2. Februar 2003

Eine begnadete Stimme ist verloschen.

Anton Schlezak, der aus Hermannstadt stammende Tenor und Gesangspädagoge, ist am 17. Januar 2003 in Dillenburg verstorben. In der ihm eigenen Weise hat er das kulturelle Leben über seine Heimatstädte hinaus bereichert - durch seinen Gesang und durch das, was er lehrend weitergab.
83 Jahre eines bewegten, der Musik gewidmeten Lebens sind nun abgeschlossen: Der am 25. November 1919 in Hermannstadt geborene Sänger verstarb am 17. Januar in Dillenburg. Nicht nur die Familie und der Freundeskreis betrauern diesen Verlust, sondern all jene, die sich an Schlesaks Tenor, diesem "Sonderfall makelloser Stimmreinheit" - so Hans Bergel in einer Kritik -, erfreuen durften.

Anton Schlezak
Anton Schlezak

Schon die Stimme des Elfjährigen fiel auf. Der Organist, Komponist und Chorleiter Franz Xaver Dressler wurde zu seinem Mentor - später auch zu seinem Schwiegervater. Dressler bildete zunächst diese Stimme im Rahmen des Brukenthal-Chores aus. Als dessen Sopransolist feierte Schlezak bei einer Tournee durch Deutschland seinen ersten internationalen Erfolg. Welche Bedeutung der Chor und sein Dirigent für Schlezak hatten, machte er in einem Vortrag bei der Gedenkfeier zum 100. Geburtstag von Franz Xaver Dressler im Rahmen der Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturtage 1998 in Freiburg deutlich.

Als dann Schlezaks Entschluss Sänger zu werden reifte, nahm er bei Adele Schopf-Simonis Unterricht. Nach dem Stimmbruch hatte er als Tenor nach kleineren Auftritten mit dem Hermannstädter Bach-Chor sein eigentliches Debüt 1939 als Evangelist in der "Johannes-Passion" von Heinrich Schütz. Bald nach seinem Triumph als Evangelist im "Weihnachtsoratorium" von Johann Sebastian Bach nahm er als Reserveoffizier am Russlandfeldzug teil und geriet 1942 in Gefangenschaft. Bei einem Mitgefangenen, Professor Karl Adams, setzte er seine Gesangsstudien fort und konnte sogar bis zu seiner Entlassung im Jahre 1948 in verschiedenen Lagern auftreten.

Beginnend mit der Tenorpartie bei der Aufführung des "Weihnachtsoratoriums" im Jahre 1948, findet sich der Name Anton Schlezak regelmäßig in den Konzertprogrammen und sein Träger wurde nicht nur "eine musikalische Institution in Hermannstadt" (Karl Teutsch), sondern auch in anderen Städten als Interpret geistlicher Musik sowie als Liedsänger bekannt, gilt gar als "herausragendster siebenbürgisch-sächsischer Sänger der Nachkriegszeit" (K. Teutsch). Das, obwohl er erst zwischen 1959 und 1963 ein reguläres Studium am staatlichen Konservatorium in Hermannstadt absolvierte und sich an internationalen Meisterkursen der "Franz-Liszt-Hochschule" in Weimar im Fach Oratorium und Lied spezialisierte.

Obwohl primär der geistlichen Musik des Barock und der Romantik verbunden - legendär sind Schlezaks Auftritte als Evangelist in den Oratorien und Passionen von Bach - zeigte sich Schlezak zeitgenössischer Musik gegenüber aufgeschlossen. So sang er in den 60er Jahren die Tenorsoli bei Uraufführungen in Hermannstadt - "Friedenskantate", "Cantica humana" oder "Siebenbürgische Suite" von Dressler - und nach seiner Ausreise in Darmstadt - "Offenbarung" und "90. Psalm" von Horst Gehann. Bis ins hohe Alter trat er als Konzertsänger auf: bei den Dillenburger Bach-Wochen, in Oratorien- und Kantatenaufführungen, und bestritt mit seiner Frau, der Pianistin und Cembalistin Christa Schlezak, Liederabende in Deutschland wie im Ausland.

Allerdings erschöpft sich die musikalische Wirksamkeit Schlezaks nicht in der künstlerischen Tätigkeit. Auch als Pädagoge hat er sich um die Vermittlung von Musik verdient gemacht, hat Schüler in Siebenbürgen wie in Deutschland gewonnen, für die Musik empfänglich gemacht und für deren Ausübung geformt. Das tat er als Stimmbilder am Hermannstädter Konservatorium und der dortigen Volkskunstschule ebenso wie als Stimmbildner an der Universität/Gesamthochschule Siegen, Fachbereich Musik, oder als Leiter und Gesanglehrer der Musikschule in Dillenburg.

Auch dafür - in erster Linie aber für sein künstlerisches Wirken - wurde ihm in der rumänischen wie in der deutschen Presse Anerkennung gezollt. Man zeigte sich angetan von Schlezaks "warmer, natürlicher, ausdrucksreicher, wandlungsfähiger" Stimme. Diese Stimme von "erstaunlichem Umfang und berückender Klangfarbe", von "kristallener Klarheit und ergreifendem Wohllaut" ist nun verloschen.

Anton Schlezak hat sich, wie erwähnt, einen besonderen Ruf als Evangelist in den Passionen und Oratorien von Johann Sebastian Bach erworben. Wie tröstlich, dass sich deren Verheißung des ewigen Lebens für ihn - zumindest als Künstler - erfüllt: Seine Stimme lebt und klingt dank Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen weiter.

Norbert-Hans Kirr
Hans-Werner Schuster


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 2 vom 31. Januar 2003, Seite 9)

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