20. Januar 2023

Rechtsfragen: Vor 1993 erteilte Aufnahmebescheide und Übernahmegenehmigungen weiter wirksam!

Der Artikel „Aktuelle Rechtsfragen zum Europäischen Nachlasszeugnis (A) und zum Aussiedler-/Spätaussiedlerzuzug aus Rumänien nach dem BVFG (B)“ von Bundesrechtsreferent Dr. Johann Schmidt, erschienen in der Siebenbürgischen Zeitung, Folge 1 vom 16. Januar 2023, Seite 4, und in der SbZ Online vom 16. Januar 2023 bietet teilweise Anlass zu einer Richtigstellung.
Tatsächlich ist der Aussiedlerzuzug mit dem 31. Dezember 1992 beendet worden. Gleichwohl können Personen, die vor diesem Datum seit dem 1. Juli 1990 einen Aufnahmebescheid oder vorher eine Übernahmegenehmigung erhalten haben, weiter unter Berufung auf diese Bescheide einreisen und auch als Spätaussiedler anerkannt werden. Die Bescheide sind nicht unwirksam geworden! Zwar hatte der Gesetzgeber mit dem 7. Änderungsgesetz zum Bundesvertriebenengesetz tatsächlich zunächst deren Unwirksamkeit ab Januar 2010 angeordnet. Diese Regelung ist jedoch schnell als vollständig kontraproduktiv erkannt worden, weil sie Altbescheidinhaber zur Aussiedlung gezwungen hätte. Der Gesetzgeber hat sie daher mit dem 8. Änderungsgesetz vom 6. Juli 2009 wieder aufgehoben.
Verwaltungspraktisch hat das Bundesverwaltungsamt daher durchgehend die alten Bescheide anerkennen können. Das Bundesverwaltungsamt wendet in diesen Fällen das sogenannte „Günstigkeitsprinzip“ an, nach dem eine Aufnahme dann möglich ist, wenn die Personen entweder die Voraussetzungen des neuen oder diejenigen des alten Rechts erfüllen. In der Tat hat die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Anerkennung der Rumäniendeutschen nach neuem Recht (seit 1993) bis auf wenige Ausnahmefälle unmöglich gemacht. Personen, die einen Bescheid seit dem 01.01.1993 erhalten haben, können daher heute regelmäßig nicht mehr registriert und verteilt werden. Aber auf vor 1992 erteilte Altbescheide findet wahlweise auch das alte Recht Anwendung. Wenn die Inhaber prägend im deutschen Volkstum erzogen wurden – was bei Rumäniendeutschen meist der Fall ist – können sie deshalb auf dieser Grundlage auch heute noch aussiedeln. Dies ist bei Aufnahmebescheidinhabern anhand der Verwaltungsakte in der Regel unproblematisch nachweisbar. Inhaber von Übernahmegenehmigungen müssen aber mit einer genaueren Prüfung rechnen, weil diese Bescheide meist ohne Vollprüfung der Voraussetzungen auf die Angaben der Verwandten im Bundesgebiet hin erteilt wurden. Aber wenn bei Erteilung der Übernahmegenehmigung die Voraussetzungen tatsächlich vorlagen, behalten auch sie ihre Gültigkeit. Personen, die noch im Besitz solcher Bescheide sind und eine Übersiedlung nach Deutschland planen, sollten sich vertrauensvoll an das Bundesverwaltungsamt wenden, wenn sie Rumänien heute noch verlassen wollen. Es wäre bedauerlich, wenn berechtigte Personen durch die unvollständige Darstellung der Rechtslage von der Geltendmachung ihrer Ansprüche abgehalten werden würden.

Wolfgang Sehmsdorf, stellv. Leiter der Abteilung „Staatsangehörigkeit, Spätaussiedleraufnahmeverfahren“ im Bundesverwaltungsamt, Köln

Stellungnahme

Stellungnahme von Rechtsanwalt Dr. Johann Schmidt, Bundesrechtsreferent des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, zur Richtigstellung des BVA:

„In der Tat habe ich die Korrektur des Gesetzgebers durch das 8. Änderungsgesetz vom 6. Juli 2009 übersehen. Die Richtigstellung des Bundesverwaltungsamtes (BVA) bezieht sich aber nur auf Altbescheide die vor dem 1. Juli 1993 erteilt wurden. Für alle Aufnahmebescheide, die danach erlassen wurden (dies betraf die an mich gestellten Anfragen), sind meine Ausführungen zutreffend. D.h., das BVA erweckt unberechtigte Hoffnungen für den zuletzt genannten Personenkreis.“

Schlagwörter: Rechtsfragen, Aussiedlerzuzug, Richtigstellung

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