15. Dezember 2016

Käthe Konrad von Heydendorff wird 100 Jahre alt

Am 15. Dezember 2016 begeht Käthe Konrad von Heydendorff ihren 100. Geburtstag – ein Anlass für alle, die ihr nahe stehen, einen Blick auf ihr bisheriges bewegtes Leben zu werfen.
Geboren wurde die Jubilarin 1916 in Petersdorf bei Bistritz. Sie war das zweite von sechs Kindern der Familie Miess. Der Vater war Pfarrer in Petersdorf. 1923 zog die Familie nach Hermannstadt. Dort wurde Pfarrer Miess unter anderem Leiter des Evangelischen Waisenhauses und ­Käthe besuchte die Schule bis zur Hochschulreife. Danach zog sie nach Deutschland und studierte Deutsch und Geschichte in Berlin und Bonn. Das Geschichtestudium vertiefte sie in Bukarest, wo sie auch Studentin des berühmten Historikers ­Nicolae Iorga war. 1940 heiratete sie Karl Konrad von Heydendorff, zwei Jahre später kam Tochter Susanne zur Welt. Bis 1948 unterrichtete sie Deutsch und Geschichte unter anderem am Pempflingergymnasium. Nach der Verstaatlichung der Schulen zog sie zu ihrem Ehemann nach Bukarest. Vor 1948 war dieser dort ­Fabriksbesitzer. Von 1950 bis 1971 war Käthe von Heydendorff am deutschsprachigen Lyzeum in Bukarest als Deutschlehrerin tätig. Danach zog die ganze Familie zu ihrem Bruder Heinz nach Mannheim, der dort eine große Anwaltskanzlei besaß. Heinz besorgte Käthes Mann eine Anstellung und eine Wohnung in ­Edenkoben. Auch in Deutschland hat die Jubilarin einige Jahre Deutsch an Gymnasien unterrichtet.

Nach dem Tode ihres Gatten zog sie nach Speyer, wo sie bis 2010 in ihrer eigenen Wohnung lebte. In diesem Jahr haben sie ihre Kräfte verlassen und sie war gezwungen, in ein Pflegeheim zu ziehen, wo sie auch heute lebt. Käthe Konrad von Heydendorff war eine tüchtige, tatkräftige, resolute Lehrerin. Sie konnte sich stets Respekt verschaffen. Dabei war sie gut vorbereitet, konnte sich in die Gedankenwelt ihrer Schüler hineinversetzen, war eine gute Pädagogin, geachtet auch von ihren Kollegen. Kurz gesagt: Sie war eine Lehrerin mit Renommee.

Dass ich persönlich zur Feder gegriffen habe, um Käthe von Heydendorff zu würdigen, hat besondere Gründe. In den Jahren von 1945 bis 1948 war ich ihr Schüler am Pemflingergymnasium, das damals den Status eines „Einheitsgymnasiums“ hatte.
Käthe Konrad von Heydendorff, 1945 ...
Käthe Konrad von Heydendorff, 1945
In der fünften Klasse hat sie bei uns Geschichte unterrichtet, in den folgenden Jahren neben Geschichte auch Deutsch. Schon in der fünften Klasse wurde meine Geschichtslehrerin auf mich aufmerksam nach einem „Extemporale“ über die Phönizier. Die Geschichte des Altertums faszinierte mich und unsere Lehrerin hat uns alles so erzählt, dass man das Gefühl hatte, dabei gewesen zu sein. Die Jahre 1946 und 1947 waren im Allgemeinen kritisch, aber besonders für meine Mutter und mich. Wir hatten kein Einkommen und aus Mangel an Schuhen und Kleidern konnte ich die Schule nicht besuchen. Da ist Käthe von Heydendorff aktiv geworden. Sie besorgte mir Kleider und Schuhe und mobilisierte ihren Onkel, den Lederfabrikanten Hientz. Der brachte uns selbst 300 000 Lei nach Hause, eine sehr hilfreiche Summe trotz der damals herrschenden Inflation. Weihnachten 1946 herrschte große Not in unserem Hause, da öffnete sich plötzlich das Tor und ein Junge brachte einen großen Korb mit Mehl, Brot, Zucker und sonstigen Köstlichkeiten. Als meine Mutter krank wurde und für mehrere Monate ins Krankenhaus musste, brachte mich meine Deutschlehrerin ins Waisenhaus. Auch dort war Schmalhans Küchenmeister, das Rote Kreuz hat dem Waisenhaus jedoch Haferflocken und Kondensmilch gespendet, so dass wir etwas zu essen hatten. Käthe von Heydendorff sorgte dafür, dass ich hier Privilegien genoss. Außerdem kaufte man mir eine teure Brille und beschloss, mein weiteres Studium zu finanzieren. Daraus wurde dann nichts, denn die Schulen wurden kurz darauf verstaatlicht und mein Vater kam endlich aus der Ukraine zurück.

Meine Dankbarkeit für das, was Käthe von Heydendorff für mich getan hat, kennt keine Grenzen und auch auf diesem Wege will ich das bekräftigen. Nachdem ich 1987 nach Deutschland gezogen bin, habe ich Familie Heydendorff besucht. Ich habe Käthe von Heydendorffs Mann kennengelernt, mit den Brüdern Heinz und Kurt gesprochen. Susanne wurde mir schon 1948, als zierliches Mädchen von sechs Jahren, vorgestellt. Mittlerweile ist Käthe von Heydendorff einsam geworden. Sie hat auf tragische Weise eine Tochter verloren, danach den Ehemann und vor einigen Jahren ihren jüngsten Sohn. Geblieben sind ihr Enkel und Urenkel und ihre liebe Tochter Susanne, die sie regelmäßig besucht.

Ich wünsche der Jubilarin, auch im Namen aller ihrer Verwandten und Bekannten, zum Erreichen des begnadeten Alters von 100 Jahren alles Gute, Gesundheit und seelischen Frieden im Bewusstsein, als Mensch und Lehrerin das Bestmögliche geleistet zu haben.

Raimar Kailan

Schlagwörter: Jubilarin, Pädagogin, Geburtstag

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