5. November 2025

Gemeinsam Zukunft gestalten: Erfolgsmodelle und neue Ideen für die Heimatortsgemeinschaften

Vom 24. bis 26. Oktober 2025 fand in der Bildungs- und Begegnungsstätte „Der Heiligenhof“ in Bad Kissingen eine Fachtagung in Zusammenarbeit mit dem Verband der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften e.V. statt. Die Veranstaltung wurde dankenswerterweise vom Bundesministerium des Innern gefördert. Unter dem Motto „Herausforderungen – Erfolgsmodelle und Konzepte“ standen drei Tage voller Begegnungen, Austausch und inspirierender Impulse auf dem Programm.
Der neue Vorstand des HOG-Verbandes mit zwei ...
Der neue Vorstand des HOG-Verbandes mit zwei Spitzenvertretern der Landeskirche, von links nach rechts: Dr. Horst Müller (Stellvertreter), Thomas Schneider (Vorsitzender), Dr. Carmen Schuster (Landeskirchenkuratorin), Maria Bauer (Geschäftsführerin), Friedrich Gunesch (Hauptanwalt der EKR) und Hermann Ongert (Stellvertreter). Foto: Ingeborg Binder
Nach der herzlichen Begrüßung durch Gustav Binder, Studienleiter im Heiligenhof, und Ilse Welther, Vorsitzende des HOG-Verbandes, berichteten die Nachbarmütter und -väter sowie die Ortsvertreter über ihre Projekte und Aktivitäten in den Heimatorten und tauschten wertvolle Erfahrungen aus. Die Bandbreite reichte von Restaurierungen über Begegnungsprojekte bis hin zu kulturellen Initiativen. Als besonderes Ereignis stach das 35. Sachsentreffen hervor, das am 19. und 20. September in Zeiden unter dem Motto „Freiheit macht den Unterschied“ stattgefunden hatte. Menschen aus Siebenbürgen und aller Welt kamen zusammen, um zwei Tage voller Begegnungen, Erinnerungen und gelebter Gemeinschaft zu erleben. Am 21. September beteiligte sich die HOG Großau mit 140 Siebenbürger Sachsen und Landler in ihren farbenfrohen Trachten, begleitet von einer 50-köpfigen Projektblaskapelle, am Oktoberfestumzug in München. Kinder, Jugendliche und Erwachsene folgten dabei zwei festlich gekleideten Hochzeitspaaren.

Schon am ersten Abend der Fachtagung wurde deutlich, wie lebendig das Engagement und wie vielfältig die Ideen sind, die Menschen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Siebenbürgen verbinden.

Der Samstag bot ein dichtes Programm mit spannenden Vorträgen und Beispielen aus der Praxis. Dr. Carmen Schuster (Hermannstadt), Landeskirchenkuratorin der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR), referierte zum Thema „Neue Strukturen und Aufgaben in der EKR“. Sie betonte: „Wir gucken in die Zukunft heute.“ Das immense kulturelle Erbe in Siebenbürgen stelle eine große Herausforderung dar und könne nur durch neue Konzepte bewahrt werden. Carmen Schuster legte den Schwerpunkt auf Tourismus. Ein Perspektivwechsel und Umdenken seien deshalb notwendig. Ein zentrales Thema der evangelischen Kirche in Siebenbürgen sei die Nachhaltigkeit, da man das bedeutende Erbe kommenden Generationen weitergeben wolle. Sie dankte für die gute Zusammenarbeit zwischen den HOGs und der EKR und appellierte, diese Partnerschaft weiter zu stärken: „Wir haben keine Zeit, uns nicht mit der Zukunft zu beschäftigen.“

Friedrich Gunesch (Hermannstadt), Hauptanwalt der Landekirche, beleuchtete das Thema „Kooperation der EKR mit den Heimatgemeinschaften – Bilanz der Zusammenarbeit“. Zahlreiche gemeinsame Projekte konnten in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich abgeschlossen werden. Er erwähnte unter anderem die Neikov-Listen, die Fabini-Bücher sowie die Dokumentation von Orgeln, Glocken und Kirchen. Die Inventarisierung sei jedoch noch nicht vollständig abgeschlossen. Besonders das immaterielle Kulturgut drohe verloren zu gehen – oft aus Mangel an Zeit, Geld oder Wissensträgern. Als wichtige Errungenschaft und große Chance bezeichnete er die Zweitmitgliedschaft in der EKR. Im Namen von Bischof Reinhard Guib dankte er für die gute Zusammenarbeit und schloss mit einem Bibelvers aus dem 3. Buch Mose 26,5: „Ihr sollt Brot die Fülle haben und sollt sicher in eurem Lande wohnen.“
Gruppenbild mit den Teilnehmern der HOG ...
Gruppenbild mit den Teilnehmern der HOG-Fachtagung vor dem Heiligenhof. Foto: Heike Mai-Lehni
Einen besonders emotionalen Vortrag hielt Wolfgang Weigl, Vorsitzender der Handwerkerschule Martinsdorf in Siebenbürgen. Als Nichtsiebenbürger habe er, so Weigl, sein Herz an Siebenbürgen verloren. Er präsentierte ein erfolgreiches Modell handwerklicher Ausbildung, das Länder und Gewerke übergreifend funktioniert. Seit 2016 bietet die in München ansässige Handwerkerschule im Rahmen eines ERASMUS-Projekts jungen Lehrlingen mehrmals im Jahr die Möglichkeit, in Martinsdorf Nachhaltigkeit und Fachwissen in verschiedenen Gewerken zu vertiefen.

Vor rund zwanzig Jahren begann in Trappold der Weg des aus Berlin stammenden Sebastian Bethge. Als Beauftragter für Denkmalpflege in der Stiftung Kirchenburgen referierte er zum Thema „Apold Heritage Lab II – Denkmalpflege-Sommerschule in Siebenbürgen: Konzept und Umsetzung“. Durch die Einbindung internationaler Partner werden im Rahmen der Sommerschule Bildungsprogramme für Fachleute und Interessierte aus den Bereichen Geschichte, Architektur, Umwelt und Kultur angeboten.

Alexander Kloos (Zürich), Vorsitzender des Vereins Kulturerbe Kirchenburgen e.V., stellte die „Internationale interdisziplinäre Sommerschule für die Restaurierung von Kirchenburgen“ vor. Dieses universitäre Bildungsprogramm bietet Studierenden aus aller Welt die Möglichkeit, in Siebenbürgen eine einzigartige mittelalterliche Bausubstanz kennenzulernen und praktische Erfahrungen in der Denkmalpflege zu sammeln. In Arbeitsgruppen diskutierten die Teilnehmenden über Perspektiven und konkrete nächste Schritte. Dabei wurde deutlich: Die Verbindung zwischen den HOGs, der Kirche und den zahlreichen Initiativen in Siebenbürgen lebt von persönlichem Austausch, gemeinsamen Projekten und gegenseitiger Unterstützung.

Der Sonntag begann mit einer Morgenandacht von Martin von Hochmeister, gemeinsam mit Ute Hubbes und Raimund Depner vom Förderverein Heldsdorf.

Am Rande der Fachtagung fand zudem die Mitgliederversammlung mit Neuwahlen des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften statt. Neuer Vorsitzender ist Thomas Schneider (Holzmengen), der die bisherige Vorsitzende Ilse Welther (Felmern) nach achtjähriger Amtszeit ablöst. Seine Stellvertreter sind Dr. Horst Müller (Kronstadt) und Hermann Ongert (Hundertbücheln). Auch Geschäftsführerin Sunnhild Walzer (Bulkesch) stellte sich nicht mehr zur Wahl; ihre Nachfolgerin ist Maria Bauer (Marpod). Martin von Hochmeister (Hermannstadt) wurde als Schriftführer im Amt bestätigt. Für die Kassenprüfung sind Dietlinde Rhein (Brenndorf) und Peter Doniga (Großprobstdorf) verantwortlich.

Neben all den Aktivitäten blieb auch Zeit für gemütliches Beisammensein bei einem hervorragenden Essen. Der Burzenländer Fleken mit Sauerkraut war wieder ein besonderer Genuss. Ein großes Dankeschön gilt Renate und Helfried Götz (Neustadt) mit ihrem engagierten Team sowie allen Kuchenbäckerinnen, die mit ihren siebenbürgischen Schnitten zum kulinarischen Höhepunkt beitrugen.

Die Tagung im Heiligenhof hat eindrucksvoll gezeigt, wie stark das Engagement und die Verbundenheit der Heimatortsgemeinschaften sind. Über Ländergrenzen hinweg entstehen neue Ideen, Kooperationen und Perspektiven, die das siebenbürgisch-sächsische Kulturerbe lebendig halten. Die vorgestellten Projekte – von Denkmalpflege über Bildungsinitiativen bis hin zu touristischen Konzepten – verdeutlichten, welches Potenzial in gemeinschaftlichem Engagement steckt.

Besonders spürbar war der Geist des Miteinanders: Alte Verbindungen wurden gestärkt, neue Kontakte geknüpft, Ideen geboren. Die Teilnehmenden kehrten mit frischem Elan und konkreten Anregungen zurück – getragen von Engagement, Ideenreichtum und dem Wunsch, die eigenen Wurzeln auch in Zukunft lebendig zu halten.

Ingeborg Binder

Schlagwörter: HOG-Verband, Tagung, Heiligenhof, Neuwahlen

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Neueste Kommentare

  • 06.11.2025, 09:36 Uhr von gogesch: Ob die "Zweitmitgliedschaft als Chance" gesehen wird, liegt im Auge des Betrachters. [weiter]

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