28. Dezember 2012

Dobrudscha und Dobrudschadeutsche

Zu dem Thementag am 23. November im Münchner Internationalen Begegnungszentrum der Wissenschaft hatten das Deutsche Kulturforum östliches Europa und das Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas e.V. an der LMU München (IKGS) geladen. Sechs Referenten aus Deutschland, Rumänien und Bulgarien sollten in Wort und Bild eine marginalisierte Region und deren Bewohner näher beleuchten.
Den Thementag zu „Donaudelta & Dobrudscha – Heimat vieler Völker. Eine kurze Geschichte der Dobrudschadeutschen“ hatten die beiden Veranstalter schon am 8. Oktober in Berlin präsentiert. In Ergänzung zum Berliner Programm sollte Dr. Andrea Schmidt-Rösler über „Die deutschen evangelischen Gemeinden in der Dobrudscha“ referieren. Da sie krankheitsbedingt ausfiel, waren die Programme identisch. Nur die Begrüßung erfolgte diesmal durch Dr. Dr. Gerald Volkmer, Stellvertretender Direktor des IKGS, und Ministerialdirigent Winfried Smaczny, Vorstandsvorsitzender des Kulturforums.

Das Spektrum der Vorträge reichte von der Antike bis zur Gegenwart. Behandelt wurden unterschiedliche Aspekte der historischen Entwicklung der Dobrudscha vor allem mit Bezug zu den Dobrudschadeutschen. Beide aus dem Dunkel ins Licht zu holen, ist die primäre Absicht der Themenreihe. In der Einladung wird sowohl ein Mangel an wissenschaftlicher Aufarbeitung als auch an gesellschaftlichem Interesse konstatiert. Mit Blick auf die Dobrudschadeutschen, auf deren späte Ankunft in der Region – Mitte des 19. Jahrhunderts –, kurze Verweilzeit und beinahe restlosen Fortzug durch die Umsiedlungsaktion 1940 ist das nicht allzu verwunderlich. Wenig verwundert denn auch das kaum ausgeprägte gemeinsame Bewusstsein und das Aufgehen der Landsmannschaft der Dobrudscha- und Bulgariendeutschen im Bessarabiendeutschen Verein im Jahr 2009.

Den mit Bildmaterial unterlegten Eröffnungsvortrag „Von der Dobrudscha nach Süddeutschland. Zur Geschichte der Deutschen in der Dobrudscha“ präsentierte Dr. Josef Sallanz, der pro­- fundeste Kenner der Region. Er bot einen Überblick der Entwicklung dieser höchstens 13.000 Personen zählenden Bevölkerungsgruppe auch über 1940 hinaus, sowohl für die Umgesiedelten als auch für die knapp 300 Verbliebenen bzw. 188 Mitglieder des Zentrumsforums Konstanza. Dass das Zentrumsforum Galatz und das Ortsforum Tulcea nicht einmal erwähnt wurden, macht deutlich, dass „Donaudelta“ im Titel der Themenreihe allein der geographischen Verortung der unbekannten Dobrudscha dienen sollte.

Sallanz hatte den Rahmen für die folgenden Vorträge abgesteckt, die sich jeweils Teilaspekten widmeten. Siebenbürgische Bezüge hatte allein jener von Dr. Thomas Schares: „Die Dobrud­scha(deutschen) im Roman Der Büffelbrunnen von Adolf Meschendörfer“. Der DAAD-Lektor an der Uni Bukarest analysierte insbesondere die auf die Dobrudschadeutschen bezogenen Passagen und ließ sich von gelungenen Beschreibungen und Bildern ebensowenig wie von der Anwe­senheit eines Meschendörfer-Enkels vom Urteil abbringen, dass sich der Autor mit dem Roman als „Teil der ideologisch-politischen Orchestrierung des ,Dritten Reiches‘ ausweist“.

„Die Nachlässe von Otto Klett und Johannes Niermann. Erbe und Zeitzeugnis der Dobrudschadeutschen“ – das Bildmaterial ist einzusehen unter: www.jkibw.de/bdb/ – präsentierte die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Johannes-Künzig-Institutes Freiburg Susanne Clauß. Den Vortrag „Die Dobrudschadeutschen im Ersten Weltkrieg in der bulgarischen Literatur und im Film“ unterlegte die Literaturwissenschaftlerin und Militärhistorikerin Deniza Petrova mit aktuellem Filmmaterial. Prof. Dr. Alexander Rubel setzte den der Chronologie entgegenlaufenden Schlusspunkt. Der Forschungsprofessor am Archäologischen Institut der Rumänischen Akademie in Jassy, der auch am Lehrstuhl für Germanistik der Universität Jassy unterrichtet, beleuch- tete „Die antike Dobrudscha als multikultureller Raum“.

Es wundert nicht, dass spät abends eine Diskussion im Plenum nur zäh anlief, sich aber doch noch rege entspannen konnte in der gelösten Atmosphäre des anschließenden Empfangs.

Hans-Werner Schuster

Schlagwörter: Dobrudscha, Tagung, IKGS

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