18. Oktober 2011

Schengenraum bleibt vorerst verschlossen

Bukarest – Zum zweiten Mal in diesem Jahr bleibt der Schengenraum für Rumänien und Bulgarien verschlossen – diesmal „bis mindestens Juli 2012“. Mit ihrem Veto im EU-Ministerrat verhinderten die Niederlande und Finnland Ende September, dass die Personenkontrollen an den Übergängen zu den beiden südosteuropäischen Staaten schon in diesem Jahr abgeschafft werden.
Zwar bescheinigte man, dass Rumänien und Bulgarien die technischen Kriterien an den künftigen EU-Außengrenzen erfüllten, äußerte jedoch Bedenken wegen der mangelhaften Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität. Der niederländische Vertreter Gerd Leers wurde von der internationalen Presse vielfach zitiert: „Angenommen, man macht eine Tür mit den acht besten Schlössern der Welt. Aber vor der Tür steht jemand, der alle hineinlässt, dann hat man ein Problem.“ Über den Vorschlag Deutschlands und Frankreichs, dass vorerst die Personenkontrollen an den See- bzw. Flughäfen beendet, dann Mitte 2012 die Übergänge auf dem Landweg geöffnet werden, konnte nach dem holländischen und finnischen Veto nicht mehr beraten werden. Polen, das zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, bedauerte den Solidaritätsmangel zwischen den Staaten. Wenige Tage nach den Beratungen folgte ein „Tulpenskandal“ an Rumäniens Westgrenze, wo mehrere niederländische Lastwagen, die Tulpen transportierten, beschlagnahmt wurden, um auf „Bakterien“ untersucht zu werden. Niederländische Vertreter interpretierten dies als Rache.

Nach den Schengen-Gesprächen erklärte der rumänische Europaminister Leonard Orban, der Aufschub geschehe „nach absolut willkürlichen Kriterien“. Ministerpräsident Emil Boc äußerte sich gelassener: Es habe in Brüssel zumindest kein negatives Votum gegeben. Der Abgeordnete der deutschen Minderheit im rumänischen Parlament, Ovidiu Ganț, schrieb in der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien vom 28. September: „Die Argumentation der Holländer und Finnen ist eher peinlich und unglaubwürdig, weil sie mit dem Thema Schengen nichts zu tun hat.“ In einem FAZ-Interview vom 5. Oktober erklärte der rumänische Außenminister Teodor Baconschi anlässlich seines Deutschland-Besuchs: „Rumänien hat mehr als eine Milliarde Euro in die Schengen-Aufrüstung investiert. Unsere Möglichkeiten, die Ostgrenze zu schützen, sind von sieben Evaluierungsmissionen der EU untersucht und bestätigt worden. Man kann nicht die Spielregeln wäkend des Spiels verändern.“ Er erinnerte auch an „die Großoperation gegen die Korruption beim Zoll – da gab es annähernd 200 Festnahmen.“ Berlin setze sich jedenfalls dafür ein, dass bis zur Wintertagung des Europäischen Rats die einhellige Zustimmung für den Beitritt Rumäniens und Bulgariens erzielt wede, versicherte Bundesaußenminister Guido Westerwelle in einem Gespräch mit Baconschi. Damit bleibt Schengen ein Thema auch für den EU-Gipfel vom 17.-18. Oktober, auf dessen Tagesordnung in erster Linie die europäische Wirtschafts- und Währungskrise steht.

CC

Schlagwörter: Rumänien, Wirtschaft, Politik, Schengen-Abkommen

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