31. März 2013

Von Gethsemane nach Ostern

Die Osterbotschaft ist die Mitte des christlichen Glaubens und Denkens! Sie kann nur im Zusammenhang mit dem unfassbaren Kreuzesgeschehen auf Golgatha erlebt und gedeutet werden. Die Botschaft von der Auferstehung Jesu wurde anfangs von wenigen Frauen und Männern gehört, weitergesagt und bezeugt. Erst später wurde sie, aufgrund mündlicher Überlieferung, niedergeschrieben. Alle vier Evangelien berichten, in Einzelheiten unterschiedlich, über Jesu Weg zum Kreuz und Auferstehung.
Der Apostel Paulus bezeugt im 15. Kapitel des 1. Korintherbriefes, schriftlich wahrscheinlich als Erster, die Begegnung mit dem Auferstandenen. In vielen Sprachen erreichte die frohe Botschaft die ganze Welt, zum Teil auf wundersamen Wegen. Die kürzeste Form der Osterverkündigung ist: „Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden!“ Neben der sprachlichen Überlieferung entwickelte sich von Anfang an die darstellende christliche Kunst. Die Zeichnungen und Gemälde widerspiegeln das zeitgebundene Verstehen der biblischen Geschichten und sind Ausdruck des jeweiligen Kultur- und Zeitgeistes.
Das Altarbild „Jesus im Garten Gethsemane“ von ...
Das Altarbild „Jesus im Garten Gethsemane“ von Carl Dörschlag (1869) in der evangelischen Kirche in Brenndorf. Foto: Petra Reiner
Das nebenstehende Altarbild aus der evangelischen Kirche in Brenndorf ist ein sichtbarer Beweis dafür. Die Burzenländer Gemeinde war um die Jahrhundertwende durch mehrere Erdbeben heimgesucht worden. Trotz schwerer Zeiten, mit vielen Umbrüchen, wurde eine neue Kirche gebaut. 1869 erstellte der aus Mecklenburg (Hohen-Luckow) nach Siebenbürgen eingewanderte Maler und Zeichenlehrer Carl Dörschlag ein neues Altarbild, das von C. Schöpfer aus Kronstadt in einem vergoldeten Rahmen in die Altarnische eingesetzt wurde, flankiert von klassizistischen Säulen. Das Bild stellt „Jesus im Garten Gethsemane“ dar. Als Textvorlage wird dem Maler vermutlich die Stelle aus dem Lukasevangelium, Kapitel 22, Vers 39-43, gedient haben. Die kniende Gestalt Jesu in rotem Gewand, der Farbe des Sieges, aber auch des Blutes, trägt kaum Züge des „leidenden Gottesknechtes“. Die angsterfüllte Bitte: „Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“ liegt zurück und: „Es erschien ihm aber ein Engel vom Himmel und stärkte ihn“. Diesen 43. Vers im 42. Kapitel des Lukasevangeliums stellt der Maler mit der Lichtgestalt eines Engels dar. Das Hässliche der Angst vor dem Kreuzesweg kommt hier nicht vor. Andererseits wird mit dem vom Engel erhobenen Kelch, eine Konzeption des Malers, der unerlässliche Weg des Kreuzes angesagt. Bei dieser Betrachtung können einem die Worte Dietrich Bonhoeffers hilfreich sein: „Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand, so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern aus deiner guten und geliebten Hand“. Es ist aber nicht nur der Kelch des Leides, sondern auch der Kelch des Heils, den Gott mit den Seinen schließt. Der gilt und wird erneuert, wenn die Worte in der Feier des Heiligen Abendmahls die versammelte Gemeinde erreichen: „Dieser Kelch ist das Neue Testament, in meinem Blut, solches tut so oft ihr’s trinket zu meinem Gedächtnis.“

Das Altarbild soll mit seiner starken, die Gemeinde zusammenführenden Aussage das ganze Kirchenjahr über begleiten. Das Bild vermittelt die zentrale Aussage der Verkündigung. Eingesetzt wurde es in einen vergoldeten Rahmen! Ist das zeitgemäß? Das 19. Jahrhundert war für die Siebenbürger Sachsen mit bemerkenswerter Neuorientierung verbunden. Ein Jahr vor der Erstellung des Altarbildes in Brenndorf war Georg Daniel Teutsch zum Bischof der Sachsen gewählt worden. Seine Ansprache nach der Wahl ist von erhabenen Worten über die Zukunft der Kirche erfüllt: „Sie soll,... wachsend in ihrer Treue gerade mit den Stürmen der Gegenwart, Mutter und Pflegerin und Schirmerin der ewigen Güter des Göttlichen sein, die dem Volk und Einzelleben erst den wahren Wert verleihen“(Fr. Teutsch Kircheng. S-428). Fortschritt und Gotteserkenntnis werden zusammen gedacht. Kultur und Religion, Volk und Kirche sollen eine Einheit sein.

Im 21. Jahrhundert reden wir zu Ostern nicht mehr so wie im 19. Jahrhundert in Siebenbürgen. Die Erinnerung aber an Texte und Bilder jener Zeit lässt uns im Lichte des Ostermorgens über die Einheit im Geist unseres evangelischen Glaubens nachdenken. Sie verbindet uns über Grenzen mit dem Ruf: „Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden“! Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich eine stille Karwoche sowie frohe und gesegnete Osterfeiertage.

Dekan i.R. Hermann Schuller

Schlagwörter: Ostern

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