10. November 2007

Seminar für siebenbürgische Familienforscher in Gundelsheim

Das Thema des Seminars der Sektion Genealogie des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) vom 5. bis 7. Oktober in Gundelsheim lautete: „Gemeinsam Sieben­bürgisch-Sächsische Genealogie aufbauen“. Es ging dabei vor allem um das nötige Handwerkzeug sowohl für Familienforscher als auch für Interessierte am Thema Genealogie.
Am Freitag, nach der Begrüßung der Teilneh­mer durch Dr. Christian Weiss, den Vorsitzenden der Sektion Genealogie des AKSL, stellte Gisbert Berwe, der Autor des Programms Gen_Plus, dieses vor. Herr Berwe ging alle Eingabe­masken des Programms durch. Nicht nur Anfänger, sondern auch die mit dem Programm vertrauten Teilnehmer konnten wertvolle Anregungen mitnehmen.

Am Samstag wurde die geänderte Tagesord­nung beschlossen. Dr. Ulrich Wien, Vorsitzender des Landeskundevereins, musste sich wegen Unpässlichkeit entschuldigen. Seinen Vortrag versprach er im Frühjahr anzubieten. Der Sektions-Vorsitzende bat die Teilnehmer um aktive Mitarbeit bei der künftigen Programm­gestaltung, besonders im Hinblick auf Vor­schläge zu behandelnder Themen. Er gab nützliche Hinweise z. B. für den Umgang mit Archi­varen und anderen Archivmitarbeitern. In rumänischen Staatsarchiven gelten derzeit günstige Regeln und so sei es empfehlenswert, diese bald zu nützen.

Die Übergabe der Ergeb­nisse unserer Forschungen (Genealogien, Orts­familienbücher u. ä.) an das Siebenbürgen-Institut wurde empfohlen, um sie wissbegierigen Nachkommen zugänglich zu machen. Das Thema Genealogie sollte mit den Heimatorts­gemeinschaften, vor allem deren Leitern, als gemeinsames Anliegen vorangetrieben werden. Dort solle auch um weitere Mitarbeiter für das Projekt „Siebenbürgisch-Sächsische Genealogie“ geworben werden.

Nachmittags berichteten einige Teilnehmer über ihre Arbeiten. Hugo Thiess wurde gebeten, für eine geplante ARD-Sendereihe über prominente Personen nach Vorfahren von Peter Maffay zu suchen. Er konnte hierfür die genealogischen Unterlagen aus Brenndorf in vierzehn Generationen zurückverfolgen. Klaus Awender berichtete über die 59. Tagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Genealogischer Verbände in Ludwigshafen, bei der er unsere Sektion vertrat. Er verwies auf einen interessanten Vortrag über den Aufbau des GOV (Genealogisches Orts­verzeichnis) im Internet, das auch siebenbürgische Ortschaften beinhaltet. In diesem Zusam­menhang wies Weiss auf die Notwendigkeit hin, genealogische Interessen juristisch zu vertreten. Dazu sei freilich nur ein großer Dachverband und daher sei es wichtig, die Zusammenarbeit mit der DAGV zu pflegen. Es wäre wünschenswert, auch die Tätigkeit unserer Sektion bei der nächsten Tagung in zwei Jahren in Bielefeld durch einen eigenen Stand darzustellen.

Werner Klemm wies auf das Heft „Volks­körperforschung“ des Klein-Bistritzer Pfarrers Johann Bredt aus dem Jahr 1930 hin, das ein originelles System der Hofgeschichte durch Zuordnung von Familien zu Hofnummern beinhaltet. Derartig gestaltete Hofgeschichte veröffentlicht Johann Bredt im „Windauer Heimat­buch“. Es wurde von Günther Litschel 1971 in einer erweiterten Neuauflage herausgegeben. Exemplare davon können in der Siebenbürgi­schen Bibliothek gekauft werden. Außerdem stellte Klemm die „Geschichte der bürgerlichen Familie Servatius“ (Mediasch 1937) von Gustav Servatius vor, die als Vorläufer eines Orts­familienbuches gesehen werden könnte. Zudem sprach er die Lebensgeschichten Siebenbürger Frauen mit Aufsehen erregenden Schicksalen an (z. B. Asnath Mederus, die Tochter des Kron­städter Stadtpfarrers oder die Geliebte Jules Vernes; oder Anna Simonis aus Hamruden, die mit einem türkischen Pascha verheiratet war).

Christian Reinerth berichtete über den Stand der Digitalisierung der Hermannstädter Fami­lienbögen. Von etwa 6 500 „alten“ Familien­bögen sind rund 1 300 digital bearbeitet, das entspricht 4 090 Familien mit 10 223 Personen. Die Berufsbezeichnungen und verschiedenen Schreibweisen der Namen werden aus den Familienbögen übernommen und müssen nachträglich überarbeitet werden.

Johann Göbbel teilt mit, dass er eine Hofge­schichte für Alzen anstrebe. Im Anschluss stellte Christian Weiss die Genealogie als Puzzle­arbeit vor. Dies Puzzle wird aus Matrikeldaten, Familienbüchern, Zetteln, Karteien etc. zusammengesucht und muss am Ende genau zusammenpassen. Aus diesem Grunde ist eine ständige Überprüfung der zusammengefügten Daten auf Genauigkeit, Plausibilität etc. vorzunehmen. Bei der Arbeit mit den Daten können natürlich verschiedenste Fehler auftreten, auch können schon in den archivierten Dokumenten Fehler vorhanden sein, die schwer zu identifizieren sind. Genealogieprogramme, so auch Gen_Plus, haben eingebaute Kontrollmechanismen, die logische Fehler prüfen, die auch gründliche Forscher leicht übersehen. Es gibt mittlerweile auch Programme mit adaptiver Dokumenten­erkennungstechnologie (ADRT). Ein solches Pro­gramm ist z. B. ABBYY Fine Reader Professional, mit dem sich gedruckte Doku­mente, Digitalfotos und PDF-Dateien in bearbeitbare und durchsuchbare Formate umwandeln lassen. Allerdings sind diese Programme noch unverhältnismäßig teuer. Weiss wies darauf hin, dass z. B. die Todesanzeigen in der Siebenbürgischen Zeitung sowie andere Texte darin als wichtige Bausteine des Puzzles ge­nutzt werden können. Abschließend erläutert Gisbert Berwe anhand eines Ortsfamilien­buches, wie sich bei der Eingabe der Daten in Gen_Plus Fehler in der Druckausgabe bemerkbar machen. Die Seminarteilnehmer besichtigten zum Abschluss das Nachlassarchiv und erörterten Fragen der Nachlassvorbereitung und Sicherung. Insgesamt war das Seminar sehr fruchtbar sowohl für geübte Genealogen als auch für interessierte Einsteiger. Es trug dazu bei, die Arbeit als Gruppe zu fördern und im Hinblick auf das gemeinsame Ziel mehr Verbindlichkeit und Einheitlichkeit bei der Dateneingabe zu vermitteln.

Bernd Eichhorn

Schlagwörter: Genealogie, AKSL, Gundelsheim

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