3. Mai 2003

Bahnbrechende Technik durchgesetzt

Der aus Bistritz gebürtige Stefan H. Hedrich hat in den Endsechzigern und Anfang der siebziger Jahre als Leiter eines Forschungsteams von über 230 Wissenschaftlern und Technikern bei Krauss-Maffei in München den „Transrapid“ entwickelt. Angesichts des drohenden Verkehrskollaps plädiert der Siebenbürger Sachse in seinem vor wenigen Tagen erschienen Buch für den Aufbau eines Transrapid-Netzes.
Die Magnetschwebetechnik schien mir während meines Beruflebens zu kompliziert: Kryomagneten, die mit flüssigem Helium gekühlt werden. Warum der ganze Aufwand, wenn der TGV-Schnellzug unserer französischen Nachbarn mit dem einfachen Rad-Schiene-System auch 460 km/h erreicht? Ein Besuch bei Stefan H. Hedrich verschafft Klarheit: Die 460 Kilometer pro Stunde erreichte der TGV bei einem einmaligen Rekordversuch kurzzeitig. Schon bei Geschwindigkeiten über 240 km/h ist das Rad-Schiene-System unwirtschaftlich und für Reisende zu gefährlich. Ein solcher Zug wäre im wahrsten Sinne des Wortes nicht zu bremsen, bei Bremswegen von über zehn Kilometern. Hedrich stellt klar: Nur berührungsfreies Schweben ohne Oberleitung (beim Transrapid auch ohne Kryomagneten) schafft den Sprung zu höheren Geschwindigkeiten und kann den Flugverkehr auf Kurzstrecken vorteilhaft ersetzen.

Für Stefan Hedrich wird ein Traum Wirklichkeit: Erste Transrapid-Strecke in Shanghai/China. Quelle: SMT
Für Stefan Hedrich wird ein Traum Wirklichkeit: Erste Transrapid-Strecke in Shanghai/China. Quelle: SMT

In seinem Buch stellt Hedrich nun die Zusammenhänge allgemein verständlich dar und lässt uns an der geschichtlichen Entwicklung teilnehmen. Zunächst zeigt der Autor die Defizite der vorhandenen Verkehrssysteme auf: Im derzeitigen Verkehrsangebot klafft eine erhebliche Lücke. Dann dürfen wir den aufregenden Spießrutenlauf zur Sicherung der öffentlichen Finanzmittel für das Großprojekt Transrapid miterleben. Es geht nicht nur um Überzeugungsarbeit, sondern auch um die Öffnung geheimer Türen in einer komplexen Staatsbürokratie. In letzter Instanz gelang der Durchbruch durch Überzeugung des vollzähligen Bundeskabinetts und dessen einstimmige Billigung des Magnetschnellbahn-Projektes in dreistelliger Millionenhöhe.

Im 6. Kapitel betreten wir physikalisches Neuland, alte Vorurteile werden versuchstechnisch widerlegt. Quantitative Vergleiche mit anderen Transportmitteln werden präsentiert, der ökologische Vorteil springt ins Auge. Anschaulich und gut bebildert erleben wir die 31,5 km lange Versuchsstrecke bei Dörpen im Emsland, die 1987 in Betrieb genommen wurde. Dann wird uns die Katastrophe der Blockierung der Transrapid-Neubaustrecke Berlin-Hamburg vor Augen geführt. Nach Meinung des Rezensenten hat die SPD hier dem Koalitionspartner zuliebe kein "Bauernopfer", sondern ein "Damenopfer" dargebracht. Ein hoher Preis für die rot-grüne Regierungsbildung von 1998. Das "vorläufig" letzte Kapitel ist 2003 die erfolgreiche Inbetriebnahme der Transrapidstrecke von Schanghai zum Flughafen Pudong nach nur zwei Jahren Bauzeit.

Unmittelbar und spannend erlebt der Leser die Nöte und Triumphe des Autors, Anekdotisches lockert die einzelnen Vorkommnisse auf. Stefan H. Hedrich wurde in Anerkennung seiner technischen Leistung 1999 mit dem Siebenbürgisch-Sächsischenen Kulturpreis ausgezeichnet. Wichtiger für ihn ist mit Sicherheit, dass ein Lebenswerk nun Wirklichkeit geworden ist, und darüber freuen wir uns mit ihm.

Christian Schiel


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Stefan H. Hedrich: Transrapid oder Die Magnetschnellbahn in der politischen "Warteschleife", EK-Verlag GmbH - Eisenbahnkurier, Freiburg, 112 Seiten, 29,80 Euro, ISBN 3-88255-148-8. Das Buch ist im deutschen Buchhandel oder direkt beim Verlag erhältlich: EK-Verlag GmbH - Eisenbahnkurier, Postfach 50 01 11, 79027 Freiburg, Telefon: (07 61) 70 31 00, Fax: (07 61) 7 03 10-50.

(gedruckte Ausgabe. Siebenbürgische Zeitung, Folge 7 vom 30. April 2003, Seite 4)

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Jungfernfahrt des Transrapid in China, Siebenbürgische Zeitung Online vom 18. Januar 2003

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