29. September 2009

Kurzweilige Lektüre für Berg- und Naturliebhaber

Besprechung des Jahrbuches 2007-2008, herausgegeben von der Sektion Karpaten des Deutschen Alpenvereins, München, 2008, 222 Seiten, ISSN 0933-5986, zu beziehen zum Preis von 10,00 Euro (zuzüglich 1,30 Euro Versand) beim Geschäftsführer der Sektion Karpaten des DAV, Harald Meschendörfer, Tuchinger Straße 23, 85356 Freising, Telefon: (0 81 61) 35 88.
Mit etwas zeitlicher Verzögerung und wie gewohnt als Doppeljahrbuch ist bereits vor einigen Monaten das Jahrbuch 2007-2008 der Sektion Karpaten des Deutschen Alpenvereins (DAV) erschienen. Die Herausgeber haben mehr als 200 Seiten lesenswerte Lektüre vorgelegt – für Wanderer und Bergsteiger, für Naturbegeisterte und Heimatverbundene.

Den ersten thematischen Schwerpunkt „Bergsteigen, Wandern, Reisen“ eröffnet Reinhold Kraus mit einem Rückblick auf das Bergsteigerjahr 2008 der Alpingruppe „Adonis“. Unter dem Titel „Skitouren – eine beliebte Bergdisziplin“ werden mehrere Beiträge zusammengefasst: Hans Werner berichtet über einen Skitourenkurs auf der Lizumer Hütte, Evelin Braun über Tourenski- und Schneeschuhwandern im Kleinwalsertal und Petra Maurer über eine Skitour auf den Großvenediger.

Hans Werner schildert eine Kammwanderung in den Fogarascher Bergen; Simone Höglmeier und Ralf Storck berichten über eine Wanderung in den Karpaten im Jahr 2006. Manfred Kravatzky macht sich anschließend Gedanken über die Zukunft der Karpaten und stellt dabei verschiedene Entwicklungsprojekte vor. Ein solches Projekt ist die „via carpatica“; ein Wanderweg von Pressburg bis zum Eisernen Tor durch alle sieben Karpatenanrainerstaaten. Über einen Kanuausflug der Gebietsgruppe Heilbronn berichtet Kurt Bayer.

Die Sektionsmitglieder wandern und klettern weltweit. Die Berichte im Jahrbuch zeugen davon: Erich Bonfert schildert seine Expedition auf den Broard Peak; Reinhold Kraus seine Expedition zum 8201 Meter hohen Cho Oyu sowie Rüdiger Galtz auf den Pik Lenin. Manfred Kravatzky berichtet über sein Trekking im Fann-Gebirge und Karin Scheiner über ihre Wanderung auf den Spuren der Goldsucher am Chilkoot Trail in Alaska. Inge Bonfert hat den Kilimandscharo bestiegen; während Reinhold Kraus über seine einmonatige Tour durch Thailand, Laos und Kambodscha berichtet. Er nennt darin die Opferzahl des Terror-Regimes von Pol Pot zwischen 1975 bis 1979: 30 000. In Wirklichkeit waren es bedeutend mehr: Seriöse Schätzungen sprechen von 1,4 bis 2,2 Millionen Toten. Karin Scheiners Bericht über ihre Iran-Reise rundet diesen Teil des Jahrbuchs ab.

Aus den Berichten wird ersichtlich, wie unterschiedlich die Grenzerfahrung beim Bergsteigen wahrgenommen wird: „Es mag wohl stimmen, wenn jemand in seinem Buch über Expeditionen schreibt, sie bestehen zu 90 % aus Langeweile und 10 % Horror“, schreibt Erich Bonfert (S. 46). Und fragt eher rhetorisch: „Ist das Bergsteigen angesichts der großen Gefahren für das eigene Leben überhaupt noch gerechtfertigt?“ Die Antwort gibt er einige Absätze weiter: „Während für die einen das Bergsteigen eine rein sportliche Angelegenheit ist, für andere als Sammler von Achttausendern eine Prestigesache ist, oder gar eine wissenschaftliche Note hat, kann es für andere eine Möglichkeit der Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung sein“ (S. 52).

Reinhold Kraus schreibt dazu: „Die Begründung des Höhenbergsteigens liegt in erster Reihe in der Tatsache, dass man seinen Willen und die Leidensfähigkeit hier ausleben kann und zweitens, den Ruhm des Erreichten zu genießen“ (S. 59). Gleichzeitig hält er fest: „Es lohnt sich nicht, für einen Berg zu sterben, da uns das Leben viele andere Aufgaben stellt, die es zu bewältigen gilt und auch viele andere Möglichkeiten bietet, unseren Hunger nach Empfindungen und Lust zu stillen“ (S. 63). Inge Bonfert reflektiert ihr Kilimandscharo-Trekking: „Ich frage mich, warum ich mir solche Strapazen auferlege? Im Nachhinein empfinde ich es als ein großartig-besonderes Erlebnis, das ich dennoch nicht wiederholen möchte“(S. 98).

Über die vielfältigen Jugend- und Familienaktivitäten berichten Reinhold Kraus und Julius Orbok.

Es folgen mehrere wissenschaftliche Beiträge: Dr. Gerhardt Hochstrasser stellt den ausgerotteten Donaudeltawolf vor; Rudolf Rösler den Geografen Heinrich Wachner und seine Geologie des Nösnerlandes und Uwe Konst den aus dem süddeutschen Raum stammenden Carl Dietrich als Namensgeber in den Karpaten. Ausführlich beleuchtet Richard Gust die Anfänge des Skilaufs in den Bergen Kronstadts. Es ist ein sehr kurzweiliger Text – hoffentlich können weitere Beiträge aus dem Nachlass des 1979 verstorbenen Autors in die nächsten Ausgaben des Jahrbuchs aufgenommen werden! In seinem mit umfangreichen Anmerkungen versehenen Beitrag deutet Dr. Gerhardt Hochstrasser den hochmittelalterlichen Namen Siebenbürgens und erläutert seine geographische Ausdehnung im Laufe der Zeit. Diese Ausführungen hätten gut – oder vielleicht besser – in die Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde gepasst.

„Das Gastmahl“ von Hans Bergel ist eine belletristische Bereicherung des Jahrbuchs und Zeugnis der Wortgewaltigkeit des Autors. Daran schließen sich Gedichte von Erich Bonfert und Martina-N. Muntean an.

Die vielfältigen Aktivitäten der Sektion Karpaten werden auch durch weitere Beiträge des Jahrbuchs dokumentiert: Manfred Kravatzky berichtet über zwei gemeinsame (und gelungene!) Aktionen mit dem SKV Hermannstadt, Horst Kraus über seine Ausbildung bei der Bergwacht Bayern (ein bewundernswertes ehrenamtliches Engagement!), Michael Kraus über die Ausbildung zum Fachübungsleiter Hochtouren, Martin Reuter über das Risikomanagement und das Krisenhandbuch der Sektion. Es folgen die Richtlinien für Touren- bzw. Veranstaltungsausschreibungen und für die Tourenführer sowie die Liste der Tourenleiter/Innen der Sektion Karpaten.

In einem umfangreichen Beitrag stellt Prof. Gustav Servatius das in der Dobrudscha liegende Măcin-Gebirge vor und führt dazu aus: „Der Măcin-Nationalpark ist das Ergebnis eines einmaligen Zusammentreffens des Ökosystems der pontisch-balkanischen Steppe mit submediterranen und balkanischen Wäldern, Naturdenkmälern Zentraleuropas, des Kaukasus und Asiens auf den Resten eines herzinischen Gebirges“ (S. 181).

Der abschließende Teil des Jahrbuchs enthält wiederum vereinsinterne Informationen: Organigramm, neue Mitglieder, Ehrenmitglieder, Jubilare sowie eine chronologische Übersicht der Vereinsaktivitäten in 2006 und 2007 und die Planung für 2008. Es sind beeindruckende Aufstellungen, welche von der Lebendigkeit des Vereins zeugen. Die Liste der Autoren beschließt das in guter graphischer Qualität hergestellte und mit Fotos versehene Jahrbuch.

Erfreulicherweise soll das Jahrbuch der Sektion Karpaten weiterhin erscheinen – und zwar wie bisher alle zwei Jahre. Dies ist das Ergebnis einer Diskussion bei der Mitgliederversammlung der Sektion im März 2008. Im Rahmen dieser Diskussion wurde angezweifelt, ob ein Jahrbuch überhaupt nötig ist bzw. ob der Erscheinungsrhythmus nicht auf drei oder fünf Jahre ausgedehnt werden sollte. Es ist Manfred Kravatzky zuzustimmen, wenn er sich über das Ergebnis freut: „Und ich meine, dies ist gut so“ (S. 9). Dieser Meinung werden sich bestimmt alle Leser des Jahrbuchs anschließen!

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Schlagwörter: Rezension, Sektion Karpaten des DAV

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Neueste Kommentare

  • 29.09.2009, 07:39 Uhr von hawer: lesenswertes Buch! danke :-) [weiter]

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