23. November 2000

Schloss Horneck in Gundelsheim - Ort des praktizierten Gemeinsinns und der kulturellen Erbebewahrung

Als einen tragenden Ort des praktizierten sächsischen Gemeinsinns und der kulturellen Erbewahrung hat Alfred Mrass, Vorsitzender der landsmannschaftlichen Landesgruppe Baden-Württemberg, das Heimathaus Siebenbürgen auf Schloss Horneck in einer Feierstunde bezeichnet, die dessen Trägerverein, der "Hilfsverein Johannes Honterus e.V.", am 18. November in der Gundelsheimer Deutschmeisterhalle aus Anlass seines und des 40-jährigen Bestehens der humanitär-sozialen Einrichtung veranstaltet hatte.
Vor etwa 250 Festgästen sagte Mrass, der Ort habe wie kaum ein anderer in Deutschland Aussiedlern aus ganz Siebenbürgen "Heimatfindung in vielfachem Sinne" ermöglicht. Der Vertreter der Landsmannschaft würdigte beim Festakt, der von Pfarrer Lothar Schullerus mit einer Andacht eingeleitet worden war, die Einrichtung als weithin sichtbares Zeichen sächsischer Tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit. Die Gründerväter hätten, als sie vor vier Jahrzehnten den Hilfsverein ins Leben riefen und das Schloss in dessen Besitz brachten, "Weitsicht, Risikobereitschaft und Verantwortungsgefühl" sowohl für die betagten Landsleute als auch für die Gemeinschaft als Ganzes bewiesen. "Ich frage mich", so Mrass in seinem streckenweise sehr persönlich gehaltenen Grußwort an die Festversammlung, "ob heute noch jemand den Mut hätte, ein Schloss um viel Geld zu kaufen, wenn er das Geld nicht hat!" Die Unternehmung sei dennoch voll gelungen, und die seinerzeit treffend gewählte Bezeichnung "Heimathaus" habe sich in vielen Hinsichten bewährt: die Einrichtung sei Heimstatt geworden nicht nur für alte Menschen, sondern auch für die Siebenbürgische Bibliothek, für deren Archiv, für das Siebenbürgische Museum und die vielen sächsischen Verein, die von dort aus verwaltet werden: "Auf Horneck kann man räumlich Heimat finden, man kann geistig Heimat finden, und Schloss Horneck ist auch ein Hort für emotionale Heimat, eine Heimat für Gefühle", sagte Mrass und spielte zudem auf das Mittlertum an, das diesem Ort eigen sei und von ihm ausgehe: "Würde man eine ideelle sächsische Brücke zwischen Siebenbürgen und Deutschland bauen, dann wäre der Brückenpfeiler hier in Deutschland Schloss Horneck."
Die Entwicklung des Hauses in den vierzig Jahren seines Bestehens zeichnete Dr. Christian Phleps, der Vorsitzende des Hilfsvereins, in seiner Festrede nach. Er erinnerte an die Männer der ersten Stunde, an Oskar Kraemer, Richard Langer, Erwin und Julius Wonner, an Erich Phleps und Julius Zimmermann, die 1960 das Wagnis des Schlosskaufs und der Heimgründung aus ersten Spenden und über finanzielle Transaktionen auf sich genommen hatten. Nur wenige Monate später hatten in dem ehemaligen Deutschordensschloss und Lungensanatorium bereits 60 bedürftige Heimbewohner ein Zuhause gefunden. Für ihr Wohlbefinden sorgten Leute wie Kurt Loew oder Maria Bayer, danach Hansi Konnerth und Britta Tartler-Kopp, anschließend Wolfgang Steiner und Helga Bitto als Heimleiter bzw. "Heimmütter" sowie ein zahlenmäßig ständig anwachsendes Betreuungspersonal. Ihm stehen heute jüngere Leute vor, Gerhard Schmidt und Susanne Schuster, die das fortsetzen, was ihre Vorgänger begonnen haben. Stets habe man beim Auf- und Ausbau der Einrichtung, stellte Phleps in seinem Rückblick dankend fest, auch die Unterstützung der Stadt Gundeslheim und ihrer Bürger sowie des Diakonischen Werks in Baden-Württemberg in Anspruch nehmen dürfen.
Die Atmospäre des Hauses werde geprägt, so Phleps, "von zum Teil noch aus der Jugend stammenden Freundschaften, von der Pflege der Mundart, der vorwiegend heimatlichen Küche, doch auch von kulturellen und geselligen Angeboten". Heimbewohnerinnen organisieren zusätzlich in eigener Regie die Betreuung hilfsbedürftiger Mitbewohner durch noch Rüstige bei Spaziergängen, Besuchen, Besorgungen. Hier lebe "in gewandelter Form die bewährte sächsische Tradition" nachbarschaftlicher Hilfe fort. Darüber wusste seitens des Heimbeirats Gertrud Fröhlich zu berichten, die unter anderem auch die Musikabende dankend hervorhob, die Ernst Irtel, selbst Heiminsasse, wöchentlich im Barocksaal des Schlosses veranstaltet. Heute verfügt das Haus, so konnte Phleps nicht ohne Stolz bekannt geben, über 120 Heimplätze und drei Dienstwohnungen, mehrere funktionelle Gemeinschaftsräume und einen technisch modernst ausgestatteten Pflegebereich, der in diesem Jahr voll funktionsfähig wurde.
Das alles aber sei, unterstrich Phleps, nur die Eine Seite des Lebens an diesem Ort. Bereits 1960 hatten die Väter von Verein und Einrichtung neben der Aufgabe, "hilfsbedürftigen Personen vor allem unter den evangelischen Siebenbürger Sachsen in ihrer allgemeinen Notlage zu helfen", auch einen zweiten Zweck in der Gründungssatzung festgeschrieben, nämlich "die Pflege des siebenbürgischen Kulturgutes und Brauchtums", zitierte der Vereinsvorsitzende. So konnten hier aus einer bescheidenen Heimatstube das heutige Siebenbürgische Museum mit seinen wertvollen Sammlungen entstehen und sich am gleichen Ort die Siebenbürgische Bibliothek samt ihrem Archiv zu einer "Nationalbibliothek der Siebenbürger Sachsen" mit inzwischen 60 000 Titeln an Transylvanica auswachsen. Der Verein gewährt den beiden Institutionen, die längst selbständig geworden sind, auch heute noch Mietfreiheit, und inzwischen ist Gundelsheim, so Dr. Harald Roth, Leiter der Bibliothek und Geschäftsführer des Landeskundevereins sowie des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats, in seinem Grußwort an die Versammelten, nicht nur in Deutschland, sondern auch in mehreren Ländern Südosteuropas, gar in Siebenbürgen selbst, zum "Synonym für siebenbürgische Wissenschaft und Kultur" geworden. Daher auch die Besorgnis, die sowohl hierzulande als auch in Rumänien von Absichten der Bundesregierung und ihres Kulturbeauftragten ausgelöst worden ist, dieses Zentrum auseinander zu reißen.
Dagegen Widerstand zu leisten, sei Aufgabe aller Beteiligten (und Betroffenen), forderte Phleps vor der Festversammlung, an die auch Stadtrat Wolfgang Schabel als Stellvertreter des Gundelsheimer Bürgermeister ein Grußwort gerichtet hatte und die von der siebenbürgischen Blaskapelle aus Stuttgart musikalisch umrahmt wurde. Der Vorsitzende des 40-jährigen Trägervereins schloss seine Festrede mit den Worten: "Unsere Verpflichtung für die Zukunft ist es, unserem kulturellen Erbe im Heimathaus eine beständige zentrale Heimstatt zu erhalten und dafür auch zu kämpfen, allen augenblicklichen politischen Bestrebungen der Bundesregierung zum Trotz."

Hannes Schuster

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