2. November 2004

"Wirklich wieder zu Hause?" 1945-1950

Nach der erfolgreichen Eröffnung der Vortragsreihe "Heimatverlust – Heimatgewinn. Nordsiebenbürger Sachsen 1944-2004" (diese Zeitung berichtete) fand sich ein interessiertes Publikum auch zum zweiten Vortrag am 14. Oktober im Haus der Heimat zu Nürnberg ein. Referent Horst Göbbel beleuchtete die geschichtliche Lage nach dem Zweiten Weltkrieg, als Deutschland und Österreich in je vier Besatzungszonen eingeteilt wurden. In Nordsiebenbürgen waren nach der Evakuierung 867 Sachsen zurückgeblieben.
Die Entwicklung führte zu einer Trennung der Siebenbürger Sachsen: Aus der Sowjetischen Besatzungszone mussten 6 000 Landsleute zurück nach Siebenbürgen, während 29 000 im Westen blieben. Letztere und die aus der Sowjetzone in den Westen Geflüchteten mussten teilweise und zeitweise in Erdhütten leben, bauten aber in den nächsten Jahren sogar ganze Siedlungen und Kirchen auf.

Die nach Siebenbürgen zurückgekehrten Sachsen erlebten ein allmählich sowjetisiertes Rumänien, dessen Funktionäre schon im Dezember 1944 begonnen hatten, Listen mit arbeitsfähigen Frauen und Männern zu erstellen, um diese im Januar 1945 nach Russland in die Arbeitslager zu deportieren. Kleinkinder seien dabei erbarmungs- und rücksichtslos von ihren Eltern getrennt worden.

Als am 30. Mai 1945 der Befehl bekannt wurde, die westlichen Heimkehrer zu verhaften und in Lager zu inhaftieren, gab es mehrere Vorschläge, auch aus den Reihen der Deutschen, die problematische Situation politisch ungefährlich zu lösen. Den Siebenbürger Sachsen wurde unter dramatischen Umständen bewusst, dass sie nicht mehr frei waren. Sie waren enteignet worden, in ihre Häuser waren "Kolonisten" eingezogen, die sie oft demütigten und bestohlen. In diesen schweren Zeiten ermöglichte die evangelische Kirche vielen nordsiebenbürgischen Kindern einige hungerlose Jahre, indem sie sie in aufnahmefreudige Familien nach Südsiebenbürgen vermittelte. Daraus entstanden tiefe Freundschaften, die auch heute gepflegt werden.

Durch Göbbels Vortrag zog sich wie ein roter Faden die Frage: Was war besser? Not und Elend, aber auch Freuden und schöne wertvolle Bindungen wurden sowohl im Westen als auch in Siebenbürgen, auch mit Ungarn und Rumänen, erlebt. Die Gemeinschaft und der unbezwingbare Wille, das schwere Schicksal zu meistern, Neues aufzubauen und sich wieder freuen zu können erwiesen sich als stärker als die Widrigkeiten der Geschichte. Köstlich zu erfahren, dass eine Großmutter, die in Not aus ihrem enteigneten Garten Obst gestohlen hatte, bei der Beichte vom Pfarrer gesagt bekam: "Wenn der Baum auf eurem Grund steht, dann ist es keine Sünde! "

Die nächsten Vorträge tragen die Titel „Trotz Sozialismus: neue Hoffnungen“ 1950-1970 und „Ernüchterung- Aussiedlung- Neuanfang“ 1970-2004. Sie finden am 11. November und 9. Dezember, jeweils um 18.00 Uhr, im Haus der Heimat zu Nürnberg statt.

Doris Hutter


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