24. Januar 2006

"Größte Reise meines Lebens"

„Es ist eine ganz außergewöhnliche Lesereise gewesen. Es war die größte Reise meines Lebens.“ In ihrem Wohnort Bad Krozingen, am Rande des Schwarzwaldes, lässt die erfolgreiche Jugendbuchautorin Karin Gündisch ihre sechswöchige Lesereise (12. Oktober bis 21. November 2005) noch einmal Revue passieren. Auf Einladung des Goethe-Institutes Atlanta, weiterer Goethe-Institute sowie des Verbandes der amerikanischen Deutschlehrer (AATG) las die gebürtige Heltauerin in Mexiko, Kanada und den USA.
Organisiert hatte die Reise das Goethe-Institut Atlanta. Stationen der Reiseroute waren Atlanta, Mexico City, Guadalajara, San Francisco, Bellingham (bei Seattle), Boston (Exeter/South Hadley), Montreal, Ottawa, Minneapolis, Chicago, Iowa City, Milwaukee, Evanston, Washington, DC und Baltimore. Die Gesamtbilanz weist 37 Lesungen, verschiedene Klassenbesuche und neun Lehrerfortbildungen aus: „Ich habe an Goethe-Instituten, an privaten Hochschulen, aber auch an Elementarschulen und High Schools gelesen. Im Mittelpunkt des Interesses standen drei Bücher: Im Land der Schokolade und Bananen, Das Paradies liegt in Amerika – diese beiden Bücher werden viel im Deutschunterricht gelesen und im zweiten und drittem Studienjahr als Ganzlektüre gelesen – und Cosmin.

Fremdsprachenkongress war der Höhepunkt


Gefragt nach dem Publikumszuspruch bei ihren Veranstaltungen, erklärte Gündisch, dass diese unterschiedlich gut besucht gewesen seien. Meist wären aber in den letzten Minuten vor Beginn alle Stühle besetzt gewesen. Da die Goethe-Institute in den großen Städten ansässig seien, müssten die deutschen Kulturinstitute angesichts des vorherrschenden Kulturangebotes erhebliche Anstrengungen unternehmen, um mithalten zu können. „Man muss sehr zufrieden sein“, so die Autorin, „wenn zwanzig bis dreißig Leute zu einer Lesung kommen.“

Höhepunkt ihrer Tournee war eine Lesung vor rund 250 Deutschlehrern auf dem nationalen amerikanischen Fremdsprachenkongress in der ehemaligen deutschen Kirche von Baltimore. Diskussionen im Anschluss wurden durchgängig in deutscher Sprache geführt. In Ottawa nahmen hieran mehrere Auswanderer aus Osteuropa teil, „das Gespräch war so angeregt, dass ich fast den Bus nach Montreal verpasst hätte“, so Gündisch. Unter den Diskussionsteilnehmern war auch eine junge Auswanderin aus Heltau – die Welt ist doch klein. Ein besonderes Erlebnis seien die Lesungen in der deutschen internationalen Schule in Silicon Valley bei San Francisco und in der deutschen Schule in Washington, DC gewesen, denn „die Schüler sprachen ein wunderbares Deutsch, waren sehr diszipliniert und an Büchern außerordentlich interessiert.“ Davon abgesehen zeigte sich die Autorin sehr angetan von der „hervorragenden Ausstattung“ dieser Schulen bis hin zur Verpflegung der Schüler.

„Ungelegte Eier“


Als ehemalige und erfahrene Deutschlehrerin (14-jährige Unterrichtstätigkeit in Bukarest) war ihr der Austausch mit Kollegen in Übersee wichtig. Bei solchen Gelegenheiten erfuhr Gündisch von den besonderen Herausforderungen, die Deutschlehrer in den USA zu bewältigen hätten. Da Deutsch (auch) hier als schwere Sprache gelte, würden sich die Lehrkräfte ins Zeug legen, um die Attraktivität des Faches zu betonen. „Wer Deutsch wählt, hat meistens gute Gründe dafür. Oft handelt es sich um Nachkommen von ausgewanderten Deutschen oder um Studenten, die gerne in Deutschland studieren möchten. Diese Studenten sind dann meistens sehr motiviert und am Fach Deutsch besonders interessiert.“ Leistungsfördernd seien außerdem die hohen Studiengebühren. Viele Studenten seien auf Stipendien angewiesen, müssten obendrein hart arbeiten, um die Voraussetzungen für die Stipendien zu erfüllen. Dies gelte gerade für Studenten aus Rumänien, die Gündisch an allen Universitäten angetroffen habe: „Die Professoren versicherten mir, dass diese Studenten besonders gut Deutsch könnten und sehr motiviert und leistungsfähig seien. Ich habe mit mehreren Studenten gesprochen … Viele litten unter Heimweh. Ferienreisen in die Heimat konnten sie sich natürlich nicht leisten.“

Über den „großen Teich“ wieder zurück in ihrer badischen Wahlheimat, erholte sich Karin Gündisch von der strapaziösen Nordamerikatournee bei einem Skiurlaub. Möglich, dass sie demnächst ein neues Buchprojekt in Angriff nimmt („über ungelegte Eier will ich nicht reden“). Fest steht, dass sie am 5. März in Aachen der Premierenvorstellung von Schillers „Kabale und Liebe“ am Grenzlandtheater beiwohnen wird. Denn ihre Tochter Ingrid führt Regie und das lässt sich die ganze Familie Gündisch nicht entgehen. Auch zur Premiere ihrer Faust-Inszenierung in Hermannstadt sei man geflogen. Eben eine gute Familientradition.

CS

Schlagwörter: Karin Gündisch, Lesungen

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