14. Oktober 2004

EU mahnt Rumänien zu schnellen Reformen

Die Europäische Kommission hat am 6. Oktober ihren lang erwarteten Bericht zum Stand der Aufnahmeverhandlungen mit Rumänien und Bulgarien vorgelegt. Darin attestiert sie beiden Ländern die Beitrittsreife für den 1. Januar 2007. Doch hagelte es auch Kritik für die Mitgliedschaftsanwärter. Vor allem die hohe Korruptionsrate und die Bandenkriminalität müssten bekämpft werden, so der Bericht. Mit einer „Super-Safeguard-Klausel“ hält sich die Kommission ein Hintertürchen offen: Sollten die neuen demokratischen und wirtschaftlichen Strukturen nicht bis 2007 fest verankert sein, könnte der Beitritt der beiden Länder um ein Jahr verschoben werden.
Damit zieht die Kommission die Konsequenzen aus den Lehren der zum 1. Mai 2004 erfolgten Beitrittsrunde der zehn neuen Mitgliedsländer. In den Verhandlungen mit der Europäischen Union muss Rumänien noch die vier Kapitel Wettbewerb, Innen- und Justizpolitik sowie Umweltpolitik abschließen. „Korruption bis in hohe Ebenen hinein“ bremsten das Land auf seinem Weg in die EU, so der Bericht. Eine der wichtigsten Hürden wurde bereits erfolgreich genommen. Die Kommission bescheinigte Rumänien eine funktionierende Marktwirtschaft. Bulgarien hatte dieses Ziel bereits vor zwei Jahren erreicht. Auch die übrigen Verhandlungen mit Bulgarien sind bereits technisch abgeschlossen. Auch die übrigen Verhandlungen mit Bulgarien sind bereits technisch abgeschlossen. Obwohl es damit einen Vorsprung gegenüber Rumänien hat, werden beide Länder gleichzeitig in die EU aufgenommen werden. Sollte eines der Länder oder beide ihre Verpflichtungen nicht erfüllen können, sieht eine „Super-Safeguard-Klausel“, dass der Beitritt um ein Jahr verschoben werden kann.

Der rumänische Politologe und Journalist Emil Hurezeanu ist der Ansicht, dass Brüssel den richtigen Ton gefunden hat, um Bukarest unter Druck zu setzen, den Reformprozess zu beschleunigen: „Es ist ein grundsätzlich positiver Bericht, den wir erwartet haben. Rumänien bleibt an der Seite Bulgariens. Die rumänische Gesellschaft sollte aber optimistisch auch auf die zusätzliche Sicherheitsklausel blicken, die besagt, dass Rumänien ein Jahr später aufgenommen werden könnte. Die rumänische Regierung kann nur durch derartige Aussagen angetrieben werden, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Es ist gut, dass die EU Rumänien auch die gelbe Karte zeigt.“

Grundsätzlich geht die Kommission davon aus, dass beide Länder das Beitrittsziel 2007 schaffen. Der EU-Erweiterungskommissar Günther Verheugen hofft, dass die Verhandlungen mit Rumänien noch dieses Jahr abgeschlossen werden. Der Beitrittsvertrag soll dann „möglichst frühzeitig“ 2005 unterzeichnet werden. Dies entspricht auch der Zielvorgabe der europäischen Staats- und Regierungschefs. Bukarest hat allerdings ein großes Problem: Am 28. November sind Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Harte Reformen in einem Wahljahr durchzusetzen - das ist für jede Regierung eine schmale Gratwanderung. Doch ohne die Beibehaltung der Reformdynamik ist der Beitritt 2007 gefährdet. Das weiß auch Staatspräsident Ion Iliescu, der alle politischen Kräfte und Bürger aufrief, die von Brüssel angemahnten Reformen möglichst schnell umzusetzen.

Der EU-Jahresbericht kritisiert Rumänien auch in punkto Pressefreiheit. Menschenrechtsorganisationen zählten im vergangenen Jahr 16 gewalttätige Angriffe auf Journalisten, die zu Mafia- und Korruptionsthemen recherchierten. Auch in diesem Jahr war der rumänische Staat wegen Verletzung der Pressefreiheit öfters in die Kritik geraten. Die 15 landesweit erscheinenden Tageszeitungen, über 70 privaten Fernsehsender und mehr als 400 Radiosender finanzieren sich hauptsächlich durch staatliche Werbeaufträge, über die die Regierung entscheidet. Viele Medienunternehmen haben hohe Schulden bei Finanzämtern und staatlichen Dienstleistern wie z.B. den Elektrizitätswerken. Diese Schulden werden systematisch nach politischen Kriterien erlassen. Deshalb forderte Jonathan Scheele, EU-Botschafter in Bukarest, mehr Transparenz und sprach von „inakzeptablen“ Hindernissen in diesem Bereich.

„Die positiven Einschätzungen im Fortschrittsbericht bedeuten nicht, dass wir alle Probleme gelöst haben“, räumte Premierminister Adrian Nastase ein. Durch den Status der „funktionierenden Marktwirtschaft“ erhoffe sich sein Land die Ankurbelung der ausländischen Investitionen.

Di Leonardo


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