28. Dezember 2003

"Mädchenjahre hinter Stacheldraht"

Erstmals erfährt der Leser in dem von Erika Feigl-Burghart verfassten Buch "Mädchenjahre hinter Stacheldraht", wie es den Österreichern in Rumänien nach dem 23. August 1944 und sodann in der Sowjetunion ergangen ist.
Gibt es über die "Russlanddeportation" noch etwas, was nicht bereits gesagt oder geschildert worden ist? Seit der politischen Wende in Rumänien sind auch im Land zahlreiche Bücher erschienen, in denen Betroffene den Leidensweg von der Aushebung bis zur Rückkehr aus den Zwangslagern in der Ukraine beschrieben haben. Nun liegt ein weiteres Buch vor, das tatsächlich etwas Neues zu bieten hat: Es ist der Bericht einer Österreicherin, die aus Rumänien in die Sowjetunion zur "Aufbauarbeit" deportiert worden ist, von wo sie 1949 nach Wien heimkehren durfte. Eine Analogie besteht zum Bericht der Berlinerin Ursula Kaiser-Hochfeldt, der 1991in dem Buch "Verschleppt in die Sowjetunion" im Verlag des Südostdeutschen Kulturwerks erschienen ist.

Erstmals erfährt der Leser in dem von Erika Feigl-Burghart verfassten Buch "Mädchenjahre hinter Stacheldraht", wie es den (einen deutschen Pass besitzenden) Österreichern in Rumänien nach dem 23. August 1944 und sodann in der Sowjetunion ergangen ist. Erika Burkhard (verheiratete Feil), als Auslandsösterreicherin in Bukarest geboren und aufgewachsen, befand sich im Sommer 1944 mit der Mutter in Hamruden, um dem Bombenhagel zu entgehen. Dort beginnen ihre nun veröffentlichten Aufzeichnungen im August 1944. Sie schildert die Festnahme und Internierung in Bukarest – der Vater allerdings war im Lager in Târgu Jiu – und dann ihre "Mobilisierung" zur Zwangsarbeit, obwohl sie keine 18 Jahre alt war. Was sie am Transport, im Lager, bei der Arbeit in der Kohlengrube, beim Ziegeln-Transport oder Hochofen und in der Küche mitmachen musste, gleicht im Wesentlichen den Berichten anderer Deportierter. Auch berichtet Erika Burghart vom Ausmaß des Arbeitseinsatzes von Kriegsgefangenen und Zivilisten ("Das ganze Gebiet war dicht mit Arbeitslagern aller Art belegt, ...", S. 62) und erwähnt als Mit-Deportierte Bessarabierinnen, Sudetendeutsche, ehemalige Nachrichtenhelferinnen der Wehrmacht oder volksdeutsche Bekannte aus Bukarester Tagen, aber auch Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben. Ebenso wie diese schildert die Österreicherin die "kulturellen" Veranstaltungen, die es ab 1948 in den Lagern etwa in Kapitalnaja (Lager 1956) gab, und beschreibt die "Herzenswärme" vieler Russen, obwohl so manche Begegnung nur mit Glück gut ausgegangen ist.

Von einem Bekannten erfährt die Deportierte, dass der Vater im Januar 1947 im Ural (im Lager in Chelyabinsk) gestorben ist. Ihrer Mutter gelingt es, 1947 nach Wien zurückzukehren. Von dort versucht diese, eine Heimkehr der Tochter in die Wege zu leiten. "Leider blieben alle diese Eingabe[n] ..., auch die briefliche Fühlungsnahme der österreichischen Bundesregierung mit Marschall Stalin ergebnislos", wird ihr vom österreichischen Bundesministerium für Inneres im März 1949 mitgeteilt. (Das Schreiben ist auf Seite 115 abgedruckt.) Aber Erika erhält Pakete und Post von der Mutter, zwei Briefe und zwei Karten, die sie aus dem Lager schrieb, sind im Buch ebenfalls wiedergegeben. Schließlich, im Oktober 1949, darf auch sie nach Hause fahren. Das Foto von ihrer Ankunft am Wiener Südbahnhof schmückt den Umschlag des gebundenen Buchs.

Hannelore Baier

Erika Feigl-Burghart: Mädchenjahre hinter Stacheldraht. Sowjetunion 1945-1949. hora Verlag Hermannstadt/Sibiu 2003. 153 Seiten, gebunden. ISBN 073-8226-25-2. Zu beziehen bei Anselm Roth, Fürstenfeldbruck, Telefon: (0 81 41) 81 91 82, E-Mail: anselm.roth@t-online.de, oder im Shop.SiebenbuergeR.de zum Preis von 18,50 Euro.

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 20 vom 15. Dezember 2003, Seite 7)

Bewerten:

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.