14. Februar 2003

Zwischen Krone und Diktatur - Siebenbürgen 1914-1989

Zum nunmehr 17. Mal fand im mittelfränkischen Thalmässing die von Studium Transylvanicum in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde e.V. organisierte Siebenbürgische Ferienakademie statt. Vom 27. Dezember 2002 bis zum 2. Januar 2003 beschäftigten sich die Teilnehmer schwerpunktmäßig mit der Zeitgeschichte Siebenbürgens (1914-1989), wobei auch die Unterhaltung und ein stimmungsvoller Jahreswechsel nicht zu kurz kamen.
Prof. Dr. Fritz Klein (Berlin) führte mit seinem Vortrag „Siebenbürgen und die Zäsur des Ersten Weltkriegs“ in die Thematik der Veranstaltung ein, indem er die für das 20. Jahrhundert entscheidenden Weichenstellungen des „Großen Krieges“ deutlich machte. Dessen Auswirkungen auf Siebenbürgen und Bessarabien arbeitete Katja Lasch (Rudolstadt/Bistritz) in ihrem Referat über die Entstehung Großrumäniens 1918-1920 heraus, das von Bernhard Böttchers (Heidelberg) Vortrag über die deutschen Kriegerdenkmäler in Siebenbürgen nach dem Ersten Weltkrieg ergänzt wurde. Einen Sprung in die zweite Nachkriegszeit unternahmen Dr. Ulrich Burger (Klausenburg) mit seinem Referat „Der Weg zur Macht: Die Kommunistische Partei Rumäniens 1944-1948“ und Dr. Hildrun Glass (München) mit dem Vortrag „Die deutsche und jüdische Minderheit in den ersten zwanzig Jahren des kommunistischen Regimes“. Nils Hakan Mazgareanu (Dormitz) schilderte den Bau der etwa 750 Kilometer langen, von Großwardein nach Bukarest führenden, so genannten Schwedenstraße in den Jahren 1931-1938, die auch heute noch eine wichtige Verkehrsader Rumäniens darstellt. Dr. Stefan Mazgareanu (Mammendorf) schnitt in seinem Beitrag die Verstrickung von Siebenbürger Sachsen in nationalsozialistische Verbrechen am Beispiel des KZ-Apparates an, dem eine lebhafte Diskussion auch über die Aussagekraft verschiedener historischer Quellen folgte.

Die Teilnehmer hatten auch in diesem Jahr die Möglichkeit, in zwei so genannten „Proseminaren“ den Status der Rezipienten zu verlassen und durch intensive persönliche Beschäftigung mit historischen Quellen in die Thematik einzutauchen. Dr. Ulrich A. Wien (Landau) betreute das Thema „Die Leitung der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien vor den Herausforderungen durch Minderheitenexistenz und Kommunismus (1945-1969)“, während Thomas Sindilariu (Rosenheim/Hermannstadt) mit den Teilnehmern verschiedene „Quellen zur Geschichte der Siebenbürger Sachsen (1918-1944)“ interpretierte. Dr. Rosemarie Hochstrasser (Hitzendorf/Österreich) zeigte in ihrem Vortrag den strukturellen Wandel der siebenbürgisch-sächsischen Gesellschaft in der Zeit von 1867 bis 1992 auf, wobei sie besonders auf die Stellung der Frau einging. In einem weiteren Referat ordnete Petra Schaser (Passau) „Die Minderheitenpolitik des Ceausescu-Regimes 1965-1989“ anschaulich in die allgemeine Machtpolitik des Diktators ein. Inwieweit „Kulturpolitik und Literatur in Rumänien 1945-1989“ vom Ceausescu-Regime direkt oder indirekt beeinflusst wurden, stellte Kurt Markel (Tübingen) in seinen Ausführungen dar. Das Thema Nationalsozialismus und Siebenbürgen griff unter einem anderen Blickwinkel Franz Horvath (Leimen) in seinem Referat „Die Wahrnehmung des Nationalsozialismus bei der ungarischen Minderheit Rumäniens 1931-1940“ auf, worin er sich besonders auf die unterschiedlichen Sichtweisen ungarischer Zeitungen in Siebenbürgen konzentrierte. Christoph Kaiser (Berlin) beleuchtete das Thema „Jüdische Städte in der Moldau“ mit zahlreichen Dias, die die Teilnehmer an die verschiedensten Schauplätze jüdisch-rumänischer Geschichte entführten. Das „aktuelle Referat“ wurde in diesem Jahr von Stefan Dold (München) bestritten, der über „Die Präsidenten im postsozialistischen Rumänien“ berichtete.

Neben dem „akademischen“ Tagesprogramm bestand am Abend das Angebot zur Teilnahme an verschiedenen Arbeitsgemeinschaften: Ingo Heitz und Dr. Meinolf Arens führten in der AG Beginner in die Grundlagen der Geschichte Siebenbürgens ein und Kurt Markel interpretierte mit den Teilnehmern der AG Literatur Lyrik von Söllner bis Pastior. Großen Zuspruch erfuhr auch Dr. Zoltan Csedös Aufforderung zum Tanz, in dessen Zeichen zwei Abende mit Csárdás und Swing standen. Die traditionelle Exkursion führte unter fachkundiger Leitung des ehemaligen Kreisheimatpflegers der Region, Ernst Wurdak, in das vor- und frühgeschichtliche Museum Thalmässings sowie an verschiedene historisch interessante Stätten unseres Tagungsortes, den wir auf diese Weise nach jahrelangen auswärtigen Exkursionszielen besser kennen lernen konnten. Nicht zu vergessen sei an dieser Stelle auch die legendär gewordene Silvesterparty, die von einem ausgeklügelten Programm der Teilnehmer untermalt wurde. Nach altbewährter Manier und Dank Petrus‘ Wohlwollen wurde das Jahr 2003 mit Strauss‘ „Donauwalzer“ und tanzenden Schneeflocken unter sternenklarem mittelfränkischem Himmel begonnen. Die geistliche Einstimmung auf das Neue Jahr erfolgte in der von Angela Heitz geschmackvoll vorbereiteten Neujahrsandacht. In der Abschlussrunde wurde den federführenden Organisatoren Thomas Sindilariu, Daniel Ursprung und Nils H. Mazgareanu für die gelungene Veranstaltung gedankt und danach das Thema der Veranstaltung 2003/2004 vorgestellt: Neuere Literaturgeschichte Siebenbürgens (19. und 20. Jahrhundert). Obwohl die 18. Tagung erstmals nur unter dem neuen Namen „Internationale Siebenbürgische Akademiewoche“ firmieren wird, verspricht das bisherige, in siebzehn Ausführungen erprobte Konzept der Veranstaltung, ein erneuter Erfolg zu werden. Lust bekommen? Weitere Informationen zum Kreis Studium Transylvanicum und seinen Veranstaltungen findet Ihr auf der Internetseite www.siebenbuergen-institut.de.

Annegret Barth

Bewerten:

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.