30. Juli 2020

Herr Siegerius entdeckt das Ei von Columbus neu

2019 erschien vom Satiriker Heinrich Höchsmann (alias Heinrich Heini) der sehnsuchtsvoll erwartete Folgeband zu „Die 100 Seiten des Herrn Siegerius“ mit dem Titel „Die verborgenen Seiten des Herrn Siegerius“. Die Kunstfigur H.S. aus dem ersten Band wird nun zur Kultfigur, dem Alles- und Besserwisser und guten Menschenkenner. In 69 Sequenzen können wir seine „Weißheitsspuren“ verfolgen.
Anstelle eines Vorwortes steht am Anfang des Bandes eine „Ouvertüre“, wie es der Autor nennt. Schon hier klingen in vollen Kapriolen satirische Wortspiele in bunten Lauten und Formen. Wie Kurt Tucholsky stellen wir uns die Frage: „Was darf die Satire?“. Die Antwort finden wir in Tucholskys Zitat: „Die Satire beißt, lacht, pfeift und trommelt die große, bunte Landknechttrommel gegen alles, was stockt und träge ist“. In diesem Sinne wird die Satire durch die Sprachkunst von H.S., das Alter Ego des Autors, erreicht. Hier liegt die Inspirationsquelle und H.S. schöpft von hier seine Worte, jongliert mit ihnen und baut durch variable Wortspiele Wortpuzzle.

Eine Palette von Kenntnissen und Erkenntnissen finden wir schon am Anfang. So steht H.S. vor dem Spiegel und stellt sich die Existenzfrage über Haben und Sein. Er zweifelt erst und denkt dann an den Grundsatz des Philosophen Descartes Cogito ergo sum („Ich denke, also bin ich.“) H.S. hat „Geistesblitze“ und als „schlauer Fuchs“ verbringt er im Winter mit morgens früh aufstehen und abends spät nach Hause kommen die meiste Zeit im Dunkeln, um Energie zu sparen. Ob das gelingen kann, ist jedoch fraglich.
Nicht mit jeder Klangmelodie wird die gleiche Wortfarbe erreicht. So zum Beispiel aus Frust, sein Lebensziel Lehrer zu werden nicht erreicht zu haben, ist H.S. zum eifrigen Leerer in der Stadt geworden. Wer beim „Wörter-Roulette“ auf den gleichen „Wort -Jeton“ setzt, kann Glück haben. Im Leben ist jedes mit Glückschancen erhofft gezogene „Wort-Los“ manchmal auch wortlos mit einem Risiko verbunden. Um diese Chance aus-zu-drü(u)cken, wird H.S. erfinderisch, greift zum Glücksstab und mit der Wortkette „Los“ hofft er sein Glück „aus-zu-losen“. Er sagt „Los“, zieht in einer Lotterie ein Los, das sich als Niete erweist. Er es in einen Papierkorb und bekennend den Kürzeren gezogen zu haben, wird er enttäuscht „ab-gelö(o)st“ und bleibt sprachlos.

Um sein Leben zu verlängern, geht H.S. im Vier-Jahre-Rhythmus zum Schalt-Kasten und schaltete das Jahr an oder ab. Manchmal wird die heilende Wirkung der „Wort- Verbindung“ in einer kranken „Wortfamilie“ erst spät entdeckt. Um sich vor seiner Angst vor großen Tieren zu heilen, geht H.S. zu einem Hyppo-Therapeuten, der ihn, um ihn richtig heilen zu können, in Hypnose versetzt und somit die Hyppo-Hypno-Doppeltherapie mit Erfolg anwendet. Damit beweist der Heilpraktiker auch Kenntnis über Pferde. Als anerkannter Frauenversteher, aber auch als großer Frauenliebhaber versteht H.S. nicht, warum alle von ihm verstandenen Frauen glauben würden, nur nach einem „Nachtabendteuer“ alles besser zu verstehen. Dem ist aber nicht so, denn H.S. sagt selbst, dass alles ein einziges Missverständnis war, denn er versteht eine Miss nach der anderen. Also muss nicht jede Wortkombination zu einem „Miss-Verständnis“ führen.

Aus dem philosophischen „Weißheitsprinzip“ schöpfend, will H.S. nicht nur an das eigene „Ich“ denken, sondern auch dem Gemeinschaftsprinzip gerecht werden, um auch den anderen Freud zu machen. Als sich das Unbewusste Es gegenüber dem Über-Ich durchsetzt, sagte das Gesamt-Ich zufrieden zu Herrn Siegerius: „Mach weiter so, Sigmund hätt‘ seine Freud‘ an dir!“ Dies ist der Beweis einer altbekannten „Weißheitslogik“.

Nach mehreren wohlgeratenen, kassengestützten Kuraufenthalten mit morgens Fango und abends Tango entschließt sich H.S. als Heilpendler von einer Heilanstalt zur anderen zu pendeln. Damit entdeckt er eine gesundheitlich sehr gute und gleichzeitig viel Spaß machende Heilmethode. Eines Tages steht eine Dame im schwarzweißen Kostüm vor seiner Tür. Sie stellt sich mit Elster vor, ihm kommt dabei die diebische Elster ins Gedächtnis. Aber nein, so sollte es nicht sein, denkt er gleich. Die Dame kommt aber vom Finanzamt. Also doch die diebische …

Um das Bändchen abzuschließen, setzt H.H. statt eines Nachworts als Epilog einen Prosatext mit dem Titel „Die Magische 69“, in dem nun Heinrich Heini als „Herr Siebenbürger“ zu uns spricht. Alles beginnt mit Heimatnostalgie an die legendär gebliebenen schönsten Jungenjahre, denen er eine Hymne schreibt. Es ist der „Summer of 69“ in Costinești am Schwarzen Meer, wo Woodstock in heimischer Nachahmung gefeiert wurde.

H:H. erinnert sich auch an die 69 Jahre, die vergangen sind, bis die Gedanken für seinen ersten Satireband „Die 100 Seiten des Herrn Siegerius“ richtig in seinem Gedächtnis geordnet waren. Jetzt werden schon neue Pläne geschmiedet für einen dritten Band, der Frau Siegeria, die ihren Senf dazugeben soll, gewidmet werden soll.

Auch wenn der Band an manchen Stellen Unsinns-Poesie enthält, muss jeder verstehen, dass er zum Unterhalten da ist, das Nachdenken schult und vor allem Spaß macht. Durch all das wird das Satirewerk „Die verborgenen Seiten des Herrn Siegerius“ zu einem empfehlenswerten Lesevergnügen und kann zum erschwinglichen Preis von zehn Euro direkt beim Autor per E-Mail: Heinrich.hoechsmann[ät] gmail.com oder im Buchhandel unter Angabe der ISBN 978-3-750437487 (Verlag BoD-Books on Demand) bestellt werden.

Peter Betsy

Schlagwörter: Buchbesprechung, Höchsmann, Siegerius

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