17. Juni 2007

Die rumäniendeutsche Literatur lebt

Ingmar Brantsch hat in diesem Jahr ein Bekenntnis zur Kontinuität der rumäniendeutschen Literatur unter dem Titel „Weiterleben der rumäniendeutschen Literatur nach dem Umbruch“ veröffentlicht. Schon 1989 hatten Mitglieder der „Aktionsgruppe Banat“, einer Literaturgruppe, die sich Anfang der siebziger Jahre um Richard Wagner in Temeswar formiert hatte, bei einer Tagung an der Universität Marburg den „Nachruf auf die rumäniendeutsche Literatur“ proklamiert. Brantsch betrachtet dieses Ereignis aus unterschiedlichen Perspektiven und zeigt auf, dass die rumäniendeutsche Literatur immer noch lebe. Dies macht der Buchautor an drei Generationen, den Senioren, der mittleren sowie der jüngsten Generation, fest.
Der Seniorengeneration ordnet Brantsch die Autoren Hans Liebhardt, Eginald Schlattner, Joachim Wittstock, Wolfgang Fuchs, Erika Scharf und Annemarie Podlipny-Hehn zu. Zur mittleren Generation zählt er Anemone Latzina, Ilse Hehn, Christel Ungar, Diana Schuster, Cristiana Tudorica, Ioana Crăciun, Olivia Spiridon und Carmen Elisabeth Puchianu. Der jüngsten Generation – auch als „Stafettegeneration“ bezeichnet, da sich die in Temeswar beheimatete Literaturgruppe „Stafette“ nennt – rechnet er Lorette Brădiceanu-Persem, Lucian Manuel Vărșăndan, Henrike Brădiceanu-Persem, Petra Curescu, Andrei Cherăscu und Dan Cărămidariu zu. Trotz des Schwundes der deutschen Minderheit nach 1989 macht Brantsch ein immer noch beachtenswertes literarisches Schaffen in Rumänien aus. Dazu trägt vor allem die Tatsache bei, dass sich in der jüngsten Generation rumänische Muttersprachler der deutschen Sprache bedienen und auf diese Weise die rumäniendeutsche Literaturtradition fortführen.

Brantsch – als Kenner der rumäniendeutschen Literaturlandschaft – flicht in seinem vom essayistischen Unterton geprägten Text immer wieder unbekannte Episoden und Informationen ein. Leider verzichtet er dabei gänzlich auf einen wissenschaftlichen Fußnotenapparat sowie einer Literaturliste. Dem Leser werden lediglich „bio-bibliographische“ Angaben an die Hand gegeben.

Brantsch dürfte als der verbissenste Kritiker der „Aktionsgruppe Banat“ gelten. Seine beiden Hauptkritikpunkte sind medial und politisch konnotiert. Nach Brantsch präsentieren sich die Mitglieder der Aktionsgruppe in den Medien zum einen als der wesentliche Teil der rumäniendeutschen Literatur und übergehen dabei die in Rumänien verbliebenen Autoren, zum anderen stellen sie sich selbst als ausschließliche Sachkenner der rumäniendeutschen Literatur dar. Im politischen Feld kritisiert Brantsch, dass „Profiteure des Ceaușescu-Regimes“ sich im Westen als Opfer ausgegeben hätten.

In der Publikation Brantschs sind einige formale Schwächen zu beklagen, die auf eine Erfassung des Manuskriptes mit einem Texterkennungsprogramm deuten. Leider fehlen im Text auch gänzlich die rumänischen diakritischen Zeichen, so liest man beispielsweise „Baragansteppe“ anstatt „Bărăgansteppe“.

Als Fazit bleibt zu sagen, dass Ingmar Brantsch zwar ein verbissener Kritiker der „Aktionsgruppe Banat“ ist, aber eine ausgeprägte Zuneigung zur rumäniendeutschen Literatur beweist. Brantsch führt dem Leser anschaulich und kenntnisreich vor Augen, wie diese trotz des Massenexodus’ der Rumäniendeutschen nach 1989 in Rumänien überleben konnte.

Dieter Michelbach



Brantsch, Ingmar: Das Weiterleben der rumäniendeutschen Literatur nach dem Umbruch. Geest-Verlag, Vechta 2007, 249 Seiten, Preis: 11,00 Euro, ISBN: 987-3-86685-044-6, E-Mail-Adresse des Verlages: Geest-Verlag [ät] t-online.de, Telefon: (0 44 47) 85 65 80.

Schlagwörter: Literaturgeschichte

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