17. April 2023

Sektion Naturwissenschaften des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) tagte in Gundelsheim

Nach einer längeren Pause konnte die lang ersehnte, traditionelle Frühjahrstagung der Sektion Naturwissenschaften des AKSL am 18.-19. März auf Schloss Horneck in Gundelsheim wieder stattfinden. Der Aufruf zur Teilnahme stieß auf großes Interesse und versprach bereits im Vorfeld durch die angebotenen Vorträge einen interessanten Gedanken- und Wissensaustausch. Nahezu 30 Mitglieder und Mitstreiter der Sektion folgten der Einladung. Die Wiedersehensfreude war groß und ließ erkennen, dass die gewohnten Treffen in den vier vergangenen Jahren sehr vermisst wurden. Tagungsort war der freundliche „Pädagogische Raum“ des Siebenbürgischen Museums, in dem sich sowohl Referenten als auch Zuhörer gut aufgehoben fühlten.
Rollup-Ausstellung zur deutsch-rumänischen ...
Rollup-Ausstellung zur deutsch-rumänischen Erasmus+ Schulpartnerschaft zum Artensterben. Foto: Dr. Ingrid Schiel
Das vielfältige Programm widerspiegelte die Bandbreite der Forschungen, mit denen sich die Mitglieder der Sektion befassen. Kulturgeschichtliche Themen, verbunden mit aktuellem ­sozial-wirtschaftlichen Hintergrund, wurden im Beitrag des Teams Dr. Thomas Schneider, Viktoria Luft und Joe England deutlich. Dabei ging es um „Konsequenzen gewinnorientierter großindustrieller Landwirtschaftsmethoden für die traditionelle Kulturlandschaft im Harbachtal“. Als bedenklich erwiesen sich die darge­stellten Eingriffe des Menschen in die traditionelle Kulturlandschaft, Schwund der Insekten- und blumenreichen Heuwiesen im FFH (Flora-Fauna-Habitate), Schutzgebiet Harbachtal, aber es ging auch um die Gefährdung der Trinkwasserreserven in den dörflichen Brunnen sowie um die Eingriffe in die Wanderwege von Tieren und Störungen des Ökosystems.

Welche Bedeutung die Art der Wassernutzung und Wasserbewirtschaftung im Lauf der Jahrhunderte in den Dörfern des Siebenbürgischen Hügellandes hatte – wobei es auch bestimmte, zu befolgende Regeln gab –, belegte der Beitrag von Dr. Erika Schneider. Über die langjährigen Forschungsarbeiten betreffend den Einsatz moderner Techniken zum Management der Grünlandwiesen im Apuseni-Gebirge – 28 Jahre Kooperation der Universität Freiburg und USAMV (Universitatea de Științe Agricole și de Medicină Veterinară/Universität der Landwirtschaftswissenschaften und der Veterinärmedizin Klausenburg) – berichtete Dr. Evelyn Rușdea. Um Wiesenbewirtschaftung ging es auch in dem Beitrag „Ausgebrummt und abgeblüht“. Besonders zu begrüßen war dabei die Einbindung junger Forscher in das von Oberstudienrat Bernd Schumacher (Meddersheim/Nahe) geleitete Projekt. Er war mit drei Schülerinnen angereist, die ihre Arbeit im Projekt erläuterten. Dabei ging es um ein Gemeinschaftsprojekt der Schüler aus Meddersheim mit Schülern des Brukenthal-Gymnasiums in Hermannstadt, wo Schumacher zwei Jahre lang als Gastlehrer tätig war. Geforscht wurde in Michelsberg und Umgebung (verantwortliche Lehrkraft Delilah Florea, stellvertretende Schulleiterin am Brukenthal-Gymnasium). Wie der Titel des Vortrags es andeutete, ging es um die Frage, warum die Wiesen weniger blumenbunt sind und weniger Insekten herumschwirren. Mit modernen Methoden wurden die Ursachen der sinkenden Artenvielfalt untersucht, die teils in der mechanischen Behandlung der Wiesen liegen; bei den Insekten spielt jedoch auch die Lichtverschmutzung durch intensive Beleuchtung eine deutliche Rolle.

Eine Verbindung zwischen Vogel- und Sprachkunde stellte Dr. Rolf Binder mit seinem Vortrag „Familiennamen aus der Ornithologie“ vor, der auch mit Aufnahmen von Vogelstimmen umrahmt war. Gertrud Servatius-Hager berichtete in ihrem Vortrag über ein Projekt betreffend die umfassende Arbeit zur Säuberung sowie fachgemäßen Ordnung und Unterbringung der alten Mediascher Gymnasialbibliothek, an dem sie im Sommer maßgeblich beteiligt war.

Aus dem Fachbereich der Geologie und Geochemie stellte Dr. Haino-Uwe Kasper am Samstag zwei beachtliche Forschungsthemen vor. Dabei konnten die Zuhörer viel Unbekanntes über „Haupt- und Spurenelemente im Smartphone. Geochemie und die Recyclingproblematik“ erfahren. Am darauffolgenden Tag bot er ein nicht weniger interessantes Thema in seinem Vortrag über „Bernstein – der brennende Stein (Das Gold der Meere)“, die Strukturvielfalt des Bernsteins und seine Nutzung.

Auch der geographische Bereich war gut vertreten durch interessante, aktuelle Reiseberichte sowie historische Rückblicke in die durchreisten Gegenden. Ute von Hochmeister-Lamm erinnerte an Dr. Franz Binder, den Siebenbürger Sachsen aus Mühlbach, der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Äthiopien reiste und dort einen längeren Aufenthalt hatte. Seine umfassenden Sammlungen exotischer Geräte (exotisch zumindest für Europäer) sind im ethnographischen Museum in Hermannstadt gelagert. Über das aktuelle Pendant zu dieser Reise berichtete Dr. Viktor Lamm in dem Vortrag „Impressionen einer Reise nach Äthiopien“. Diese Reise ließ Gemeinsamkeiten, aber nach einer so langen Zeitspanne von Jahrhunderten auch viele Unterschiede erkennen. Im Nordosten Rumäniens führte Dr. Viktor Lamm in das geographisch und kulturlandschaftlich außergewöhnliche Gebiet der Moldauklöster, von denen er vier vorstellte und ihre Unterschiede wie auch Gemeinsamkeiten hervorhob. Neben den vielfältigen kulturhistorischen Schätzen hat das Buchenland auch eine naturnahe Umgebung mit schönen Wäldern und Wiesen, in denen man die traditionelle Nutzungsweise noch erkennen kann. Zwei Reisen besonderer, spannender Art stellte Dr. Horst Hann, Geologe, mit seinem Büchlein „Zwei Generationen – zwei Fluchten“ vor. Ein Höhepunkt der Tagung war auch die von der Leiterin des Siebenbürgen-Instituts Dr. Ingrid Schiel gebotene aufschlussreiche Führung durch die vorbildlich organisierte Bibliothek mit Archiv. Dafür gilt ihr seitens der Tagungsteilnehmer ein besonderer Dank.

Mit dem Titel des Joseph v. Eichendorff‘schen Liedes „O Täler weit, o Höhen – Kulturgeschichtliche Streiflichter zu Wald und Baum“ entführte Dr. Irmgard Sedler die Zuhörer auf eine kulturgeschichtliche Reise mit Romantik, Poesie und vielen künstlerischen und literaturgeschichtlichen Aspekten – in die Welt der Wälder und der Bäume.

Aus vielen Vorträgen ergibt sich die Erkenntnis, dass man gemeinsam, fachübergreifend und über Ländergrenzen hinweg manches bewegen und auch Hilfe für viele Forschungen hier und in Siebenbürgen leisten kann. Wir, alle Mitglieder der Sektion, freuen uns, dass die Tagung interessant und inhaltsreich war, und hoffen, dass wir unsere Frühjahrstagungen nun wieder im gewohnten Rhythmus fortführen können. Allen, die mitgemacht und bei der Durchführung geholfen haben, sagen wir einen herzlichen Dank!

Erika Schneider und Evelyn Rușdea

Schlagwörter: AKSL, Naturwissenschaften, Tagung

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