10. Dezember 2021

Für die Ewigkeit arbeiten: Das Sammelgut in der Siebenbürgischen Bibliothek

Vom 19. bis 21. November fand auf Schloss Horneck die vom Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland organisierte Kulturreferententagung „Die Kunst des Sammelns“ statt. In einem Mehrteiler, der sich gleichermaßen an Privatpersonen wie an Vereine richtet, geben wir hier die gekürzten Vorträge wieder, die von den Mitarbeitern der Siebenbürgischen Bibliothek gehalten wurden. Dieser erste Beitrag behandelt „Das Sammelgut in der Siebenbürgischen Bibliothek“, die weiteren Artikel werden sich „Vorbeugenden Maßnahmen zum Langzeitschutz von Archivalien“ widmen.
Eine Auswahl aus den vielfältigen Archivzugängen ...
Eine Auswahl aus den vielfältigen Archivzugängen der letzten Monate
In letzter Zeit gelangen verstärkt Anfragen an die Siebenbürgische Bibliothek, welche Materialien gesammelt werden. Es folgen meistens Fragen wie „Habt Ihr Platz für alles?“, „Was passiert mit all den Sachen?“, „In welcher Form wollt Ihr die Unterlagen haben?“ oder „Wie kommen sie zu Euch?“, aber gelegentlich auch „Wozu braucht man überhaupt eine Bibliothek?“ Wir versuchen nun die Beantwortung all dieser Fragen.

In der Gundelsheimer Bücherburg mit ihrer über 60-jährigen Erfahrung, rund 100000 Medieneinheiten und knapp 1500 Regalmetern an Archivalien wird die schriftliche und gedruckte Dokumentation der siebenbürgisch-sächsischen Kultur und Geschichte dauerhaft nachgewiesen, öffentlich zugänglich gemacht und am Leben gehalten. Das ungebrochene Interesse an der Forschung und den Kenntnissen zu Siebenbürgen und den Siebenbürger Sachsen von privater und professioneller Seite mit immer neuen Fragestellungen beweist uns „Gundelsheimern“ das tagtäglich. Mit ausgebildetem Fachpersonal wird hier nach modernsten Richtlinien für die Ewigkeit gearbeitet. Gesammelt werden Publikationen und Unterlagen – allgemeiner gesagt: alles Geschriebene und Gedruckte – sämtlicher Themenbereiche, die die gesamte Spannweite siebenbürgischer Kulturgeschichte von der Steinzeit bis zur aktuellsten Gegenwart abdecken, u. a. Landesbeschreibung, Geschichte, Volkskunde, Kunst-, Theater-, Musik,- Kirchen-, Vereins-, Rechts- und Schulgeschichte (hier sei auf die Bibliothekssystematik auf unserer Homepage verwiesen: https://siebenbuergen-institut.de/siebenbuergen-institut/bibliothek-archiv/siebenbuergische-bibliothek/signaturschema/). Dabei spielen Erscheinungsort und Sprache solcher Publikationen keine Rolle, sofern sich der Inhalt auf Siebenbürgen, Rumänien oder (Österreich-)Ungarn bezieht. So befinden sich in unseren Beständen Veröffentlichungen in deutscher, rumänischer und ungarischer Sprache, auf Latein, Türkisch, Italienisch, Russisch, Französisch und Englisch, aber auch in solch (geographisch) exotischen Sprachen wie Koreanisch und Japanisch. Bei den in Siebenbürgen erschienenen und erscheinenden deutschsprachigen Publikationen wird Vollständigkeit angestrebt. Zu den Sondersammlungen der Bibliothek gehören Publikationen siebenbürgischer Autorinnen und Autoren zu nicht-siebenbürgischen Themen, etwa zur Lebensmittel- und Petrochemie, zur Chirurgie, zur Herstellung von Papierwalzmaschinen oder zum Transrapid – einfach deswegen, weil sie in diesen Fachgebieten gearbeitet haben und ihre Veröffentlichungen der Bibliothek zukommen ließen.

Zur Frage des Platzes. Ja, Platz ist vorhanden und wird geschaffen. Im Laufe des Jahres 2020 konnten dank großzügiger Privatspenden und zusätzlicher Unterstützung aus dem baden-württembergischen Innenministerium zwei neue Rollanlagen mit insgesamt knapp 800 Regalmetern angeschafft werden. Zusätzlich stehen die ehemaligen Büroräume des Siebenbürgen-Instituts im Haus Schlossstraße zur Verfügung, die sukzessive und nach Bedarf zu Lagerräumen umgebaut werden können.

Zur Frage, was mit den Sachspenden passiert: Da wird zwischen Bibliotheks- und Archivgut unterschieden. Der Einfachheit halber erst zur Bibliothek: Jedes ins Haus kommende Buch wird auf Vorhandensein geprüft. Ist es noch nicht vorhanden, bleibt es selbstverständlich im Bibliotheksbestand. Ist es bereits vorhanden, wird geprüft, ob es in einem besseren Zustand ist als das Bibliotheksexemplar, und wird dann ggf. ausgetauscht. Sollte diese Möglichkeit auch wegfallen, so wird versucht, das Buch zu Gunsten der Bibliothek weiter zu verkaufen (z.B. beim Heimattag in Dinkelsbühl oder auf Büchertischen bei anderen Veranstaltungen). Sie helfen mit Ihren Bücherspende also gleich mehrfach.

Anders verhält es sich mit Archivalien. Da es sich hierbei meistens um Unikate handelt, bleiben sie auch vollständig im Archivbestand. Beides, sowohl Bibliotheks- als auch Archivbestand, wird katalogisiert bzw. inventarisiert und anschließend der Öffentlichkeit sowie der wissenschaftlichen Forschung über die bekannten Online-Kataloge zugänglich gemacht.

Was wird nun konkret gesammelt? Auch hier wieder eine zweigeteilte Antwort. In der Bibliothek thematisch relevante Monografien, im weitesten Sinne also Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Jahrbücher, Schulprogramme, Kalender, Hochschulschriften, Eigendrucke, Typoskripte, einzelne Aufsätze/Sonderdrucke siebenbürgischer Verfasserinnen und Verfasser zu siebenbürgischen- und nichtsiebenbürgischen Themen. Im Archiv thematisch relevante Archivalien, d.h. Ahnenpässe, Aktien, Ansichtskarten, Banknoten, Baupläne, Briefmarken, CDs, Dias, Dokumente, DVDs, Eide (z.B. Diensteide), Einladungen, Einquartierungsscheine, elektronische Dokumente, Entlassungspapiere, Erinnerungen, Ersttagsbriefe, Exlibris, Faltblätter, Fotografien, Gedichte, Gerichtsurteile, Kompositionen, Konfirmationsscheine, Korrespondenzen, Landkarten, Langspielplatten, Mitgliedsausweise, Musikkassetten, Nachlässe, Parteibücher, persönliche Dokumente und Unterlagen, Plakate, Poesiealben, Poster, Postkarten, Präsentationen, Predigten, Protokolle, Rationsmarken, Rechnungen, Unterlagen/Dokumente zu sächsischen Siedlungen außerhalb Siebenbürgens, Sammlungen von Zeitungsausschnitten (thematische oder von bestimmten Verfassern/Verfasserinnen), Scheidungsunterlagen, Schul- und Ausbildungszeugnisse, Schulhefte, selbständige Todesanzeigen (die nicht in Zeitungen o.Ä. erschienen sind), Seminarscheine, Stammbäume, Stundenpläne, Unterrichtsmaterialien, alle Arten von Urkunden, Veduten, Veranstaltungsprogramme, Einladungen zu Veranstaltungen, Versicherungspolicen, Verträge aller Art, Verwaltungsunterlagen, Videofilme, Vortragsmanuskripte siebenbürgischer Verfasser/Verfasserinnen zu siebenbürgischen und nichtsiebenbürgischen Themen, Wanderbücher, Werbekataloge, Wertmarken, Wertpapiere, Dokumente/Unterlagen zur Tätigkeit von Bibliotheken, Unternehmen, Firmen, Handwerksbetrieben, Heimatortsgemeinschaften (HOGs), Museen, Nachbarschaften, Seniorenheimen, Theatern, allen Arten von Vereinen sowie zum Verband, einschließlich dessen Orts-, Kreis- und Landesverbänden und vieles, vieles mehr.

Zu der Frage der Form. Keine Frage, im Original, also (normalerweise) in Papierform. Das ist bei den Büchern einfach, entweder will man sich von ihnen trennen oder nicht. Bei den Archivalien werden auch gut lesbare Kopien oder hochauflösende (600 dpi und höher) Digitalisate im PDF-, TIFF- oder notfalls auch JPG-Format übernommen.

Wie kommen die Sachspenden in die Bibliothek? Je nach Umfang als Brief, Päckchen oder Paket oder Sie bringen sie nach vorheriger Terminvereinbarung persönlich vorbei (bitte die jeweils geltenden Corona-Regeln zum Besuch der Siebenbürgischen Bibliothek beachten oder vorher erfragen). In wenigen Ausnahmefällen, besonders dann, wenn der Umfang ein Dutzend Umzugskartons übersteigt, werden die Unterlagen auch durch das Bibliothekspersonal oder ehrenamtliche Helfer und Helferinnen abgeholt. Bei dieser Variante sollten allerdings mehrere Wochen Anlaufzeit einkalkuliert werden. Mit der Übergabe der Dokumente erfolgt in der Regel auch eine Übergabe der Besitz- und Nutzungsrechte.

Jedes einzelne Dokument, mag es noch so unscheinbar sein, trägt dazu bei, die kulturellen Errungenschaften der Völker Siebenbürgens sowie deren vielfältige gesellschaftlichen Ereignisse darzustellen und die Erinnerung an sie auch für die kommenden Generationen zu bewahren. Wir danken Ihnen schon jetzt sehr herzlich für die der Siebenbürgischen Bibliothek und dem Archiv überlassenen Unterlagen!

Natürlich können Sie uns gerne auch finanzielle Spenden zukommen lassen, die dem Erhalt des schriftlichen Kulturguts der Siebenbürger Sachsen zugutekommt. Gespendet werden kann entweder an die

Freunde und Förderer der
Siebenbürgischen Bibliothek e.V.
Kreissparkasse Heilbronn
IBAN DE41 6205 0000 0001 9245 49
BIC HEIS DE 66XXX

oder an die

Stiftung Siebenbürgische Bibliothek
IBAN DE75 3846 2135 0211 0290 13
BIC GENODED1WIL

Christian Rother

Schlagwörter: Siebenbürgische Bibliothek, Archiv, Kulturreferenten, Tagung, Spenden, Bücher, Dokumente

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