30. April 2000

Regionalgruppe Harbachtal-Großschenker Raum

Die Heimatortsgemeinschaften der Regionalgruppe Harbachtal-Großschenker Raum engagieren sich im Bereich der Siebenbürgenhilfe und unterstützen die Instandhaltung der gemeinschaftlichen Einrichtungen wie Kirchen(burgen), Pfarrhäuser, Friedhöfe u.a. finanziell. Wichtige Aufgaben nehmen die HOGs auch im Bereich der Heimatkunde, der Herausgabe von Chroniken und Heimatblättern sowie der Familienforschung wahr. Dies wurde auf der ersten Tagung der Regionalgruppe in Göppingen festgestellt. Das nächste Treffen ist für den 31. März 2001 geplant.
Mit gemischten Gefühlen waren mehrere HOG-Vertreter am 1. April der Einladung des Vorsitzenden der HOG-Regionalgruppe Harbachtal-Großschenker Raum, Michael Konnerth, zu ihrem ersten Treffen nach Göppingen gefolgt. Doch schon beim Empfang im Gemeinschaftshaus der Kreisgruppe Göppingen der Landsmannschaft, deren Vorsitz ebenfalls Konnerth inne hat, sowie beim Wiedersehen mit Bekannten und Kennenlernen einiger Mitstreiter zerstoben auch die letzten Zweifel, danach folgten die Begrüßung sowie die Erörterung der komplexen Aufgaben unserer Heimatortsgemeinschaften.

Beeindruckend waren die Berichte einiger Ortsvertreter über Erreichtes und noch Geplantes sowie über die Probleme der noch in den Heimatgemeinden lebenden, meist älteren Sachsen. Eine Vorreiterrolle in der Aufbringung der nötigen Gelder spielt zweifellos die HOG Agnetheln, aber auch Michael Glatz (Henndorf) wusste zu berichten, dass 75 Prozent der in Deutschland lebenden Landsleute "ihren Pflichten nachkommen". Die Heimatortsgemeinschaften Henndorf, Leschkirch und Mergeln erheben einen jährlichen Mitgliedsbeitrag von 20, 12 bzw. 10 DM pro Ehepaar; Leschkirch und Mergeln loben die Spendenfreudigkeit mehrerer Mitglieder. Die Schönberger erheben einen Aufschlag auf den Beitrag anlässlich des Heimattreffens.
Im Bereich der Siebenbürgenhilfe sind mehrere HOGs aktiv. Die Agnethler (noch 180 Seelen daheim) spendeten Materialien an Schulen und das Krankenhaus, die Jakobsdorfer (noch 7 Seelen) und Henndorfer schickten wiederholt Hilfsgüter oder Pakete an ihre Landsleute daheim. Auch die Mergler und Marpoder (noch 60 Seelen) unterstützten ihre Heiatgemeinde einige Male mit Hilfsgütern.
Viel komplexer und dementsprechend aufwendiger ist die Instandhaltung der gemeinschaftlichen Einrichtungen wie Kirchen(burgen), Pfarrhäuser, Friedhöfe u.a. durch die Heimatortsgemeinschaften. Die Henndorfer renovierten das Kirchendach, die Schönberger setzten die Kirchenburg 1997 mit 5 000 DM instand. Ein Blitzableiter wurde auf die Henndorfer Kirche montiert, Läutwerke wurden in Schönberg und Mergeln installiert. In gutem Zustand sind die Kirchenburgen in Mergeln (der Grundwasserspiegel wurde dort durch Drainage gesenkt) und Marpod (im Vorjahr ist leider ein Wehrturm eingestürzt).
Die HOG Agnetheln hat Gedenktafeln für die Opfer des Zweiten Weltkrieg und der Russlanddeportation in Auftrag gegeben, die HOG Leschkirch hat die Namen der Teilnehmer an den beiden Weltkriegen und der Opfer der Verschleppung in die Sowjetunion in der Nr. 4 der Leschircher Hefte verewigt (die HOG-Publikation liegt übrigens in mehreren großen Bibliotheken Deutschlands auf).
Bloß Agnetheln und Schönberg sind in Siebenbürgen noch eigenständige Kirchengemeinden mit gewählten Geistlichen, die anderen werden - soweit noch evangelische Gemeindeglieder vorhanden sind - von auswärts betreut. Das Pfarrhaus in Jakobsdorf wurde an eine Sekte vermietet, deren Leiter das Pfarrhaus auch bewohnt. Der HOG Henndorf ist es bisher nicht gelungen, wie beabsichtigt, ein Gästehaus einzurichten.
Zeichen der Verbundenheit mit den Verstorbenen und den Orten der Trauer setzen mehrere Heimatortsgemeinschaften, indem sie sich in der Friedhofspflege engagieren. So haben die Agnethler 10 000 DM eigene Mittel in die Sanierung der Gruften investiert und bezahlen 100 DM monatlich für die Friedhofspflege; die eigentliche Grabpflege wird von den Hinterbliebenen selbst finanziert. Die Schönberger stellten dem Friedhofspfleger eine Motorsense (mit Kreissäge) zur Verfügung und vergüten dessen Arbeit mit 600 DM im Jahr. Die Mergler schafften eine Mähmaschine an und bringen zudem 50 DM monatlich für die Pflege auf. Die Henndorfer haben den Friedhofszaun durch einen in Deutschland lebenden Rentner erneuern lassen, das Gleiche haben Schlatter junge Männer in einer Urlaubsaktion getan. Der Burghüter von Marpod besorgt den gesamten Kirchenbesitz, läutet die Glocken, zieht die Turmuhr auf und pflegt den Friedhof - gegen Entlohnung durch die HOG-Mitglieder.
Wichtige Aufgaben nehmen die HOGs auch im Bereich der Heimatkunde, der Herausgabe von Chroniken und Heimatblättern sowie der Familienforschung wahr. Agnetheln und Jakobsdorf haben schon je zwei Heimatbücher herausgegeben, Henndorf (1995) und Marpod (1998) je eines. Agnetheln hat zudem eine Chronik an Fachleute in Auftrag gegeben, zudem beabsichtigt die HOG, einen Dokumentarfilm über das Heimatstädtchen drehen zu lassen. Leschkirch gibt zu bestimmten Themen die Leschkircher Hefte heraus (bisher acht Nummern). In der Aufarbeitungsphase befinden sich die Ortsmonographien von Leschkirch und Schönberg, die anderen in der Phase des Sammelns. Michael Konnerth (Neithart) setzt moderne Mittel ein (Kassettenrecorder) und kommt mit der Arbeit gut voran. Leschkirch fordert die Wissensträger durch gezielte Fragen, die in jeder Folge des Heimatblattes veröffentlicht werden, zur Mitarbeit auf. Motivierend wirkt auch je ein altes Foto, das im gleichen Blatt unter dem Motto "Das schöne alte Bild der Heimat" erscheint.
Heimatblätter werden regelmäßig von den Heimatortsgemeinschaften Agnetheln, Leschkirch und Mergeln herausgegeben.
Der Familienforschung widmet sich Michael Konnerth, der dabei moderne Mittel (z.B. das AHN-DATA-Programm) einsetzt. Unter großem persönlichem Einsatz fertigten die Agnethler Trachten nach alten Vorlagen an und beteiligten sich sehr erfolgreich am Umzug des Münchner Oktoberfestes 1999 (diese Zeitung berichtete). Die Jakobsdorfer nahmen wiederholt am Trachtentreffen in Ravensburg teil.
Die meisten HOGs der Regionalgruppe sind als lose Vereinigungen organisiert; die Schönberger wollen sich als Verein eintragen lassen. Vorstandswahlen finden in der Regel alle vier Jahre statt, Ausnahme bilden die Agnethler, die jedes fünfte Jahr Wahlen abhalten, und Henndorf, wo alle zwei Jahre die Hälfte der Vorstandsmitglieder neu gewählt wird. Allen HOGs gelingt es vortrefflich, Heimattreffen zu organisieren (die meisten jedes zweite Jahr, Agnetheln alle fünf Jahre) und einige erreichen dabei eine große Teilnahme (Schönberg über 500, Jakobsdorf etwas darunter). Die Agnethler Urzeln sind inzwischen fester Bestandteil des schwäbischen Fasnachtsvereine und sind alljährlich bei dessen Umzügen in Sachsenheim "mit Leib und Seele" dabei.
Der Gastredner Friedrich Schuster berichtete umfassend über die "Dokumentation des siebenbürgisch-sächsischen denkmalwerten Kulturguts". Aus Mitteln der Bundesregierung und in Zusammenarbeit mit deutschen und rumänischen Einrichtungen wurde in den Jahren 1991-1998 Kulturgut in allen ehemals von den Sachsen bewohnten Ortschaften Siebenbürgens gesichert, vermessen, fotografiert und aufgezeichnet. Viel Geld ist für die Herausgabe der zahlreichen Bände der "Denkmaltopographie Siebenbürgen" noch notwendig. Alle Heimatortsgemeinschaften sind aufgefordert, sich finanziell daran zu beteiligen und eine angemessene Bücherzahl zu bestellen. Mehrere Heimatortsgemeinschaften haben das Projekt bereits finanziell unterstützt, z.B. Henndorf mit 3 000 DM und Jakobsdorf mit 800 DM. Friedrich Schuster beantwortete viele Fragen. Die Teilnehmer danken ihm auch auf diesem Wege für seine im Rahmen des Projekts geleistete Arbeit.
Konnerth forderte die Ortsvertreter abschließend auf, die gesetzten Ziele nicht aus den Augen zu verlieren und vor allem die Familienforschung voranzutreiben. Er regte an, eine Datenbank für das Harbachtal zu erstellen, die Daten dafür müssten rechtzeitig beschafft werden. Zur Festigung unserer Verbundenheit könnte ein alljährlich von der Regionalgruppe herausgegebener Kalender mit historischen Fotos beitragen.
Nicht unerwähnt soll hier die hervorragende Bewirtung während des Treffens bleiben. Die Ehegattin des Vorsitzenden, Brigitte Konnerth, sorgte für das leibliche Wohl der Teilnehmer (deftiges Mittagessen, Kaffee, Gebäck, Sprudel und Bier). Ein ganz besonderes Dankeschön sei ihr noch einmal gesagt
Mahnend unterstrich Willi Schneider (Marpod): "Das von unseren Vorfahren geschaffene und an uns vererbte Kulturgut ist für uns zu groß geworden." Dies ist zwar wahr, sollte uns aber alle zum Nachdenken und zum Handeln anregen. Das nächste Treffen der Regionalgruppe findet am 31. März 2001 statt.

Michael Edling

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