26. Juni 2010

Den heimatlichen Naturwissenschaften verbunden: in Memoriam Dr. Hans Plattner

Den älteren Lesern der Siebenbürgischen Zeitung ist der Name Dr. Hans Plattner ein Begriff. Über zwei Jahrzehnte hat er in der von ihm 1972 initiierten Artikelreihe „Sächsische Naturforschung und Naturforscher in Siebenbürgen“ den Lesern siebenbürgische Naturwissenschaftler und ihre Leistungen vorgestellt und diese im Kontext der europäischen Wissenschaft und Kultur gewürdigt. Darüber hinaus hat er an seinen Wirkungsstätten im Hermannstädter Naturwissenschaftlichen Museum, in der „Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau“ sowie als Laborleiter des „Blutspendedienstes des Bayerischen Roten Kreuzes“ in München durch sein fundiertes wissenschaftliches Arbeiten und seine Veröffentlichungen bleibende Spuren hinterlassen.
Hans Carl Plattner wurde am 7. Juni 1930 in Hermannstadt geboren, wo sein Vater Dr. Dr. Felix Plattner als Rechtsanwalt tätig war. Seine Mutter Elisabeth, geb. Jickeli, war die Tochter des Kaufmanns und promovierten Biologen Dr. C. F. Jickeli, Inhaber der Eisenwarenhandlung neben dem Ratturm am Großen Ring/Reispergasse in Hermannstadt. Zusammen mit seinen beiden Geschwistern wuchs Hans Plattner in einem offenen, liberal denkenden und menschenfreundlichen Elternhaus auf. Prägend für seine Persönlichkeit waren der Einfluss seiner Mutter, aber vor allem auch seiner Großmutter Albertine Jickeli, geb. Krasser, die eine Tochter des Arztes, Dichters und Sozialreformers Friedrich Krasser war. Sie übermittelte ihm auch vieles aus dem Gedankengut und geistigen Vermächtnis seines Großvaters C. F. Jickeli (1850-1925). Dieser hatte an der Universität Heidelberg promoviert und war zwei Jahre lang bei dem berühmten Evolutionisten Prof. Ernst Haeckel in Jena als Assistent tätig gewesen. Dann aber, in die Heimat zurückgekehrt, hatte er die Biologie, vor allem Fragen der Evolutionsbiologie, nur in seiner Freizeit als Mitglied des Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften betrieben und hauptberuflich im kaufmännischen Bereich gearbeitet. Mit den weltanschaulichen, vom Evolutionismus geprägten Fragen sollte sich sein Enkel Hans Plattner später als Biologe näher auseinandersetzen. Nach dem Besuch der Deutschen Evangelischen Volksschule kam er ab 1941 in das Brukenthal-Gymnasium, das er bis zu dessen Auflösung im Jahre 1948 besuchte. Die letzte Klasse beendete er in der Rumänischen Mittelschule und legte hier 1949 auch sein Abitur ab.
Dr. Hans Plattner (1930-1997) ...
Dr. Hans Plattner (1930-1997)
Im gleichen Jahr begann er sein Studium der Biologie an der Klausenburger „Victor Babeș-Universität“. Bald jedoch warf der stalinistisch geprägte Kommunismus seine Schatten auch auf Plattners Werdegang, der sich mit dem Beginn des Biologiestudiums so viel versprechend abgezeichnet hatte. Als Sohn bürgerlicher Eltern wurde ihm seine „ungesunde Herkunft“ angekreidet und aus politisch-ideologischen Gründen das Weiterstudium verweigert. Er wurde, wie viele andere Jugendliche seiner Zeit, exmatrikuliert und konnte dank seiner ihm eigenen Zielstrebigkeit, mit der er die wiederholten Mühen von Bittgesuchen nicht scheute, 1955 sein Studium fortführen und 1959 mit einer Diplomarbeit über die Libellen Südsiebenbürgens erfolgreich beenden. Diese interessante Insektengruppe sollte auch weiterhin, neben den Wanzen (Heteroptera), im Blickpunkt seiner Forschungsinteressen stehen. Nach einem Pflichtjahr als Biologe in der biochemischen Abteilung des städtischen Krankenhauses in Hermannstadt erhielt er 1961 eine Arbeitsstelle im Naturwissenschaftlichen Museum. Seine Tätigkeit lag in der Tradition der siebenbürgischen Naturwissenschaften, die er bis zu seiner Ausreise im Herbst 1969 als Museologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Insektenkunde, zeitweise aber auch als Abteilungsleiter ausgeübt hat. Aus dieser Zeit stammen 13 entomologische Fachbeiträge zur Fauna Rumäniens, die in verschiedenen wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen sind. Neben wissenschaftlichen Fachbeiträgen zur Insektenkunde widmete Plattner sich auch der Geschichte der Naturwissenschaften in Siebenbürgen sowie anderen kulturhistorischen Themen, die für ihn durch seine gesamte Berufs- und Rentenzeit ein wichtiges Thema blieben.

Zwischen 1970 und 1975 war Hans Plattner wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau in München wo er im Rahmen spezieller Forschungsaufgaben auf dem Gebiet der biologischen Schädlingsbekämpfung tätig war. Im Blickpunkt seiner Aufmerksamkeit lagen Forschungen zur Problematik der Nebenwirkungen von Pflanzenschutzmitteln und vor allem deren Einfluss auf Nutzinsekten. An der Ausarbeitung einer speziellen Methodik zur Prüfung dieser Nebenwirkungen war er in entscheidendem Maße beteiligt. Es war ein Themenbereich, dem er mehrere seiner wissenschaftlichen Arbeiten widmete und in dem er auch seine Dissertation schrieb, mit der er 1979 an der TU München/Weihenstephan zum Dr. der Naturwissenschaften promovierte. Aufgrund seiner Forschungsarbeiten wurde der von ihm 1975 für die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Abteilung Integrierter Pflanzenschutz in Braunschweig erarbeitete Entwurf der „Methode und Richtlinie zur Prüfung der Wirkung von Pflanzenschutzmitteln auf Nutzinsekten“ als bindend für die Zulassung neuer Pflanzenschutzmittel in Deutschland eingeführt.

Ab 1976 war Dr. Plattner bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 1993 als Laborleiter des Blutspendedienstes des Bayerischen Roten Kreuzes in München tätig, wo er wissenschaftlich zum Thema des Blutgruppenchimärismus arbeitete. In all den Höhen und Tiefen seiner beruflichen Laufbahn fand Plattner - wie Günter von Hochmeister 1997 schrieb - „in seiner Familie Rückhalt und Kraft für das tägliche Leben, ihr galt seine ungeteilte Liebe“. Seine Freunde schätzten „Hänschen Plattners“ tolerante und liberale Lebenseinstellung und seine innere Ruhe, die sein freundliches, humorvolles Wesen ergänzten.

Für die Rentenzeit hatte er sich noch einiges an Aufarbeitung des heimatlichen, naturwissenschaftlichen und kulturhistorischen Erbes vorgenommen. Als er am 9. Mai 1997 plötzlich und unerwartet aus dem Leben gerissen wurde, war auch sein Traum, ein Buch über die siebenbürgischen Naturwissenschaftler des ausgehenden 19. und der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, die auch die Zeitgenossen seines Großvaters C. F. Jickeli gewesen waren, zu schreiben in der Projektphase stecken geblieben. Diese Aufzeichnungen werden in den Vorhaben der Sektion Naturwissenschaften des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde, die Biographienreihe siebenbürgischer Naturwissenschaftler fortzusetzen, Berücksichtigung finden.

Erika Schneider

Schlagwörter: Naturwissenschaften

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