3. Dezember 2002

Geschichten rund um den Handball in Siebenbürgen (XVII)

Die Tehnometal-Wiege stand in Sackelhausen / Bei der Gründung des Klubs 1950 stehen neun Spieler aus dem Nachbardorf Temeswars in der Mannschaft / Deutscher Gegenpol zur Politehnica und Auffangbecken für Spieler vom Lande
Wenn die Handball-Mannschaften der beiden Temeswarer Klubs Tehnometal und Politehnica gegeneinander spielten, war stets etwas los. In diesen Begegnungen kam die Rivalität zwischen der "deutschen" Tehnometal und der "rumänischen" Politehnica zum Vorschein, sagt Franz Reitz, der zu den neun Spielern gehört, die 1950 von Sackelhausen zu Tehnometal gewechselt sind. Tehnometal war das Auffangbecken für Talente aus den Banater Dörfern. Der größte Spieler, den der Klub hervorgebracht hat, ist Josef Jakob, in den 60er Jahren der beste Rechtsaußen der Welt. "Die Wiege von Metalul, später Tehnometal, stand in Sackelhausen", sagt Reitz.

Tehnometal 1968: stehend von links nach rechts: Gerhard Csaftary, Horst Vollmann, Petrica Mindoiu, Niki Messmer, Nita, Gerhard Marschang, Trainer Michael Gimpel, Istvan Kardos (Spartenleiter), kniend von links: Nikolaus Dian, Peter Wagner, Helmut Pauli, vorne: Fritz Tettambel
Tehnometal 1968: stehend von links nach rechts: Gerhard Csaftary, Horst Vollmann, Petrica Mindoiu, Niki Messmer, Nita, Gerhard Marschang, Trainer Michael Gimpel, Istvan Kardos (Spartenleiter), kniend von links: Nikolaus Dian, Peter Wagner, Helmut Pauli, vorne: Fritz Tettambel

Im Herbst 1947 gründen Nikolaus Maus und Andreas Groß mit einigen älteren Spielern den ersten Nachkriegs-Handballverein in Sackelhausen: Peter Lutz, Hans Lutz, Georg Wilhelm, Friedrich Michels, Nikolaus Huschitt, Hans Hummel, Hans Ortinau und Jakob Schmitz. Ein schwieriger Anfang, denn jede Sportausrüstung fehlt. Die Spieler gehen mit der Büchse Geld sammeln. Kurz darauf gründet die Jugend eine zweite Mannschaft. Ihr gehören an: Nikolaus Wilhelm, Mathias Potye, Nikolaus Reiter, Mathias Ortinau, Peter Schimmer, Nikolaus Andres, Michael Kühn, Hans Müller und Franz Reitz. Der Tehnometal-Betrieb vor den Toren Temeswars hat in seinem Chefingenieur Ionita Bagiu einen Handballverrückten im besten Sinne des Wortes. Er gibt den jungen Männern Arbeit und Zeit zu trainieren, sie haben die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen. Der Handballbetrieb beginnt mit seinem Weggang zu leiden, erinnert sich Reitz. Doch das ist nicht der einzige Grund für den Niedergang des Handball-Betriebs bei Tehnometal. Die Deutschen beginnen auszuwandern. Es fehlt der Nachwuchs. Zu den Handballern der ersten Stunde, die von Sackelhausen zur Tehnometal wechseln, gehören, neben Reitz, Peter Lutz, Hans Hummel, Jakob Schmitz, Hans Ortinau, Michael Kühn, Hans Müller, Reinhold Jung und Hans Tettambel. Hinzu stoßen Peter Huhn aus Schag, Hans Metz und Peter Jünger aus Gertjanosch, Hans Decrean und Roland Wirt aus Temeswar, Leonhard Walzer aus Triebswetter und Michael Ehrenreich aus Neubeschenowa. 1952 wird die Mannschaft Kreismeister gegen Gegner wie Jahrmarkt mit Hans und Franz Frombach, Adam Jauch und Mathias Krämer, gegen CFR Temeswar mit dem Sackelhausener Karl Wetzler und gegen IRP mit Nikolaus und Adam Reiter aus Sackelhausen. 1954 steigt Tehnometal in die erste Liga auf. Neue Spieler kommen hinzu: Peter Stahl und Nikolaus Dennel aus Bogarosch und Virgil Puscasu von Stiinta Temeswar. Im zweiten Jahr im Oberhaus kommen hinzu: Torsteher Hans Angel und Oskar Sipos aus Temeswar, Victor Ghita und Mircea Oprea aus Bukarest, ferner Nikolaus Michel aus Orzidorf. Die Mannschaft hält sich bis zur Auflösung des Großfeldhandball-Betriebs in der ersten Liga. Die Blütezeit erlebt der Klub 1956. In dieser Zeit finden erste internationale Begegnungen statt gegen Vasas in Budapest und Temeswar. Erster Tehnometal-Trainer ist Georg "Schnuck" Gunesch, der bereits die Politehnica in Temeswar in ihren Anfängen trainiert hat. Nach Gunesch betreuten die Mannschaft in Großfeld-Zeiten Erhard Bonfert, Waldemar Zawadzki, Adam Fischer und, bis zu seiner Flucht 1978, Lennhart Walzer.

Die Rivalität zwischen Tehnometal und Politehnica war groß, sagt Reitz, die Mannschaften lieferten sich stets harte Spiele. Und wenn sie in der Halle gegeneinander angetreten sind, war die Siebenbürger Kaserne zu klein, um die Zuschauer zu fassen. Am Anfang geht Stiinta (Poli) meist als Sieger aus den Duellen hervor. Doch mit der Verpflichtung von Jakob ändert sich das. Einen der größten Siege erringt Tehnometal auf dem Stiinta-Platz in der Meisterschaft mit einem 18:8, erinnert sich Reitz. Josef Jakob steuert vor 15 000 Zuschauern acht Tore zum Sieg bei. Auf dem Großfeld belegt die Mannschaft 1955 Platz fünf, in den beiden folgenden Jahren unter dem Namen Energia jeweils Platz vier, 1958 Platz neun und 1959 Platz sechs. Doch auch mit Hatzfeld liefert sich Tehnometal in den 50er Jahren große Spiele auf dem Großfeld. Reitz: "Es ging um die schwäbische Überlegenheit."

Mit dem Aufstieg in die erste Liga wird Reitz in die Nationalmannschaft berufen. Er darf 1955 zwei Spiele gegen Jugoslawien bestreiten, eines in Bukarest und eines in Temeswar. An einer Reise nach China und Japan darf der Linksaußen nicht teilnehmen. 1961 zieht Tehnometal seine Mannschaft aus dem Großfeld-Ligabetrieb zurück. Auf dem Kleinfeld und in der Halle verliert Tehnometal 1959 das Spiel um Platz drei gegen Politehnica 21:29. 1962 wird Poli Vizemeister vor Tehnometal. Im Jahr darauf belegt Tehnometal den dritten Platz vor Politehnica. 1963 steigt die Mannschaft ab. Nach dem Abstieg wurde in den 60er Jahren bei Tehnometal die Devise ausgegeben: Nur nicht in die erste Liga aufsteigen, denn wir haben nicht die Mittel, um uns zu verstärken.

Ein Teil der Tehnometal-Geschichte ist mit dem Namen Michael Gimpel verbunden. Der am 3. September in Lowrin geborene Gimpel stößt 1957 zur Tehnometal und hütet deren Tor, um 1958 Abwehrspieler zu werden. Es ist bereits die Zeit, in der das Handballfeld in drei Teile gegliedert ist - der Anfang vom Ende des Großfeldhandballs, sagt Gimpel. An ein Spiel gegen den Lokalrivalen Politehnica vor 15 000 Zuschauern erinnert er sich noch sehr gut. Zum 15:14 Sieg steuern Josef Jakob fünf und der Jahrmarkter Tasch drei Tore bei.

1960 qualifiziert sich Tehnometal gegen Reschitza für die Kleinfeld-Meisterschaft und belegt 1961 den dritten Platz im Oberhaus. Gegen Dinamo Bukarest gelingt der Tehnometal ein Überraschungssieg. Trainer Waldemar Zawadzki erprobt eine neue Abwehrvariante, bei der ein Spieler am Kreis bleibt, die anderen fünf aber vorrücken und den Gegner früh stören. Die Bukarester können ihr Angriffsspiel nicht entfalten.

Doch dann kommt der Abstieg. 1966 übernimmt Gimpel die Mannschaft als Trainer. Er betreut sie bis 1973, ist zwischendurch auch mal Vereinspräsident. Dann muss er gehen, weil er einen Ausreiseantrag gestellt hat. 1977 lässt er sich in Trendelburg nieder und führt den VfB Kassel in die Handball-Oberliga. Von 1979 bis 1982 betreut er den Regionalligisten Germania Kassel, für den damals die ehemaligen ungarischen Nationalspieler Istvan Varga und Janos Stiller spielen. Danach beendet er seine Trainertätigkeit.

Johann Steiner


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 13 vom 15. August 2002, Seite 13)

Bewerten:

5 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.