17. Februar 2004

Zur Verwandtschaft mit den "Letzebuergern"

Im Siebenbürgisch-Sächsischen Literaturkreis trifft man sich regelmäßig im Haus des Deutschen Ostens. Meistens sind auch Gäste dabei. Gesprochen wird (fast) nur Dialekt. Ein wissenschaftlicher Vortrag, in der Mundart frei gesprochen und aufgelockert durch erzählerische und anekdotische Einsprengsel, ein solcher Vortrag, bei dem die Aufmerksamkeit über zwei Stunden nicht erlahmt, ist da gewiss nicht alltäglich, eher etwas Besonderes. Gelungen ist ein solcher Vortrag der Germanistin Dr. Gerda Bretz-Schwarzenbacher beim jüngsten Treffen dieses Literaturkreises.
Thema des Vortrags sollten Ähnlichkeiten zwischen siebenbürgisch-sächsischer Mundart und Letzebuergisch sein. Als Ausgangspunkt dazu diente eine Tagung des Arbeitskreises für Siebenbürgisch-Sächsische Landeskunde (AKSL) vom September vorigen Jahres in Schengen, einer Ortschaft, die aus anderem Grund, nämlich als Tagungsort für europäische Grenzprobleme, nicht mehr unbekannt ist, befinden wir uns doch seit 1995 im so genannten „Schengen-Raum“.

„Fast wie auf einem Familientreffen war die Atmosphäre bei der Jahrestagung des Heidelberger AKSL in Schengen, wo 120 aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden angereiste Siebenbürger Sachsen zwei Tage lang mit ihren Freunden von der Luxemburger Genealogischen Gesellschaft zusammenkamen.“ Mit diesem hier zitierten Satz beginnt ein ganzseitiger Bericht in der Zeitung „Luxemburger Wort“. Der Vortragenden im Münchner HDO gelang es vier Monate später das Ereignis so lebhaft zu kommentieren, als ob es gestern stattgefunden hätte. Gleichzeitig bot sie einen gut dokumentierten Einblick in die Geschichte und das heutige Leben des Großherzogtums Luxemburg. Man erfuhr z.B., dass von rund 450 000 Einwohnern 350 000 im Alltag „Letzebuergisch“ reden und eben nur ein Viertel der Bevölkerung Französisch.

Ohne auf die vielen Einzelheiten des Vortrags weiter eingehen zu können, sei hier noch ein interessanter Aspekt ebenfalls durch ein Zitat berührt. Jean-Claude Muller, ein bedeutender luxemburgischer Sprachforscher und Berater der Regierung von Luxemburg in Kulturfragen, erwähnt in seinem Vortrag „Die Beziehungen zwischen Letzebuergisch und Siebenbürgisch-Sächsisch vor dem Hintergrund des Moselromanischen“ das Folgende: „Der Luxemburger Jesuit Francois-Xavier de Feller war auf seinen Reisen in Ungarn in den 1770er Jahren auch nach Bistritz in Nordsiebenbürgen gekommen. Sehr verwundert stellte er fest, dass die Sprache dieser Siebenbürger Sachsen das spezifische Luxemburger-Deutsch seiner Heimat Luxemburg sei.“

Auch davon ausgehend gelangt Dr. Gerda Bretz-Schwarzenbacher anhand vieler Beispiele aus der noch lebendigen Mundart zu interessanten Vergleichen. Sie konnte, obwohl gesundheitlich angeschlagen, nach wiederholtem Blick auf die Uhr mit ihrem Vortrag kaum aufhören. Oswald Kessler, der den Literaturkreis betreut, dankte ihr im Namen der Anwesenden. Zutreffend war seine lobende Bemerkung, was Begeisterung „for as Mottersproch“ selbst aus einem kranken Menschen herauszuholen vermag.

Ewalt Zweyer

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