21. November 2005

Daniel Eiwen erforschte Bild des Deutschen in der rumänischen Literatur

Der am 22. November 1945 in Galatz, dem größten Donauhafen Rumäniens, geborene Doru Chirica (verheirateter Daniel Eiwen) vollendet dieses Jahr seinen 60. Geburtstag in der uralten Domstadt Köln, in der er seit mehr als 20 Jahren beheimatet ist. Seine frühe Ausbildung und bleibende interkulturelle Prägung erhielt Daniel Eiwen in der alten Heimat Rumänien in der ebenfalls sehr alten Domstadt Kronstadt.
Hier im Schatten der Schwarzen Kirche, des größten und letzten gotischen Doms in Südosteuropa - nach dem französischen Schriftsteller Paul Claudel reicht das Abendland, so weit seine gotischen Dome anzutreffen sind - ging Daniel Eiwen von 1952-1959 in die Grundschule und besuchte von 1959-1963 das "Unirea"-Gymnasium, wo er die Grundlage für sein exzellentes Deutsch legte.

Er erweiterte seine Kenntnisse in deutscher Sprache und Literatur am Pädagogischen Institut der Universität Jassy von 1963 bis 1966, mit dem Staatsexamen als Abschluss. Von 1968 bis 1971 vervollkommnete er seine germanistischen Studien an der Universität Bukarest im Fernstudium. In seiner Diplomarbeit behandelte er das dramatische Werk Adolf Meschendörfers, der in der Literaturgeschichte eher als Epiker, vor allem als Verfasser des bedeutendsten deutschsprachigen Romans Rumäniens vor dem 2. Weltkrieg "Die Stadt im Osten" (Kronstadt), und Lyriker bekannt ist. Fasziniert an Meschendörfer hat Daniel Eiwen vor allem dessen interkulturelles Engagement für das Geistesleben aller in Siebenbürgen lebenden Ethnien, denen er in seiner damals europaweit beachteten Zeitschrift "Die Karpaten" (1907-1914) ein Forum bot. Aufbauend auf diesen interethnischen Forschungen promovierte Eiwen in Köln mit seinem bis heute umfassendsten literaturwissenschaftlichen Buch: "Das Bild Deutschlands und des Deutschen in der rumänischen Literatur". Diese wahre literaturhistorische Herkulesarbeit konnte Eiwen dank eines Graduiertenstipendiums der Universität Köln vom 1. April 1985 bis 30. November 1986 verfassen. Die wichtigsten rumänischen Literaturdarstellungen der Deutschen werden dabei in ihrem zeitbedingten Gesellschaftsrahmen kritisch beleuchtet, angefangen von der Gründung der rumänischen Fürstentümer Moldau und Walachei (Muntenien) über die Zeit Großrumäniens in der Zwischenkriegszeit und die Epoche des Sozialistischen Realismus bis in die späten achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Kritisch hinterfragt wird auch der Perspektivwechsel, den beispielsweise der renommierte rumänische Schriftsteller Sadoveanu nach dem Zweiten Weltkrieg vollzogen hat. Hatte Mihail Sadoveanu (1880-1961), der wohl fruchtbarste und am meisten gelesene rumänische Autor des 20. Jahrhunderts überhaupt, vor dem 2. Weltkrieg in über 30 Prosawerken die Gestalt des Deutschen differenziert, dabei meist mit freundlicher Ironie für seine Pendanterie und Verschrobenheiten geschildert, so wird "der Deutsche" nach dem Zweiten Weltkrieg in seinem ersten rumänischen Roman des Sozialistischen Realismus "Mitrea Cocor" zum undifferenziert Bösen.

Zehn Jahre später, 1998, lässt Eiwen seiner Gesamtschau über das Bild des Deutschen in der rumänischen Literatur den Essay "Das Bild des Anderen in Siebenbürgen. Stereotype in einer multiethnischen Region" folgen. Hier setzt er seine Betrachtung über das Bild des Deutschen, neben dem des Ungarn, bis in die neunziger Jahre nach dem Umsturz fort. Während Paul Everac in seiner Novelle "Forellenquartett" (1993) seine Schadenfreude über die Auswanderung der Rumäniendeutschen kaum verbergen kann, zeigen sich die meisten siebenbürgisch-rumänischen Autoren zutiefst betroffen vom Massenexodus ihrer Mitbürger. So setzte die bekannte Prosaautorin Sanzeana Pop, die Schülerin des Honterusgymnasiums in Kronstadt war, in ihrem Roman "Serenade für eine Trompete" auch ihrem ehemaligen Musiklehrer Viktor Bickerich ein literarisches Denkmal und bedauerte die Auswanderung ihrer deutschen Freunde und Bekannten. Eiwens Essay fasst sogar eine mögliche Rückwanderung einiger Rumäniendeutschen ins heutige Rumänien der Transformationszeit ins Auge, wie es viele rumänische oder ungarische Autoren und Künstler begrüßen würden, um dem Land neue Impulse zu verleihen.

Seine über 40-jährige pädagogische Tätigkeit setzt Dr. Daniel Eiwen am Romanischen Seminar der Universität zu Köln fort und wirkt seit 1998 als engagierter Lektor für Rumänistik.

Ingmar Brantsch

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 18 vom 15. November 2005, Seite 9)

Schlagwörter: Germanistik, Rumänistik, Brenndorf, Kronstadt

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