geht an das Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen e.V., das das Projekt aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert hat, sowie an Pfarrer Berger, das Pfarramt und das Hausmeisterehepaar der Auferstehungskirche, die uns den Kirchenraum zur Verfügung stellten und mit Rat und Tat zur Seite standen. Denn im Anschluss an die szenische Lesung konnten alle Gäste das Gesehene und Gehörte in Gesprächen bei Kaffee, Wein und Gebäck vertiefen und mit Klängen des Bläserquintettes der Original Siebenbürger Blaskapelle München in die Adventszeit starten. Dankeschön an alle Kulturschaffenden und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben!

Maria Beer

Schlagwörter: Toma, Lesung, München

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