21. Juni 2004

Brüssel entdeckt Siebenbürgen

Die Erweiterung der Europäischen Union ist seit dem 1. Mai 2004 für Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien, Malta und Zypern von einer entfernten Zukunftsmusik zur Realität geworden. Während also wochentags EU-Beamte, Politiker, Diplomaten und Lobbyisten den weiteren administrativen Weg zu einem vereinigten Europa ebnen (und hierbei auch den Beitritt Rumäniens und Bulgariens vorbereiten), kann man in der Freizeit in Brüssel die kulturellen Perspektiven Mittel- und Osteuropas kennen lernen.
Im Musikinstrumente-Museum („MIM“) in Brüssel ist bis zum 30. August eine Photoausstellung über Siebenbürgen zu sehen; begleitet von Konzerten, Konferenzen, Tanzworkshops für traditionelle Tänze und Workshops zum Bau traditioneller Musikinstrumente aus dieser Region. Gezeigt werden Photographien – Musikerportraits aus Siebenbürgen – des ungarischen Künstlers Béla Kása, die zwischen 1975 und 2000 entstanden sind. Béla Kása wurde 1952 in Pécs/Fünfkirchen geboren. Er studierte u.a. Photographie in Köln und arbeitete lange für die deutschen Zeitschriften „Stern“ und „Geo“. In den 1980er Jahren kehrte er nach Ungarn zurück und beschäftigte sich intensiv mit traditioneller Musik. Seine Photos wurden bislang in Ungarn, Österreich, Dänemark, Schweden und den USA ausgestellt.

Des Weiteren werden im Museum mehrere Dokumentarfilme gezeigt. „Beyond the forest“, ein Film der Britin Esther Ronay (1991), gibt Einblick in die ungarische Musik Siebenbürgens. „Transylvania – the band plays on“ wurde 1991 vom Briten Simon Broughton gedreht.

Wim Brosmans, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Musikinstrumente-Museum und Organisator der Ausstellung, zeigt seinen Dokumentarfilm „Musique de village en Transylvanie“, der in den letzten drei Jahren entstanden ist. Sein Interesse an der traditionellen Musik Siebenbürgens wurde – eher zufällig – bereits in den 1970er Jahren durch einen Beitrag im belgischen Rundfunk geweckt. Seither hat das Musikinstrumente-Museum Kontakte zu ungarischen und Roma-Musikern in Siebenbürgen aufgebaut und gepflegt. Was ihn vor allem an der siebenbürgisch-sächsischen Musik fasziniert, ist „die Ursprünglichkeit, aber auch in mancherlei Hinsicht die Ähnlichkeit in Ton oder Melodie“, die Brosmans zwischen der flämischen Volksmusik Belgiens und der siebenbürgisch-sächsischen Volksmusik entdeckt hat, wie er in einem Gespräch mit der Autorin dieses Artikels feststellte.

Während einer Siebenbürgenreise im Sommer 2003 führte er ein musikalisches Tagebuch und schilderte seine Besuche in verschiedenen Dörfern wie Rășinari/Resinár/Städterdorf, Băgaciu/Szászbogács/Bogeschdorf, Voivodeni/Vajdaszentivány/Johannisdorf und Mociu/Mocs/Motzdorf. Gleichzeitig zeichnete Bosmans unterschiedliche Stücke auf einer Musik-CD auf.

Die Eröffnungsveranstaltung der Museumsausstellung war gut besucht und diente auch als Treffpunkt der kleinen Gemeinde jener, die aus Siebenbürgen kommen und mittlerweile in Belgien leben.

„Europa“ – im vorliegenden Falle Brüssel – kann sicherlich noch einiges über die kulturelle Vielfalt Siebenbürgens und den musikalischen Reichtum ihrer Bevölkerung entdecken! Herr Bosmans sucht noch originale Musikaufnahmen siebenbürgisch-deutscher Volkstänze und Volksmusikstücke. Das von ihm publizierte musikalische Reisetagebuch „Transilvania – Erdély – Siebenbürgen summer 2003“ mit der Musik-CD ist in englischer, französischer und niederländischer Sprache erhältlich und kann bei ihm bestellt werden. Kontakt per E-Mail: wim.bosmans@mim.fgov.be. Weitere Informationen über das Musikinstrumente-Museum (MIM) im Internet unter www.mim.fgov.be.

Brigitte Krech

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