22. Juni 2002

Deutsche Minderheit und Regierungspartei unterzeichnen Protokoll

Die in Bukarest regierende Sozialdemokratische Partei (PSD) und das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) vereinbaren vielversprechende Zusammenarbeit / DFDR-Vorsitzender Klaus Johannis feiert zugleich mit diesem Ereignis seinen 43. Geburtstag
Es war nicht nur ein politischer Sieg für den neuen DFDR-Landesvorsitzenden, sondern mitunter auch ein willkommenes Geburtstagsgeschenk: Klaus Johannis unterzeichnete am 13. Juni, als er sein 43. Lebensjahr erfüllte, in der Landeshauptstadt das Kooperationsprotokoll zwischen der regierenden Sozialdemokratischen Partei (PSD) und dem deutschen Landesforum (DFDR). Gegengezeichnet wurde die Vereinbarung von Ministerpräsident Adrian Nastase, der auch PSD-Vorsitzender ist.

Ähnlich dem Abkommen zwischen der PSD und dem Ungarnverband (UDMR) hat nun auch das Forum eine verbindliche Vorlage für die künftige Zusammenarbeit mit der rumänischen Regierungspartei und mithin der Bukarester Regierung. Ähnlich verliefen auch die Vorgespräche zu diesem Rahmenprotokoll, worüber das Forumsinfoblatt und die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien (ADZ) mit erheblicher Verspätung berichteten. An den Gesprächen nahmen Landesvorsitzender Johannis, seine Stellvertreter Klaus Fabritius (Altreich) und Karl Singer (Banat), zudem der DFDR-Abgeordnete Wolfgang Wittstock und der Unterstaatssekretär im Departement für interethnische Beziehungen des Ministeriums für öffentliche Informationen, Ovidiu Gant, seitens des Forums teil. Die PSD war durch Adrian Nastase, Chef der einstigen Iliescu-Partei, dessen neuen Stellvertreter Viorel Hrebenciuc, zudem PSD-Generalsekretär Cosmin Gusa, Transportminister Miron Mitrea und den PSD-Abgeordneten Petre Moldovan vertreten. Aus der DFDR-Mitteilung geht weder hervor, wo und wann die vorbereitenden Treffen stattfanden und wer dabei auf was besonderen Wert legte. Genannt wird lediglich der Rahmen, der von beiden Seiten abgesteckt wurde. Dazu gehörten vor allem die künftige Kooperation auf Parlaments- und Lokalebene, aber auch spezifische Probleme der deutschen Minderheit, beginnend mit der Eigentumsrückgabe bis hin zur Förderung ihrer Kultur, Medien und Schulen. Klaus Johannis jedenfalls freute sich gleich nach der offiziellen Unterzeichnung, "dass es so etwas nun gibt, in dem unsere Rechte anerkannt sind."

Nach einer Präambel wird im Protokoll auf elf Seiten und in fünf Kapiteln festgehalten, was die beiden Gremien bis zu den nächsten Wahlen gemeinsam vorantreiben wollen, "haben wir doch viele gemeinsame Anliegen, die man zum Nutzen Rumäniens und seiner Bürger - unabhängig ihrer Ethnie - in die Tat umsetzen kann", so der Bürgermeister von Hermannstadt. In seiner Eigenschaft als Stadtvater am Zibin drängte er auch auf einen Zusatz im Protokoll: "Im Falle Hermannstadts wird der Bürgermeister in all seinen Unternehmungen unterstützt, die er im Interesse der Stadt anregt. Dieser Punkt wird noch detailliert mit der lokalen PSD-Organisation ausgehandelt." Auf diese Weise könnte auch der Konflikt geschlichtet werden, der zwischen den PSD-Lokalräten und dem Bürgermeister, wie berichtet, seit geraumer Zeit schwelt.

Weitere Vereinbarungen zwischen Forum und Regierungspartei sollen laut Protokoll in den nächsten 30 Tagen auch in anderen Städten Rumäniens auf kommunaler Ebene geschlossen werden. Bisher drangen allerdings noch aus keiner Siedlungsregion der Deutschen in Rumänien diesbezügliche Meldungen an die Medien. Selbst in Hermannstadt lässt man sich offenbar noch Zeit.

Der Zeitrahmen der Zusammenarbeit insgesamt wird im Titel des Protokolls eindeutig formuliert: "Die Zusammenarbeit zwischen der Sozialdemokratischen Partei und dem Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien in der Zeitspanne 2002 bis 2003", also praktisch bis zum Wahljahr 2004, ohne jedoch eine Koalition vor oder nach dem Urnengang anzupeilen. Im ersten Kapitel wird in acht Punkten zunächst auf die politischen Beziehungen beider Seiten verwiesen und mithin der gegenseitige Meinungs- sowie Informationsaustausch zwischen den Vorständen der beiden politischen Formationen befürwortet. Focussiert auf den Minderheitenschutz im Allgemeinen wollen die Unterzeichner auf die "korrekte Anwendung" des Vertrags zwischen Rumänien und Deutschland über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa aus dem Jahre 1992 achten und weitere Gesetzesinitiativen in dieser Richtung ergreifen. Auch solle der deutschen Minderheit über das zuständige Departement künftig eine Unterstützung gemäß der Zahl ihrer Mitglieder und Organisationen gewährt werden. Wie berichtet, rangiert bei diesem Eckwert das Forum zurzeit noch weit hinter den Ukrainern und anderen kleineren Interessenverbänden im Land.

Die Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene wird im zweiten Kapitel festgeschrieben, in Kapitel 3 werden am ausführlichsten auf gleich sechs Seiten die gesamte innenpolitische Problematik angesprochen und gemeinsame Lösungen angestrebt. Im Klartext heißt es u.a.: Das Forum verpflichte sich, die Exekutive bei der Umsetzung des Regierungsprogramms 2002, das inzwischen vom Parlament angenommen wurde, zu unterstützen, zudem deutsche sowie österreichische Gelder zur Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen, aber auch zur Unterstützung der Gesundheitsfürsorge heranzuziehen, Städte- oder andere Partnerschaften vorrangig im deutschsprachigen Raum Europas anzubahnen, Stipendien für Schüler und Studenten aus Rumänien zu vermitteln, deutschsprachige Schuleinheiten generell auszustatten, die Lehrerfortbildung auszubauen und, und, und.

Im Gegenzug werde die Regierungspartei dafür sorgen, dass die Aushändigung der Eigentumszertifikate bei der Bodenrückgabe in "großen Zügen" bis zum 31. Dezember 2002 vollzogen sein werde. Neue Bestimmungen zur Immobilienrückgabe soll die Regierung nach vorherigen Konsultationen mit dem Forum noch in diesem Jahr dem Parlament unterbreiten, das Rückgabegesetz für einst enteignetes Kirchen- oder anderes Gemeinschaftsgut müssen beide Kammern bis zum 30. September dieses Jahres annehmen. Neue Kompetenzen erhalten überdies die lokalen Behörden bei der Umbenennung von Straßen und Institutionen aus den unterschiedlichsten Bereichen, überhaupt wolle man in gegenseitigem Einvernehmen ständig die korrekte Anwendung des Kommunalverwaltungsgesetzes 215/2001 verfolgen. Vorgesehen sind selbst Rentenerhöhungen, finanzielle Zuschüsse für die Altenheime in Hermannstadt und Temeswar sowie Entschädigungen für jene, die seinerzeit zum Militärdienst in Arbeitslager eingezogen wurden. Auch unterstützt die Regierungspartei die Bemühungen des Forums um den Erhalt der deutschsprachigen Medien, fallweise sogar deren Ausweitung. Auf alle Fälle wolle man die einzige Tageszeitung in deutscher Sprache, die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien (ADZ), weiterhin über das Forum fördern.

Unter Punkt 9 dieses Kapitels werden schlussendlich andere Bereiche der Zusammenarbeit angeführt. So will man mit Forumsbeteiligung ein Forschungsinstitut für die Probleme der nationalen Minderheiten gründen, den Lokalforen in Galatz, Piatra Neamt und Craiova sollen demnächst entsprechende Amtsräumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden mit der Möglichkeit, diese auch zu erwerben.

Ein Ausschuss, bestehend aus je fünf Vertretern beider Seiten, so die Schlussbestimmungen, wird die Durchführung dieser Vereinbarung überwachen und monatlich den Landesvorständen beider Gremien Bericht erstatten. Die Führungsspitzen beider politischer Formationen prüfen sodann halbjährlich die Erfüllung des Protokolls und beraten gemeinsam über mögliche Maßnahmen.

So der Text, den, laut unseren Unterlagen, Johannis und Nastase eigentlich schon am 8. April 2002 sowohl in Bukarest als auch in Hermannstadt hätten unterzeichnen sollen. Die Beziehungen zwischen der Regierungspartei und dem Forumsspitzenvertreter in seiner Eigenschaft als Bürgermeister von Hermannstadt waren jedoch zu dem Zeitpunkt, wie in der Siebenbürgischen Zeitung-Online berichtet, besonders angespannt. Kurz vor der Sommerpause und zum Abpfiff der ersten Halbzeit für die Legislatur der Lokalräte reichte man sich nun in einer Feierstunde am Zibin friedlich die Hände. Und anders dürfte das nicht sein, wenn das lokale Protokoll zwischen PSD und Hermannstädter Forum (DFDH) demnächst unterschrieben wird. Lediglich ein anderer Unterzeichner greift dann zur Feder: entweder Hans Klein als neuer DFDH-Vorsitzender oder Martin Bottesch als neuer Vorsitzender des Zentrumforums am Zibin.

Martin Ohnweiler

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