7. Juni 2003

Heltauer Filzschuhe in Dinkelsbühl

Die Ausstellung "Filzkunst. Ein Textilprojekt in Heltau" wird am 7. und 8. Juni, 9.00-19.00 Uhr, in Dinkelsbühl vom Siebenbürgischen Museum Gundelsheim in Zusammenarbeit mit Margret Riedl und der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. gezeigt. Eröffnet wird die Schau am 7. Juni, 10.00 Uhr, im Refektorium des Evangelischen Gemeindehauses St. Paul, Klostergasse 1. Die Einführung besorgt Waltraud Fleischer.
Das Filzprojekt

Heltau, eine Kleinstadt in Siebenbürgen/Rumänien, war früher für seine Wolltuche bekannt. Nach der Wende wird die wirtschaftliche Monokultur der traditionellen Wollweberstadt zum Verhängnis. Viele textilverarbeitende Betriebe schließen, die Arbeitslosenquote steigt z.T. auf über 80 Prozent.

Margret Riedl: Zäune, 2002.
Margret Riedl: Zäune, 2002.

Im Rahmen der Heltauer Selbsthilfegruppe arbeitsloser Frauen initiiert die Textilkünstlerin Margret Riedl aus Lohmar im Februar 2002 ein Filzprojekt: Vier Frauen leitet sie an, Filzschuhe und Wandbehänge zu filzen. Sie stellt das Material und entlohnt die Frauen. Erst der Verkauf der Filzwaren im projekteigenen Laden wie in Deutschland vermag zumindest einen Teil der Kosten wieder einzuspielen.

Zwei der Frauen haben inzwischen in der Heltauer Seidenfabrik Arbeit gefunden, die beiden anderen werden über eine feste Stelle vom Projekt-Laden in Heltau finanziert. Damit ist ein doppeltes Ziel erreicht: Im Rahmen des Selbsthilfeprojekts einen Arbeitsplatz einzurichten, noch dazu mittels einer der ältesten, aber dennoch innovativen Textiltechniken!

Margret Riedl wird das Projekt auch weiterhin betreuen. Immerhin hat sie mit dem "Import" einer bislang unbekannten Technik, angewandt auf marktorientierte Produkte nicht nur die herkömmliche textile Produktpalette Heltaus aufgelockert. Die Begeisterung der filzenden Frauen, ihr wieder gestärktes Selbstbewusstsein und vor allem die Verbesserung ihrer finanziellen Situation bedeuten einen vielseitigen wie nachhaltigen Eingriff. Ein Eingriff, der als Hilfe zur Selbsthilfe auch andernorts Schule machen sollte.
Margret Riedl und Heltauer Filzkunst
Margret Riedl und Heltauer Filzkunst

Filzen - was ist das?

Filz bezeichnet die Verbindung von losen, nicht versponnenen Tierhaaren, zumeist Wolle von Schafen. Unter Einwirkung von Feuchtigkeit, Wärme und Reibung lassen sich die tierischen Fasern irreversibel zu einer unentwirrbaren Masse, einer Art Stoff formen. Filz ist ein Wort germanischen Ursprungs und bedeutet "gestampfte Masse".

Das Filzen zählt zu den ältesten Textiltechniken schlechthin. Zu seiner Herstellung bedarf es nur weniger Hilfsmittel, vor allem aber keiner speziellen Gerätschaften wie Spindel oder Webstuhl. Man benötigt lediglich Wolle, Wasser und Seife. Beim Filzprozess unterscheidet man zwei Phasen: das eigentliche Filzen und das Walken. Dazu schichtet man zunächst die gewaschene und kardierte, d.h. gekämmte Wolle in dünnen Lagen kreuzweise übereinander. Mit Seife und heißem Wasser verreibt man die losen Wollfasern, bis sie sich zu einer stabilen Fläche verdichten. Diese Fläche wird dann in einer Schilfmatte gerollt (gewalkt), um das Gefilzte zu festigen. Dabei schieben sich die Wollfasern so ineinander, dass sich die ursprüngliche Größe verringert. Je nach Wollart variiert der Schrumpfungsgrad zwischen 10 und 30 Prozent.

Die Filztechnik ist vor allem bei der Fertigung von Kopfbedeckungen (Mütze, Hut, Fez) nicht mehr wegzudenken aufgrund der guten Formbarkeit, Dichte und Formbeständigkeit des Filzes.

Alle in Dinkelsbühl ausgestellten Filzkunstobjekte sind käuflich zu erwerben. Dadurch wird der Fortbestand des Heltauer Selbsthilfeprojektes mit den entsprechenden Arbeitsplätzen gesichert.

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