3. Mai 2018

Franz Hodjaks neues Buch mit Aphorismen

Nach dem Aphorismenband „Der, der wir sein möchten, ist schon vergeben“ aus dem Jahr 2013 wendet sich Franz Hodjak nun mit einem Pendant, „Der, an den wir uns erinnern, waren wir nie“, erschienen in der edition petit, wieder diesem knappen und so tiefgründigen wie scheinbar leichten Genre zu.
Der jetzt im Taunus lebende Hermannstädter Dichter und Romanautor beschränkt sich auf diese knappe Ausdrucksform, fächert aber sein Themenfeld weit auf. Es reicht von Weisheiten über das Leben („Manchmal findet man mehr, als man verloren hat.“), Erkenntnissen über Verhaltensweisen („Wer bleibt, denkt nach./ Wer geht, denkt weiter.“) bis hin zu sporadischen und eher allgemein gehaltenen politischen Überzeugungen („Um eine Gesellschaft zu verändern, muß man damit beginnen, die Gewohnheiten der Bürger zu verändern.“ oder: „Dort, wo die Menschen frei sind, fällt die Freiheit gar nicht auf.“), Sprachspielen und witzigen Feststellungen („Es geht voran, aber nicht vorwärts.“). Etwas gewöhnungsbedürftig ist, dass das Buch in alter Orthografie geschrieben ist. Weggelassen hat der Autor diesmal die Wortneuschöpfungen, die noch im letzten Band schillerten.
Das schön gestaltete Büchlein kommt ohne Inhaltsverzeichnis und Vor- oder Nachwort aus. Die Sinnsprüche erfolgen im munteren Themenwechsel, zum Teil kreisen sie um gleiche oder ähnliche Sujets und wiederholen sich, manchmal nur ganz leicht abgeändert, beispielsweise wenn es um die Nähe der Leidenschaften zu den Tugenden und Launen geht („Wenn Leidenschaften verglühen, bleiben Launen zurück.“), um den Neid und die Hoffnung, um Vorurteile und Querdenker. Ein wichtiges Themenfeld ist der Erzähler selbst, der sich antreibt, sich im vergangenen Ich („Der Held, an den wir uns erinnern, waren wir nie.“) oder im gegenwärtigen nicht wiedererkennt („Man bleibt, wer man ist, weil man Angst hat vor dem, der man sein könnte.“), der zu seinen Veränderungen steht („Man kann seine Meinung ändern,/ ohne dabei seine Überzeugung aufzugeben.“) oder sich zuweilen auf seine ursprüngliche Heimat bezieht („Leider wurde meine Heimatliebe nie erwidert.“ oder: „In Rumänien sollte ich gegen den Kapitalismus kämpfen, obwohl ich den Gegner, gegen den ich kämpfen sollte, nicht sehen durfte.“).

Ein abgeklärter Erzähler kommt hier zum Vorschein („Den Glauben verliert man nicht durch Enttäuschung, sondern durch Wissen.“), der sich selbst und die Welt hinterfragt und den Dingen den Firnis abklopft, um hervorzukehren, was dahintersteckt.

Etwas missglückt ist nur im Lichte der MeToo-Debatte der Ausspruch: „Man sollte sich gut überlegen, ob man heute einer Dame noch den Vortritt gewährt. Es könnte ja sein, daß sie sich dadurch sexuell belästigt fühlt.“ Das zieht diese unnötig ins Lächerliche und verharmlost sie. Doch man muss nicht immer einverstanden sein mit den Aussprüchen, es reicht, wenn man darüber nachdenkt. Auch einige zu sehr sich ähnelnde Wiederholungen hätten vermieden werden können. Insgesamt ist es aber ein weises und nichtsdestotrotz sprachspielerisches Buch, das man gern auf dem Nachtschränkchen liegen lassen kann, um immer mal wieder darin zu blättern.

Edith Ottschofski




Franz Hodjak: „Der, an den wir uns erinnern, waren wir nie“. Aphorismen. edition petit, Dresden, 2017, 126 Seiten, 15,00 Euro, ISBN 978-3-941209-42-8

Schlagwörter: Hodjak, Buchvorstellung, Aphorismen

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