3. Februar 2024

Eminescus letzte Lebens- und Leidensjahre: Vortrag von Hans Dama im Rumänischen Kulturinstitut in Wien

Am 16. Januar fand im Rumänischen Kulturinstitut (RKI) Wien ein Vortrag statt, der sich mit dem letzten Lebensabschnitt des rumänischen Dichters Mihai Eminescu befasste und der als Fortsetzung der im letzten Jahr vom RKI Wien organisierten Veranstaltung „Mihai Eminescu – Student in Wien“ erfolgte. Der Referent, Hans Dama, vormals Universitätslehrer am Rumänisch-Lektorat des Instituts für Romanistik der Universität Wien, betonte eingangs, dass die letzten Lebensjahre Mihai Eminescus (1850-1889) von Krankheiten, Erniedrigungen und Fehlbehandlungen, die zu seinem frühen Tod führten, geprägt waren und dass in der Eminescu-Forschung viele Meinungen in Bezug auf die Ursachen des Leidens verschiedene Ärzte im In- und Ausland gedeutet wurden bzw. werden, die auf falsche Behandlungsmethoden schließen lassen. Um die Zeitumstände der Ereignisse besser verstehen zu können, beleuchtete der Dama die geopolitischen Lage im damaligen Europa.
Die Direktorin des RKI Wien, Andreea Dinca, ...
Die Direktorin des RKI Wien, Andreea Dinca, begrüßt das Publikum zum Vortrag von Hans Dama. Foto: RKI Wien
Eminescu setzte sich als Journalist bei der Zeitschrift TIMPUL vehement für den Anschluss Transsylvaniens an Rumänien ein, was die Dreibund Mächte, die das Königreich Rumänien in ihren Bann zu ziehen versuchten, nicht goutierten. Der unbequeme Journalist musste zum Schweigen gebracht werden, indem man ihn für „verrückt“ erklärte. Man verfrachtete ihn in die Klinik Dr. Alexandru Șuţu „Caritatea“, wobei Titu Maiorescu diesbezüglich alles minutiös vorbereitet hatte. Falsche Behandlungsmethoden schadeten ihm zusehends und man brachte ihn in eine Spezialklinik nach Oberdöbling bei Wien (heute Wien, 19. Bezirk), wo er unter Aufsicht von Dr. Heinrich Obersteiner und dessen Schwiegersohn, dem Psychiater Dr. Maximilian Leidersdorf, behandelt wurde. Als Diagnose wurden „Manische depressive Krise, Geistesentfremdung, Verfolgungswahn“ festgestellt. Nach dem Klinik-Aufenthalt vom 2. November 1883 bis zum 26. Februar 1884 in Oberdöbling kehrte er 1884 über Italien fast vollkommen geheilt nach Rumänien zurück, wo er seine berufliche Tätigkeit wieder aufnahm. Maiorescu hatte die Krankenakte gefälscht und mit Syphilis ergänzt, eine grobe Verfälschung, wie später nachgewiesen wurde, weil der Dichter nie an Syphilis (Lues) erkrankt gewesen, sondern an einer wahnsinnigen depressiven Psychose ohne anatomisches Substrat, auch Endogen genannt, erkrankt war. Die falschen Behandlungsmethoden mit Jod und Quecksilber in der nicht zutreffenden Lues-Erkrankung schadeten dem Patienten Eminescu enorm. Auch die mehrmals apostrophierte „geistige Umnachtung“ entsprach nicht den Tatsachen, denn Eminescu schuf während dieser Zeit seines Leidens hervorragende Werke, wie z.B. die Gedichte De ce nu-mi vii, Kamadeva, La Steaua, Dalila, Scrisoarea a V-a (der V. Brief), die posthum erschienen sind. Alle Vermutungen, dass beispielsweise „dunkle Mächte“ den Tod Eminescus verursacht hätten, dass er Verschwörungen zum Opfer gefallen wäre, sind reine Spekulationen. Wunden an den Beinen lassen auf eine damals noch nicht bekannte Diabetes schließen, eine in jener Zeit unbekannte Krankheit. Als Ende April / Anfang Mai 1889 auf typische Erscheinungen einer Wasservergiftung hingewiesen wurde, die psychische Störungen und kleine kardiale Synkopen auslöst, war klar, dass diese zu einer letalen kardialen Synkope führen können, so wie dies bei Eminescu der Fall war. Bei der Autopsie haben Herz und Nieren eine verfettete Degeneration aufgewiesen, Folgen von Quecksilbervergiftungen. Der Tod war also beim Dichter als Quecksilbermyokarditis eingetreten. Alle mit Politik oder mit anderen Faktoren ins Spiel gebrachten Spekulationen haben also mit dem Tod des Dichters nichts zu tun.

Leider hat nach der sogenannten Revolution 1989 eine bis in der Gegenwart währende Bewegung gegen Eminescu eingesetzt, getragen von einer Reihe rumänischer Spitzenintellektuelle, die die Bedeutung des Dichters für die rumänische Kultur verniedlichten. Diesbezüglich betonte der Vortragende, dass die Stigmatisierung des schöpferischen Werkes eines Genius ein geistiges Verbrechen bedeute, dass die auf diese Art und Weise begangenen Ausgrenzungsversuche eines nationalen Kultursymbols wie Mihai Eminescu der rumänischen Kultur unwürdig sei.

Hans Dama

Schlagwörter: Vortrag, Eminescu, Dichter, Wien, Dama

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