8. Oktober 2004

Johann Lezanska: "Alles nur für Drabenderhöhe"

"Man muss nicht unbedingt ein Siebenbürger Sachse sein, um ein Siebenbürger Sachse zu sein". Diese doch im ersten Augenblick etwas seltsame klingende Aussage ergibt einen Sinn, wenn man das Leben und Werk von Johann Lezanska von der Drabenderhöhe betrachtet. Der heute 65-jährige Rentner zog am 26. September bei den Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen für die SPD in den Stadtrat von Wiehl ein.
Zwar konnte er gegen Enni Janesch, die im gleichen Wahlbezirk kandidierte, kein Direktmandat holen, doch kam er über die Liste in die Bürgervertretung der Stadt.

Johann Lezanska wurde in der Ukraine geboren, ist aber ein überzeugter Siebenbürger Sachse.
Johann Lezanska wurde in der Ukraine geboren, ist aber ein überzeugter Siebenbürger Sachse.
Geboren wurde Johann Lezanska am 5. Juli 1939 in einem Dorf nahe der Stadt Kowel in der Ukraine. Dieser wichtige Eisenbahnknotenpunkt der Region Wolynien liegt östlich der polnischen Stadt Lublin, etwa 100 Kilometer östlich der Grenze zu Polen. Im Alter von nur vier Monaten flüchtete seine Mutter mit ihm und seinen drei Geschwistern Richtung Westen. Es sollte eine Odyssee werden, die bis zum 15. Mai 1942 dauerte und in Bruchtal, Kreis Posen, eine erste Zwischenstation fand. Während der ganzen Flucht war Johanns Mutter auf sich alleine gestellt, denn ihr Mann verstarb am 13. März 1939 nur vier Monate vor seiner Geburt.

Drei Jahre später ging Flucht weiter. Am 15. September 1945 wurde die Familie abermals vertrieben, diesmal von Polen, die ihrerseits die angestammte Heimat verlassen mussten. Am 6. Februar 1946 endete die qualvolle Zeit in einem Lager des schleswig-holsteinischen Ellenbeck bei Koppeln, wo die Familie bis 1953 blieb. Als im selben Jahr in Düsseldorf Installateure gesucht wurden, meldete sich Johann und trat die Stelle im Rheinland an.

1957 schlug Amor unerbittlich zu. Es geschah bei einem Richtfest eines Hauses, in dem Johann zuvor Sanitäranlagen installiert hatte. Er erinnert sich: „Ich war damals 18 Jahre und sie war 16, als wir uns auf dem Fest erste Blicke zuwarfen.“ Mit „sie“ meinte er Christine Schmidt, die am 16. Juli 1941 in Maniersch, 20 Kilometer von Schäßburg entfernt, geboren wurde und als Tochter der Familie angehörte, die später in das gerade errichtete Haus einziehen sollte. „Wir verloren uns aber aus den Augen, doch als der Dachstuhl des Hauses ausgebaut wurde, trafen wir uns wieder.“ Die Folge der zweiten Begegnung war die Hochzeit des Ukrainers mit der Siebenbürger Sächsin am 15. August 1961. Nachdem Ralf (1962) und Ute (1964) geboren wurde, zogen beide 1965 anlässlich der Errichtung der Siebenbürger-Sachsen-Siedlung Drabenderhöhe in den Ort bei Gummersbach. Dort kam 1970 die zweite Tochter Sabine zur Welt. Johann arbeitete nun vorwiegend in Düsseldorf, später lernte er zusätzlich das Schweißerhandwerk. Von 1982 bis 2001 waren die Baumärkte sein zu Hause, denen er seine herausragende Fachkenntnis als Sanitärfachmann zur Verfügung stellte. Wie gerne Johann Lezanska seinen Beruf ausgeübt hat, zeigt im Übrigen das Funkeln in seinen Augen, wenn er über die Baugeschichte seines Hauses erzählt. Die oftmals schnell hochgezogenen Bauwerke auf Drabenderhöhe stellten für ihn eine Herausforderung dar, die er gemeistert hat und über die er gerne erzählt.

Sein Eintritt in die Politik erfolgte dagegen relativ spät. Erst 1998 trat er in die SPD ein und wurde persönlicher Vertreter von Wilhelm Grass, der später aus gesundheitlichen Gründen sein Amt aufgab. Ab dem 1. Oktober 1999 Sachkundiger Bürger, kam er zwei Jahre später, am 1. Juni 2001, in den Rat der Stadt Wiehl, wo er jetzt eine weitere Legislaturperiode für Drabenderhöhe arbeiten wird.

„Alles nur für Drabenderhöhe“, betont Johann Lezanska, der auch berichtet, dass die Parteiangehörigkeit für ihn nicht unbedingt im Vordergrund steht. „Ich will für die Siedlung im Planungsbereich Politik machen und mich ein wenig um die Senioren kümmern.“ Politik für die Siedlung machen, heißt für Johann Lezanska aber auch, sich für die anderen „Minderheiten“, beispielsweise für die Russlanddeutschen, einzusetzen, so wohnen in Drabenderhöhe auch etwa zehn Familien aus der Ukraine.

Dass er trotzdem durch und durch Siebenbürger Sachse ist, beweist seine langjährige Tätigkeit als Nachbarvater. Insgesamt 13 Jahre übte er - teils in Vertretung - diese wichtige Aufgabe aus und identifiziert sich damit voll mit der Gemeinschaft in Drabenderhöhe. Seine Frau Christine berichtet stolz: „Die Aktivitäten und Veranstaltungen liegen ihm sehr am Herzen, er kümmert sich um alles, setzt sich ein und geht manchmal stundenlang von Haus zu Haus.“

Johann Lezanska ist zweifelsohne ein Siebenbürger Sachse, auch wenn er in der Ukraine geboren wurde. Sein Fazit des bisher Erreichten entspricht seiner Lebenseinstellung, die sich dadurch auszeichnete, das er nie aufgegeben hat. „Es war nicht leicht in den ganzen Jahren, wir haben hart gearbeitet, doch es hat sich gelohnt!“

Norbert Bangert

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 16 vom 15. Oktober 2004, Seite 4)

Bewerten:

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.